Champions League: BVB setzt gegen Barcelona auf Gittens

Jamie Gittens' Geheimnis? Es könnten die Sonderschichten in der vergangenen Rückrunde sein. "Ich weiß nicht, wie oft 'Manni' mit ihm Eins gegen Eins geübt hat. Er war nach dem Training immer fix und fertig", enthüllte BVB-Coach Nuri Sahin jüngst mit einem Augenzwinkern. "Manni" - das ist Dortmunds Defensiv-Ikone Sven Bender, die als Co-Trainer dafür sorgte, dass es beim Offensivtalent "Klick" macht.

Denn fix und fertig sind nun all die Außenverteidiger, die den formstarken Gittens stoppen sollen. Der 20-Jährige hat einen deutlichen Leistungssprung gemacht diese Saison. Schon neun Mal hat der Londoner in der Bundesliga oder in der Königsklasse für Borussia Dortmund getroffen.

Gittens’ Erfolgsmuster: Spurt auf der linken Angriffsseite, ein, zwei Übersteiger, ein kurzer Haken ins Zentrum und dann zischt der Ball unhaltbar ins Netz. Jeder Spieler auf dem Platz weiß genau, was kommt - trotzdem ist diese Offensivaktion bisher kaum zu verteidigen.

"Signature Move" heißt das auf neudeutsch. Zuletzt narrte Gittens damit gleich zwei Verteidiger und Gladbachs Torwart zur 1:0-Führung des BVB im Borussen-Duell (1:1). Der Traumtor-Trick erinnert an Dribbelkönig Arjen Robben, der mit gleicher Kombi auf der anderen Seite des Spielfelds eine ganze Generation von Verteidigern zur Verzweiflung brachte.

Gittens Scorerpunkte sind für Schwarz-Gelb aktuell Gold wert. Aber nicht nur durch sie hat er sich festgespielt. "Jamie definiert sich nicht nur über Dribblings und Tore", sagt Trainer Sahin.

Er lobt seinen Schützling genauso für die defensive Disziplin. "Ohne die Flügelstürmer kommen wir nicht ins Pressing." Die Belohnung: In 20 Pflichtspielen stand der Youngster 15 Mal in der Startelf.

Dass Dortmunds Nummer 43 groß aufspielt und oft gleich mehrere Gegenspieler bindet, ist eine glückliche Fügung für die ambitionierten Westfalen, die in der Bundesliga und im DFB-Pokal hinter den eigenen Ansprüchen herlaufen.

Seit Wochen müssen sie in Dortmund auf ihren zweiten Tempodribbler Karim Adeyemi verzichten. Donyell Malen fehlt Konstanz und Maximilian Beier hat trotz guter Ansätze Anpassungsprobleme. Bei Julien Duranville und Cole Campbell braucht der BVB Geduld.

Der früher oft anfällige Gittens ist nun verletzungsfrei. Er erfüllt die Erwartungen, die er schon beim Wechsel aus Manchester Citys Talentschmiede schürte. Zu Beginn vor allem dank starker Auftritte in der Youth League.

BVB-Chef Lars Ricken schwärmte schon als Nachwuchs-Leiter: "Jamie hat extrem hohes Tempo. Mit seiner Schnelligkeit und Abschluss-Stärke ist er eine totale Waffe."

Davon kann seit dem Topspiel am 12. Spieltag auch Bayern Münchens Konrad Laimer ein Lied singen. Münchens Allrounder sah nicht nur bei Gittens' Treffer die Rücklichter. Auf dem Weg zum Tor oder zur Grundlinie ist die BVB-Rakete kaum aufzuhalten. Einziges Manko: Es müssten noch viel mehr Assists rausspringen.

Ganz so leicht dürfte es beim Showdown in der Champions League mit dem FC Barcelona am Mittwoch (21 Uhr/Spielbericht ab 23 Uhr in der sportstudio Champions-League-Sendung) wohl nicht laufen. Die Katalanen haben in Jules Koundé ein echtes Kaliber auf der rechten defensiven Außenbahn.

Ein wenig kämpft Gittens am Mittwoch auch gegen sich selbst und gegen eine spezielle Lücke im Lebenslauf: Im Dortmunder Stadion hat er in der Königsklasse bislang noch nie getroffen.

Alle vier Tore dieser Spielzeit erzielte Gittens auswärts. Zwei in Brügge, je eins in Madrid und Zagreb. Auch sein Debüt-Treffer in der Champions League fiel in der Fremde: vor gut einem Jahr beim 3:1-Sieg des BVB beim AC Mailand.