Super Bowl: 49ers-Quarterback im Brock Purdy vor großem Wurf

    49ers-Quarterback im Super Bowl:"Mr. Irrelevant" vor dem großen Wurf

    von Patrick Brandenburg, Las Vegas
    |

    Findet das Football-Märchen ein Happy End? Der immer noch unterschätzte Quarterback Brock Purdy hat das Zeug, die lange Titeldürre der San Francisco 49ers zu beenden.

    49ers Quarterback Rock Purdy
    49ers Quarterback Brock Purdy mit lausbübischem Lächeln beim Medienrummel in Las Vegas vor dem Super Bowl
    Quelle: dpa

    In Fleisch und Blut wirkt er sogar noch unscheinbarer als im TV. Brock Purdy sitzt im Vorfeld des Super Bowl inmitten einer Medienmeute in Las Vegas, er trägt den grauen Trainingsdress der San Francisco 49ers - und sein Lausbubenlächeln.
    Als würde ein Highschool-Kid grübeln, wem es Zahnpasta unter die Türklinke schmiert. Dieses Babyface soll die furchteinflößende Defensive der Kansas City Chiefs knacken?

    In Las Vegas könnte sich Kreis für Purdy schließen

    Gerade zwei Jahre ist es her, dass der Quarterback in der jährlichen Talentbörse der Football-Liga NFL bis nach hinten durchgereicht und mit dem fiesen Titel "Mr. Irrelevant" dekoriert wurde. In der siebten Runde erbarmten sich die 49ers und wählten Purdy als 262. und Letzten. In Las Vegas war das, so schließt sich der Kreis.
    Ausgerechnet der Nobody hat San Francisco in den Super Bowl 58 gegen die Kansas City Chiefs geführt. Schon in der zweiten Saison könnte er in der Tradition der Legenden Joe Montana und Steve Young stehen und die 49ers nach 29 Jahren Pause zum Gewinn der Lombardi-Trophäe führen, ihrer sechsten dann.
    Super Bowl
    Im 58. Super Bowl treffen die Kansas City Chiefs auf die San Francisco 49ers. Das Finale der American Football Liga steigt in der Nacht auf Montag. Beide Teams sind schon in Las Vegas angekommen.06.02.2024 | 1:28 min

    Viele Vorbehalte gegen Purdy

    Vorbehalte gibt es weiter gegen den bescheidenen 24-Jährigen, der bis vor kurzem in einer WG wohnte, im Toyota zum Training fährt und mit seinem Rookie-Gehalt ein Schnäppchen ist. Dem drittjüngsten Quarterback der Super-Bowl-Geschichte fehle die Leichtigkeit seines Finalgegners Patrick Mahomes, das strategische Genie von Aaron Rodgers, oder die Power von Lamar Jackson.
    Zur Not bemühen Kritiker den Generalvorwurf: In der spektakulär gut besetzten, von Trainer-Guru Kyle Shanahan orchestrierten Offensive könne er nichts falsch machen: Christian McCaffrey läuft alles in Grund und Boden, George Kittle blockt alles weg und die Passempfänger Deebo Samuel und Brandon Aiyuk machen jedem Spielmacher das Leben leicht. Purdys Job sei nicht im Weg zu stehen, wenn die Erwachsenen ihre Arbeit machen.
    Dabei hat er gezeigt, was er drauf hat, seit er durch die Verletzungen von Trey Lance und Jimmy Garoppolo ins Team rutschte. In seiner ersten Saison stellte er etliche Rookie-Rekorde auf. Wenn er sich im Halbfinale nicht schwer am Ellbogen verletzt hätte, wären die 49ers womöglich 2023 schon in den Super Bowl eingezogen.
    Super Bowl
    Der 58. Super Bowl steht vor der Tür und in Las Vegas laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das NFL-Finale steigt zwischen den Mannschaften aus Kansas City und San Francisco.09.02.2024 | 1:42 min

    Purdy vor Super Bowl mit beeindruckenden Statistiken

    Purdy ist der erste NFL-Spielmacher, der die ersten sechs Spiele gewann und dabei jeweils zwei Touchdowns erzielte oder mehr. Sein Debüt als Starter gewann er übrigens gegen Superstar Tom Brady, der einst im Draft bis zur Runde 6, Position 199 auf den Ruf der NFL warten musste.
    In der aktuellen Saison hat Purdy noch draufgelegt. Er hat 31 Bälle in die Endzone geworfen, liegt in vielen Statistiken vorn. Seine 4.280 Yards Raumgewinn sind Klub-Rekord - besser als Montana und Young! Die 49ers-Legenden hatten ein Saisonspiel weniger - trotzdem bleibt es ein Brett.

    Purdy mit "Ruhepuls von null"

    Purdy hat Herz, Intuition und die Mentalität, um in der NFL erfolgreich zu sein. Defizite macht er damit wett. Das war zuletzt in den Playoffs zu sehen, als er sein Team mit Glück, aber auch Können und einer steilen Lernkurve zu spektakulären Comeback-Siegen über Green Bay und Detroit führte. Football-Kolumnist Peter King kommt geradezu ins Schwärmen:

    Purdy hat einen Ruhepuls von null. Er spielt das letzte Viertel im Halbfinale so emotionslos wie in einem Training im Minicamp im Mai.

    Football-Kolumnist Peter King

    Amon-Ra St. Brown
    Harte Kämpfe und große Träume in der NFL: Die St.-Brown-Brüder Amon-Ra und Equanimeous in einer ausführlichen Dokumentation.04.09.2022 | 18:48 min

    Football-Trubel lässt Quarterback kalt

    Ähnlich cool wie Angriffe auf dem Platz verarbeitet Purdy Kritik. Auf den ätzenden Kommentar des 2011 an Nummer eins ausgewählten Cam Newton, Purdy sei nur zehntbester Spieler seines Teams, antwortete er lässig:

    Kann schon sein. Aber in der NFL gibt es über 90 Kaderplätze für Quarterbacks und ihm gehört keiner.

    Brock Purdy über Cam Newton

    Die wohl größte Stärke von "Mr. Irrelevant" ist, dass ihn der Trubel im Football-Zirkus kalt lässt. "Diese Dinge sind ihm nicht wichtig. Er ist geerdet. Brock weiß, wer er ist und wer er sein will", sagt sein Trainer.

    • 2023 Kansas City Chiefs (38:35 gegen die Philadelphia Eagles)
    • 2022 Los Angeles Rams (23:20 gegen die Cincinnati Bengals)
    • 2021 Tampa Bay Buccaneers (31:9 gegen die Kansas City Chiefs)
    • 2020 Kansas City Chiefs (31:20 gegen die San Francisco 49ers)
    • 2019 New England Patriots (13:3 gegen die Los Angeles Rams)
    • 2018 Philadelphia Eagles (41:33 gegen die New England Patriots)
    • 2017 New England Patriots (34:28 n.V. gegen die Atlanta Falcons)
    • 2016 Denver Broncos (24:10 gegen die Carolina Panthers)
    • 2015 New England Patriots (28:24 gegen die Seattle Seahawks)
    • 2014 Seattle Seahawks (43:8 gegen die Denver Broncos)
    • 2013 Baltimore Ravens (34:31 gegen die San Francisco 49ers)
    • 2012 New York Giants (21:17 gegen die New England Patriots)
    • 2011 Green Bay Packers (31:25 gegen die Pittsburgh Steelers)
    • 2010 New Orleans Saints (31:17 gegen die Indianapolis Colts)
    • 2009 Pittsburgh Steelers (27:23 gegen die Arizona Cardinals)
    • 2008 New York Giants (17:14 gegen die New England Patriots)
    • 2007 Indianapolis Colts (29:17 gegen die Chicago Bears)
    • 2006 Pittsburgh Steelers (21:10 gegen die Seattle Seahawks)
    • 2005 New England Patriots (24:21 gegen die Philadelphia Eagles)
    • 2004 New England Patriots (32:29 gegen die Carolina Panthers)
    • 2003 Tampa Bay Buccaneers (48:21 gegen die Oakland Raiders
    • 2002 New England Patriots (20:17 gegen die St. Louis Rams)
    • 2001 Baltimore Ravens (34:7 gegen die New York Giants)
    • 2000 St. Louis Rams (23:16 gegen die Tennessee Titans)
    • 1999 Denver Broncos (34:19 gegen die Atlanta Falcons)
    • 1998 Denver Broncos (31:24 gegen die Green Bay Packers)
    • 1997 Green Bay Packers (35:21 gegen die New England Patriots)
    • 1996 Dallas Cowboys (27:17 gegen die Pittsburgh Steelers)
    • 1995 San Francisco 49ers (49:16 gegen die San Diego Chargers)
    • 1994 Dallas Cowboys (30:13 gegen die Buffalo Bills)
    • 1993 Dallas Cowboys (52:17 gegen die Buffalo Bills)
    • 1992 Washington Redskins (37:24 die gegen Buffalo Bills)
    • 1991 New York Giants (20:19 gegen die Buffalo Bills)
    • 1990 San Francisco 49ers (55:10 gegen die Denver Broncos)
    • 1989 San Francisco 49ers (20:16 gegen die Cincinnati Bengals)
    • 1988 Washington Redskins (42:10 gegen die Denver Broncos)
    • 1987 New York Giants (39:20 gegen die Denver Broncos)
    • 1986 Chicago Bears (46:10 gegen die New England Patriots)
    • 1985 San Francisco 49ers (38:16 gegen die Miami Dolphins)
    • 1984 Los Angeles Raiders (38:9 gegen die Washington Redskins)
    • 1983 Washington Redskins (2717 gegen die Miami Dolphins)
    • 1982 San Francisco 49ers (26:21 gegen die Cincinnati Bengals)
    • 1981 Oakland Raiders (27:10 gegen die Philadelphia Eagles)
    • 1980 Pittsburgh Steelers (31:19 gegen die Los Angeles Rams)
    • 1979 Pittsburgh Steelers (35:31 gegen die Dallas Cowboys)
    • 1978 Dallas Cowboys (27:10 gegen die Denver Broncos)
    • 1977 Oakland Raiders (32:14 gegen die Minnesota Vikings)
    • 1976 Pittsburgh Steelers (21:17 gegen die Dallas Cowboys)
    • 1975 Pittsburgh Steelers (16:6 gegen die Minnesota Vikings)
    • 1974 Miami Dolphins (24:7 gegen die Minnesota Vikings)
    • 1973 Miami Dolphins (14:7 gegen die Washington Redskins)
    • 1972 Dallas Cowboys (24:3 gegen die Miami Dolphins)
    • 1971 Baltimore Colts (16.13 gegen die Dallas Cowboys)
    • 1970 Kansas City Chiefs (23:7 gegen die Minnesota Vikings)
    • 1969 New York Jets (16:7 gegen die Baltimore Colts)
    • 1968 Green Bay Packers (33:14 gegen die Oakland Raiders)
    • 1967 Green Bay Packers (35:10 gegen die Kansas City Chiefs)

    (In den offiziellen NFL-Statistiken wird der Super Bowl der im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr begonnenen Saison zugerechnet. Gemäß dieser Angaben wären die Chiefs Super-Bowl-Sieger 2022.)

    Vor dem Super Bowl 2024
    :Taylor Swift und die Wut der Trumpisten

    Am Sonntag findet der 58. Super Bowl statt - das wohl größte Sportereignis der USA. Doch alle Augen sind auf Taylor Swift gerichtet.
    Luisa Nenner, New York
    Taylor Swift performt bei ihrem Konzert auf der Bühne
    mit Video
    Thema

    Mehr zum Football