Saar-Pfalz-Derby: Warten auf das "Wunder von Saarbrücken"

Selten hat man so genau auf Grashalme geschaut wie im Saarbrücker Ludwigsparkstadion in den letzten Monaten. Die Bilder der Laubbläser-Kolonne, die so verzweifelt wie erfolglos versuchte, die Wassermassen vom Platz zu pusten, gingen um die Welt. Ziemlich peinlich.

Jetzt wird wieder gezittert. Es hat geschüttet in den letzten Tagen, das Spielfeld ist mit Planen abgedeckt, ein für Samstag vorgesehenes Ligaspiel wurde abgesagt, um den Rasen zu schonen.

FCS-Trainer-Rüdiger Ziehl ist aber zuversichtlich. "Wenn es nicht extrem werden sollte mit dem Regen, wird es funktionieren, dann werden wir spielen können", sagte der FCS-Trainer am Ostermontag.

Die finale Entscheidung über den Anpfiff des Saar-Pfalz-Derbys im Pokal-Halbfinale wird am Dienstag von Schiedsrichter Marco Fritz gefällt.

Der Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken und sein Baudezernent haben in den letzten Wochen mehr Zeit auf dem Fußballrasen als im Rathaus verbracht.

Beim millionenteuren Umbau des Stadions hatten sie ausgerechnet an der Rasendrainage gespart. Jetzt wird eilig nachgebessert - gespuhnt, gedüngt, gemäht, gehegt und gepflegt.

"Aus unserer Sicht ist der Platz im Moment in einem ordentlichen, bespielbaren Zustand", sagte Baudezernent Patrick Berberich am Gründonnerstag - danach regnete es 3 Tage lang.

Eine Verlegung des Spiels an einen anderen Ort wäre die ultimative Blamage für das Stadion, die Stadt, das ganze Saarland. Es geht um mehr als ein Ticket zum Endspiel im Berliner Olympiastadion. Es geht um die saarländische Fußballseele. Um die zu verstehen, lohnt es sich, 70 Jahre zurückzuschauen.

Im Ludwigsparkstadion fand am 28. März 1954 ein besonderes Qualifikationsspiel statt: Deutschland spielte gegen das Saarland. Das heutige Bundesland war damals unabhängig, hin- und hergerissen zwischen Frankreich und Deutschland. Es hatte ein eigene Nationalelf, und die war ziemlich erfolgreich.

"Die saarländische Nationalmannschaft war damals quasi identisch mit der Mannschaft des 1. FC Saarbrücken, das war eine europäische Spitzenmannschaft", sagt Hans-Peter Becker, früherer Jugend-Delegationsleiter des DFB.

Das Saarland war sogar früher FIFA-Mitglied als die Mannschaft der Bundesrepublik. Der damalige FIFA Chef hielt Saarbrücken für "die interessanteste Mannschaft Europas". Das Saarland verlor damals 1:3, das Spiel bleibt trotzdem legendär.

Letzte Woche gab es einen Staatsempfang in einem Saarbrücker Kino, mehrere hundert Menschen kamen, um noch einmal die schönsten Spielszenen der legendären Begegnung zu sehen. Sichtlich gerührt Werner Otto, 95. Er ist der letzte noch lebende Spieler der legendären Saar-Mannschaft.

Hinter ihm sitzen die Söhne des bereits verstorbenen damaligen Mittelstürmers Herbert Binkert. Sein Sohn Manfred hat ein Buch über seinen Vater und die wilde saarländische Fußballära geschrieben. Als die Spielszenen über die Leinwand flimmern, schauen alle auf den Rasen, der auch damals eher aussah wie eine schlecht gewarteter Bolzplatz - aber er war WM-tauglich!

Saarbrücken könnte wieder Geschichte schreiben. Die Zeitzeugen von damals sind sich einig: Der FCS muss das Halbfinale gewinnen. Fußballfieber saarlandweit. Vor dem kleinen Fanshop in der Saarbrücker Innenstadt stehen sie Schlange bis auf die Straße. Tassen, Trikots Größe M und L - Fehlanzeige. Viele Blau-Schwarz-Fanartikel sind ausverkauft.

Jetzt schauen alle auf die Wettervorhersage. "Es muss regnen", sagt ein Fan, bei den letzten Spielen hat das Glück gebracht. Für den Rasen wiederum könnte es das Todesurteil sein. Am Dienstag um 20:45 Uhr ist Anpfiff, wo auch immer, im Saarland hoffen alle auf ein neues "Wunder von Saarbrücken".