FC Bayern vor Arsenal-Spiel - Tuchel: Ziehen das durch

Normalerweise ist ein angeschlagener FC Bayern der gefährlichste. Daran dachte Thomas Müller wohl auch, als er sich trotz der jüngsten Niederlagen gegen Dortmund und Heidenheim um einen hoffnungsvollen Blick auf das Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Arsenal bemühte.

Wegen seiner Erfahrung aus 700 Pflichtspielen für den FC Bayern sei er schon "im Kampfmodus Richtung Dienstag", sagte der 34-Jährige, "der Groll in mir lächelt schon fast wieder". Er würde zur "Generalkritik" erst ausholen, "wenn wir wirklich nichts mehr haben, wofür es sich zu kämpfen lohnt".

Normal läuft bei den Münchnern derzeit allerdings wenig. Vielmehr vermittelt der taumelnde FC Bayern auf allen Ebenen einen äußerst angeschlagenen Eindruck. Auch deshalb fragen sich die Menschen außerhalb und innerhalb des Vereins gleichermaßen, wie die wankelmütige Mannschaft des ratlos wirkenden Trainers Thomas Tuchel gegen den Tabellenführer der Premier League das Halbfinale erreichen soll.

Sportvorstand Max Eberl hatte nach dem verspielten 2:0-Vorsprung bei Aufsteiger Heidenheim zugegeben, ihm falle "nicht so viel ein", was Mut mache.

Immerhin waren die zuletzt fehlenden Manuel Neuer, Leroy Sané, Kingsley Coman, Aleksandar Pavlovic und Noussair Mazraoui am Montag beim Abschlusstraining dabei.

An Eberl lässt sich beobachten, welch akutes Reizklima beim FC Bayern herrscht und wie es sich auswirkt. Seit dem 1. März ist der 50-Jährige erst im Amt, doch die wenigen Wochen haben genügt, um seine Nerven arg zu strapazieren. Gleich zweimal rutschte Eberl in Heidenheim das Schimpfwort "Scheißdreck" raus.

Mittlerweile scheint nicht einmal mehr sicher, ob Tuchel wie verabredet bis zum Saisonende bleiben darf oder muss, je nach Sichtweise. Eberl hat eine Jobgarantie für Tuchel nur noch für diese Woche ausgestellt.

Die "Münchner Abendzeitung" berichtete nun, es gebe beim FC Bayern ein "Notfall-Gedankenspiel bei einem totalen Super-Gau" mit Miroslav Klose als Interimstrainer und Hermann Gerland als Interimsassistenten.

Selbst wenn das nur eine lose Idee sein sollte, würde sie viel erzählen über die Lage beim FC Bayern.

Tuchel indes bekräftigte bei der Pressekonferenz vor dem Spiel, dass er seinen Job mit aller Macht bis Sommer verteidigen will. "Wir ziehen das bis zum Ende durch, das ist so vereinbart und die beste Lösung", sagte er am Montagabend auf die Frage, ob eine frühere Trennung für alle Beteiligten nicht sinnvoller gewesen wäre.

Tuchel präsentierte sich aufgeräumter als zuletzt. "I'm fine", sagte er zu einem britischen Reporter, es gehe ihm gut. Er gebe "alles für das Team, das ich trainiere", betonte Tuchel: "Ich empfinde das als Privileg, das auf diesem Niveau machen zu dürfen".

Die Champions League hält für die Bayern die letzte theoretische Titelchance bereit und damit auch, nicht erstmals seit 2012 ganz ohne Silberware dazustehen. Doch es gibt gerade wenig Anlass, vom Henkelpott zu träumen.

Vielmehr geht es erst einmal darum, nicht sämtliche Minimalziele zu verpassen. Das Halbfinale der Champions League zählt traditionell dazu, neuerdings aber auch, Europas größte Bühne im Vereinsfußball in der kommenden Saison überhaupt betreten zu dürfen.

Retten können die Münchner ihre verkorkste Saison in der Champions League nicht mehr, aber ein versöhnliches Ende ist noch möglich. Der Einzug ins Halbfinale wäre zugleich finanziell hilfreich für die anstehende Sanierung des Kaders im Sommer.

Doch noch ist die aktuelle Belegschaft in London gefordert. Und wer weiß, vielleicht überrascht sie sich ja sogar selbst.