Personallage beim DFB: Bierhoff-Aus kommt Erdbeben gleich
Personelles Vakuum beim DFB:Bierhoff-Aus kommt Erdbeben gleich
von Frank Hellmann
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Die Trennung von Oliver Bierhoff hat innerhalb des DFB für große Unruhe gesorgt. Hansi Flick hat seine engste Bezugsperson verloren. Die Suche nach einem Nachfolger ist im Gange.
An der Universität von Doha wollen die Gastgeber der WM noch besonders höflich sein. An den Außenmauern einer der größten und besten Bildungseinrichtungen der Welt, auf dessen Areal die Nationalmannschaften von Argentinien, Spanien, Niederlande und der Schweiz trainieren, hängen die Flaggen der 32 WM-Teilnehmer.
Darunter stehen die Begrüßungen in der Landessprache. "Guten Tag" unter dem Deutschland-Fähnchen. "Gute Nacht" würde vielleicht eher passen.
Nationaltrainer Flick ist angezählt
Bei der Fußball-WM in Katar war es ja schon nach Mitternacht, als der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Trennung von seinem mächtigen Direktor Oliver Bierhoff vermeldete. Das Arbeitspapier des Geschäftsführers Nationalmannschaften und Akademie, drinnen beim DFB deutlich mehr geschätzt als draußen in der Öffentlichkeit, wird vor Vertragsende 2024 aufgelöst.
Damit ist auch die Zukunft des angezählten Bundestrainers Hansi Flick offen. Das kommt einem Erdbeben gleich, das in der Wüste ausgelöst wurde.
Hansi Flick geht die Vertrauensperson verloren
Dass Bierhoff nur noch die Akademie betreut, wie es DFB-Präsident Bernd Neuendorf und der DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke wohl vor einer Krisensitzung angedacht hatten, wäre wohl ein fauler Kompromiss gewesen. Der 54-Jährige selbst will den Weg "für neue Weichenstellungen" freimachen. Das schafft auch für Flick neue Tatsachen, die seine Zukunft infrage stellen. Der Bundestrainer erklärte:
Bierhoff war "mein erster Ansprechpartner und Freund", das Verhältnis von "unschätzbar hohem Vertrauen" geprägt gewesen.
Deutlich klang durch, dass eigentlich die Grundlage für die Zusammenarbeit entzogen ist. Macht es überhaupt Sinn, dass Flick und seine Gefolgschaft bis zur EM 2024 weiterarbeiten?
Dem Verband droht auf sportlicher Leitungsebene ein riesiges Vakuum. Gerne hätte sich vor einem Jahr der inzwischen beim Österreichischen Fußball-Bund beschäftigte Ralf Rangnick darauf eingelassen, als Bundestrainer mit weitreichenden Befugnissen vieles zu reformieren, doch da hatte Bierhoff längst seinen Intimus Flick auserkoren.
Aufgabenteilung beim DFB deutet sich an
Gerade vor dem Hintergrund der EURO 2024 gerät der DFB nun in Zugzwang, was die Besetzung der wichtigen Position angeht. Wenn Deutschland zeigen will, dass alles toleranter, nachhaltiger und gerechter organisiert wird als in Katar, bräuchte es eigentlich einen Tausendsassa, dem wie Franz Beckenbauer in besten Zeiten alles in den Schoß fällt.
Aber die Zeiten scheinen lange vorbei. Vieles deutet darauf hin, zuerst Bierhoffs Aufgaben aufzuteilen. Teammanager könnte Sami Khedira werden, zumal der Weltmeister gegenüber den Spielern als glaubhaftes Sprachrohr taugt.
Bobic hat gute Drähte zu DFB und DFL
Für die Führung einer DFB-Direktion mit fast 200 Mitarbeitern, darunter einem heterogenen Trainerstab, wäre ein Sportdirektor wie Fredi Bobic denkbar, der in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt gute Drähte zu DFB und DFL aufgebaut hat. Er müsste seinen Geschäftsführerjob bei Hertha BSC aufgeben.
Matthias Sammer liefert perfekte Analysen, ist aber als Berater bei Borussia Dortmund gebunden und eckte als DFB-Sportdirektor häufig an. Der Name von Lothar Matthäus hat in Katar einen besseren Ruf als in Deutschland. Diese Fährte ist definitiv falsch.
Heiße Spur führt zu Hitzlsperger
Heißer könnte die Spur zu Thomas Hitzlsperger werden. Als DFB-Botschafter für Vielfalt hat der ehemalige Nationalspieler, der sich mit seinem Outing viel Respekt verschaffte, eine Anbindung, bewies Rückgrat, in dem er während der WM seine eigene Haltung zur WM kritisch hinterfragte.
Beim VfB Stuttgart hat er als Vorstandsvorsitzender lehrreiche Erfahrungen gesammelt, die ihm sehr helfen würden, wenn er den größeren Teil von Bierhoffs Zuständigkeiten bekäme