FCK-Coach und der DFB-Pokal:Friedhelm Funkel: Rampenlicht statt Rente
von Frank Hellmann
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Im 70-jährigen Friedhelm Funkel vereinen sich über drei Jahrzehnte Pokalgeschichte. Bekommt der Trainer von Kaiserslautern seine erste Trophäe? Sein Glück hängt davon nicht ab.
Klassenerhalt geschafft, jetzt winkt der Pokal: Friedhelm Funkel
Quelle: dpa
Als sich Friedhelm Funkel über seinen 70. Geburtstag in seinem Lieblingsklub auf Fuerteventura aufhielt, war es fast ruhig um ihn geworden. Klar, seine Frau Anja war mitgekommen und später flogen auch etliche Freunde ein, aber in jenen Winterwochen auf der Kanareninsel hielt er sich meist im Hintergrund. Wer mit ihm plaudern wollte, konnte das natürlich tun, denn Berührungsängste hat der gebürtige Neusser noch nie gekannt.
Natürlich hat er, das versteht er als Loyalität, denjenigen ein Interview gegeben, die ihn auf seinem Handy anriefen - Nummer wie Frisur wird er wohl nicht mehr wechseln. Dort plauderte er an seinem Ehrentag, dem 10. Dezember, auch darüber, dass er sich vorstellen könnte, wieder als Trainer zu arbeiten. Es hat nicht lange gedauert, bis sich jemand meldete.
Zwei Töchter und vier Enkel auf der Tribüne
Seit Februar arbeitet dieser rastlose Tausendsassa wieder für einen seiner vielen Herzensvereine, diesmal für den 1. FC Kaiserslautern. Nach einiger Mühe ist der Klassenerhalt in der 2. Bundesliga unter Dach und Fach, nun will die ganze Pfalz das Pokalfinale gegen den Deutschen Meister Bayer Leverkusen (Samstag, 20 Uhr) genießen. Der Zweitligist bringt einen Trainer mit, in dem sich mehr als drei Jahrzehnte deutsche Pokalgeschichte vereinen.
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Dass er, der als Coach bereits 1998 mit dem MSV Duisburg (1:2 gegen Bayern München) und 2006 mit Eintracht Frankfurt (0:1 gegen Bayern München) an der Seitenlinie stand, ins Rampenlicht rückt, ist definitiv die rührigste Personalie. Seine beiden erwachsenen Töchter und vier Enkel sitzen auf der Tribüne.
Die Sensation mit Bayer Uerdingen 1985 als Ansporn
"Das ist unfassbar. Der Fußball schreibt die schönsten Geschichten", rief der zeitlose Fußballlehrer nach dem Halbfinale aus, als der FCK den Favoritenschreck 1. FC Saarbrücken mit einer typischen Funkel-Taktik geschlagen hatte. Sein Team hat er nun selbst zum "größten Außenseiter in einem Endspiel in der Geschichte des Pokals" erklärt.
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Understatement ist Teil seiner Strategie, Bodenständigkeit ist Teil seines Wesens. Außerdem passt die Rolle ja selbst am besten zu seiner eigenen Geschichte: 1985 gelang Bayer Uerdingen mit dem Vollbartträger Funkel gegen den FC Bayern eine der größten Sensationen. Das Berliner Olympiastadion war nicht ganz ausverkauft, der Rasen ein richtiger Acker. 30 Endspiele später ist der Zeitzeuge Funkel wieder mittendrin statt nur dabei.
Seine Kommunikation ist geradeaus
Übrigens hatte er sein erstes Pokalfinale mit Kaiserslautern bestritten: 1981 in Stuttgart, Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. Noch ein Ex-Klub, den er kürzlich anlässlich der Trauerfeier für Bernd Hölzenbein besuchte. Auf seinen vielen Stationen hat Funkel als Trainer nie eine Trophäe gewonnen. Gestört hat es ihn das irgendwann nicht mehr. Viel wichtiger sei es doch, "dass ich authentisch geblieben bin". Nur wer auch Fehler zugebe, genieße auf Dauer auch Respekt.
Die Hinterlassenschaften der rund 70.000 Zuschauer beim DFB-Pokal-Finale in Berlin werden teilweise nachträglich in Dünger umgewandelt. Dafür gibt es rund ums Olympiastadion an diesem Samstagabend vier Zehner-Blöcke an Öko-Sanitäranlagen, wie der DFB mitteilte. Die Aktion gehört zu einer Reihe von Umweltmaßnahmen des Verbandes rund um die Partie zwischen Leverkusen und Kaiserslautern.
Das Fansfest am Stadion gilt zudem als "Nachhaltigkeitszone". Übrig gebliebene Lebensmittel werden nach DFB-Angaben kostenfrei weitergegeben oder zu Biogas weiterverwertet. Eine vegetarische Wurst ist einen Euro billiger als ein Produkt aus Fleisch und wird vom DFB bezuschusst. Zudem hatte der DFB ein Mitfahrgelegenheit-Portal für anreisende Fans eingerichtet.
Doch es ist nicht allein die Ehrlichkeit und die Verlässlichkeit, die ihn charakterisieren. Der Mann hat stets den Spagat geschafft, sich selbst und die Branche einerseits nicht zu wichtig zu nehmen, andererseits aber stets Disziplin und Ehrgeiz einzufordern.
Noch heute kann er fuchsteufelswild werden, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, auch wenn er sich über Schiedsrichterentscheidungen ein bisschen weniger heftig aufregt als früher. Über die vielen Tätowierungen der aktuellen Spielergeneration schüttelt er den Kopf - und wenn er den DJ in der Kabine geben könnte, würden Schlager laufen. Trotzdem trifft Funkel immer noch den richtigen Ton. Seine Kommunikation ist geradeaus. Fußball ist Fußball.
Er sieht nicht aus wie 70 - und fühlt sich auch nicht so
Am Betzenberg ist am Saisonende für ihn als Trainer Schluss. Er selbst aber schließt nichts aus:
Dass er auch nach einer Hüftoperation so aktiv sein kann, sei ein Geschenk, erzählt er gerne.
"Ich bin sehr optimistisch, bin sehr lebensfroh - und ich gucke mehr nach vorne als nach hinten." Ganz unabhängig vom Ausgangs des Pokalfinals gilt immer noch das, was er an seinem Geburtstag herausstellte: "Ich glaube fest daran, dass ich noch einige schöne Jahre vor mir habe."
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