Streit um Schadenersatz:Pechstein-Prozess: Entscheidung im Februar?
von Christoph Schneider
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Seit 15 Jahren kämpft Eisschnelllauf-Star Claudia Pechstein um Schadenersatz und ihren guten Ruf. Im Verfahren durch fast alle Instanzen könnte es bald eine Entscheidung geben.
Seit Jahren im Rechtstreit mit dem Eisschnelllauf-Weltverband: Claudia Pechstein mit ihrem Lebensgefährten Matthias Große.
Quelle: dpa
Sie hat alles gegeben bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht (OLG) München Ende Oktober. Mit auch einer persönlichen emotionalen Erklärung. Und die Richter des Kartellsenats ließen in der mehrstündigen Verhandlung durchblicken, dass sie durchaus zu weiten Teilen auf der Seite von Claudia Pechstein stehen in deren Kampf gegen die Internationale Eislaufunion ISU.
Auffälliger Blutwert bei WM 2009
Der Fall beginnt im Jahr 2009. Da nimmt Pechstein im Februar an der Mehrkampf-WM teil. Nach dem Wettkampf wird ein erhöhter Retikulozythenanteil in ihrem Blut festgestellt. Für die ISU gibt es nur eine mögliche Schlussfolgerung: Doping.
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Pechstein wird für zwei Jahre gesperrt, trotz immer wieder beteuerter Unschuld. Der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigt die Sperre: Erhöhte Retikulozytenwerte seien ein hartes Indiz für Doping. Nach manchen erfolglosen, aber auch erfolgreichen Verfahren vor fast allen Gerichtsinstanzen, sehen sich die Parteien am 24. Oktober vor dem Kartellsenat des Oberlandesgerichts München wieder.
Pechstein will Millionen an Schadenersatz
Mehr als acht Millionen Euro will Pechstein vom Weltverband an Schadenersatz. Unter anderem weil sie zwei Jahre gesperrt war und so nicht an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver teilnehmen konnte. Sie ist inzwischen offiziell rehabilitiert. Die ISU wehrt sich, sieht das Münchener OLG unter anderem als nicht zuständig an.
Das Gericht zieht der ISU diesen Zahn schnell, der 29. Zivilsenat ist zuständig, daran gibt es nichts zu rütteln. Immer wieder regt der Vorsitzende Richter Andreas Müller einen Vergleich an.
ISU bleibt unnachgiebig
Während sich Claudia Pechstein mit ihren Anwälten berät und einigungsbereit zeigt, bleibt die ISU unnachgiebig. Ein juristischer Berater des Weltverbands will weder eine Entschuldigung abgeben, noch ein Bekenntnis, Unrecht getan zu haben. Und die von Pechstein geforderte Summe könne nicht gezahlt werden.
Obwohl zahlreiche Prozessvertreter der ISU anwesend sind, müsse man noch Rücksprache mit dem Präsidium halten. Man könne das in der Verhandlung nicht entscheiden.
Kommen die Streitparteien zu einem Kompromiss?
Am Ende erreicht das OLG München einen Kompromiss: Bis Mitte November soll die ISU eine Ehrenerklärung formulieren. Dann soll Claudia Pechstein entscheiden, ob sie diese Erklärung akzeptiert. Im Anschluss daran könne über den Schadenersatz gesprochen werden, bei dem Pechstein bereit wäre, Abstriche zu machen, bis zur Hälfte der geforderten Summe.
Das wird zwischen den Parteien und dem Gericht ablaufen, die Öffentlichkeit erfährt nichts. Werden sich die Parteien aber nicht einig, dann wird das Gericht das Verfahren am 13. Februar mit einer Entscheidung fortsetzen.
Pechstein gibt sich zuversichtlich
Pechstein zeigt sich nach der Verhandlung zufrieden, es sei "ein sehr guter Tag für die Gerechtigkeit gewesen", äußerte sie in die zahlreichen Mikrofone. Und: "Grundsätzlich war ich noch nie so nah an der kompletten Rehabilitation, das macht mich gerade sehr glücklich", so die 52-Jährige im Interview mit der ZDF.
Bis jetzt sind keine Details aus den Gesprächen zwischen Pechstein und der ISU nach außen gedrungen. Was die Entscheidung des Gerichts im Falle einer ausbleibenden Einigung im Februar angeht, wird es wohl, so deutete es der Vorsitzende Richter Müller an, einen Beweisbeschluss verkünden.
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Verfahren könnte auch noch länger dauern
Denn ein Puzzlestein fehlt den Richtern: Nämlich der, dass die auffälligen Blutwerte von 2009 auch den Schluss hätten zulassen können, dass diese auf eine erblich bedingte Anomalie zurückzuführen sind. Das kann nur mit einem Sachverständigen festgestellt werden.
Das Verfahren könnte also durchaus auch noch länger dauern. Sportlich hat Claudia Pechstein wegen der mentalen Belastungen durch den Prozess auf eine aktive Teilnahme beim aktuellen Eisschnelllauf-Weltcup erstmals seit 2011 verzichtet. Juristisch dauert ihr schwerster Kampf weiter an.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF
Quelle: Reuters
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