Österreich-Aus gegen Türkei

    Österreich-Aus gegen Türkei:Ein Sommermärchen endet - ein anderes beginnt

    von Claudio Palmieri, Leipzig
    |

    Nach dem knappen und überraschenden Achtelfinal-Aus sitzt der Schock in Österreich tief. Die Türkei fiebert derweil einer Art Heimspiel in Berlin entgegen.

    Österreichs Spieler Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic reagieren nach dem Spiel
    Österreichs Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic nach dem Spiel.
    Quelle: dpa/Robert Michael

    "Enttäuschung" und "eine Leere": Was sonst hätte Ralf Rangnick nach der 1:2 (0:1)-Niederlage gegen die Türkei und dem Achtelfinal-Aus Österreichs verspüren sollen? Auf der Pressekonferenz nach dem bisher wohl atemberaubendsten Spiel der EM 2024 beließ es der Teamchef des Österreichischen Fußballbunds (ÖFB) aber nicht nur bei diesen wenigen Worten. In knapp zehn Minuten ließ der 66-Jährige viele Einblicke in seine Gefühlslage zu.
    "Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, dass wir morgen wieder zurückreisen", räumte der Schwabe am späten Dienstagabend ein:

    Für uns war klar, dass die Reise noch länger weitergeht.

    Ralf Rangnick, ÖFB-Teamchef

    Kaan Ayhan von der Türkei feiert den Sieg.
    Bereits in der ersten Minute kassiert Österreich gegen die Türkei das erste Tor. Zwar haben die Österreicher mehr Chancen, doch der türkische Keeper rettet sein Team ins Viertelfinale. 02.07.2024 | 7:12 min

    Rangnick hat schwer mit EM-Aus zu kämpfen

    Sportlich konnte Rangnick seiner Mannschaft denn auch nur zwei Dinge ankreiden. "Wir hatten im März ein Spiel gegen die Türkei, das wir 6:1 gewonnen haben. Da hatten wir weniger Torschüsse als heute", machte der Schwabe einen Grund für das Ausscheiden aus. Und: "Dass wir zweimal bei Standards nicht gut verteidigt haben."
    Österreichs Traum vom historischen - und nach Platz eins in der Frankreich-Gruppe D fast schon erwarteten - Einzug ins EM-Viertelfinale: Zwei Kopfballtore des türkischen Innenverteidigers Merih Demiral (1./59.) ließen ihn jäh platzen.

    Woran es gelegen hat

    Es waren zwei Nackenschläge, die den nicht mehr ganz so geheimen EM-Geheimfavoriten jeweils eiskalt erwischten: Vor beiden Gegentreffern hätte die Rangnick-Elf selbst zuschlagen können.
    Freiburg-Profi Michael Gregoritsch konnte zwar zeitig auf 1:2 verkürzen (66.). Davor und danach hatten vor allem Christoph Baumgartner und Marko Arnautovic genug Chancen, um dem Achtelfinale vor 38.305 Zuschauern in Leipzig eine andere Wendung zu verpassen. Doch nicht zuletzt Türkei-Torwart Mert Günok, der einen Baumgartner-Kopfball in der vierten Minute der Nachspielzeit mit einem sensationellen Reflex auf der Linie entschärfte, stemmte sich leidenschaftlich dagegen.
    Niederländischer Spieler Donyell Malen feiert sein Tor 0-3.
    Die Niederlande haben sich gegen kämpferische Rumänen durchgesetzt und stehen im Viertelfinale. Der Auftritt von Cody Gakpo und der Doppelpack von Donyell Malen waren entscheidend.02.07.2024 | 9:14 min

    Reise endet im Achtelfinale

    Die Rolle als Geheimfavorit hatte Österreich bis zuletzt abgestritten. Die Idee eines österreichischen Sommermärchens hatte Offensiv-Ass Marcel Sabitzer nach dem 3:2-Spektakel gegen die Niederlande im letzten Gruppenspiel ausgeklammert.
    Nach dem Achtelfinal-Aus - 2021 war ein deutlich weniger überzeugendes ÖFB-Team genauso weit gekommen - überwog indes das dumpfe Gefühl, dass deutlich mehr drin war. Zurück bleiben deshalb fürs Erste vor allem bittere Konjunktive (Rangnick: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das Spiel in der Verlängerung gewonnen hätten") und die nicht weniger harte Wirklichkeitsform ("Darum geht es in den Playoff-Spielen: dass du am Ende die Spiele auf deine Seite ziehst und gewinnst").
    Aber auch "jede Menge" positive Erkenntnisse, die der ÖFB-Coach nicht unterschlagen wollte:

    Ich glaube, dass alle vier Spiele, die wir gespielt haben, mit den höchsten Unterhaltungswert hatten.

    Ralf Rangnick, ÖFB-Teamchef

    Für die Türkei geht's am Samstag weiter

    Die Sommermärchen-Erzählung der Türkei könnte jetzt dagegen rasant an Fahrt aufnehmen. Am kommenden Samstag (21 Uhr) trifft die Elf von Trainer Vincenzo Montella in Berlin auf die Niederlande.
    Nur zur Erinnerung: Schon im November 2023 hatten türkische Fans ein Testspiel gegen Deutschland im Berliner Olympiastadion zu einem "Heimspiel" gemacht, wie DFB-Sportdirektor Rudi Völler hinterher angesäuert festgehalten hatte.
    Österreichs Marcel Seibitzer jubelt mit den Teamkollegen über seinen Treffer zum 2:3.
    Dreimal gehen die Österreicher in Führung, nur zweimal kann die Niederlande etwas entgegenwirken. Da Frankreich im Parallelspiel nur ein Remis erspielt, gewinnt Österreich die Gruppe D. 25.06.2024 | 7:51 min

    Fans in Party-Stimmung

    Die Fußballfeste, die türkischen Anhänger vor, während und nach dem rasanten Duell mit dem ÖFB-Team in Leipzig zelebrierten, könnte also nur ein Vorgeschmack gewesen sein. "Wir sind froh, den Türken in Deutschland diesen Stolz geschenkt zu haben", lobte Montella die "Zuneigung, Leidenschaft und Liebe" der eigenen Fans am Dienstagabend.
    Auch Doppeltorschütze Demiral kann das Quasi-Heimspiel im Olympiastadion kaum erwarten:

    Unsere Fans sind einfach fantastisch. Berlin wird eine fantastische Gelegenheit für uns sein.

    Merih Demiral, türkischer Fußballspieler

    Nachrichten | Sport
    :Vom alten Leder zum Chip im Ball

    Der EM-Ball 2024 hat Noppen, Rillen und einen Sensor. Wie sich der Fußball vom alten Leder zur Hightech-Kugel entwickelt hat.
    Fußbälle der WM 1954, WM 2006 und EM 2024

    Mehr zur EM 2024

    Alle Spiele, alle Tore

    Mehr zur Fußball-EM 2024

    Spannende Dokus zur Fußball-EM 2024