Glückspilz oder Pechvogel: Wie ein Zufall zum Erfolg wird
Interview
Unerwartetes in Gutes umwandeln:Wie Zufälle zum Erfolg führen können
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Zufälle sind nicht planbar, sie passieren einfach - nicht immer mit positivem Ausgang. Oder? Wissenschaftler Christian Busch erklärt, wie man mit Zufällen erfolgreich sein kann.
Können Zufälle zum Erfolg führen? Ja, sagt Wirtschaftswissenschaftler Christian Busch.31.05.2023 | 3:06 min
Alles Zufall oder doch Schicksal oder hat man das eigene Glück selbst in der Hand? Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Busch beschäftigt sich seit Jahren mit unerwarteten Momenten und erklärt, wie man mit Zufällen erfolgreich sein kann.
ZDFheute: Wie kann man Zufälle für sich nutzen?
Christian Busch: Wir sind alle so aufgewachsen, dass wir einen Plan haben wollen, eine Strategie. Aber das Unerwartete lauert überall. Unsere Forschung zeigt, es gibt das 'blinde Glück', also Dinge, die uns so passieren, auf die wir keinen wirklichen Einfluss haben.
[Lebenszufriedenheit: Wie lässt sich Glück messen?]
Auf der anderen Seite gibt es die Serendipität, also das 'aktive Glück', wo es darauf ankommt, wie wir mit dem Zufall umgehen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Café und Ihr Getränk fällt um, spritzt auf die Person am Nebentisch.
... ist Wirtschaftswissenschaftler und erforscht den "Erfolgsfaktor Zufall". Er ist Direktor des CGA Global Economy Programs an der New York University und lehrt auch an der London School of Economics.
Jetzt gibt es verschiedene Optionen. Eine ist 'Tut mir leid' zu sagen, rauszugehen und zu denken: 'Was hätte passieren können?'. Die andere wäre, eine Konversation anzufangen und dann wird es vielleicht die Liebe Ihres Lebens oder der Mitgründer Ihres gemeinsamen Unternehmens.
Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Busch hat Zufälle erforscht. Bei "Volle Kanne" erklärt er, wie wir unerwartete Ereignisse für uns nutzen können.31.05.2023 | 8:54 min
ZDFheute: Zufall oder doch Schicksal?
Busch: Im Prinzip geht es um die Frage, wer hat unser Glück oder Unglück in der Hand? Ist es eine 'größere Macht', die alles vorherbestimmt wie beim Schicksal. Oder ist es eher eine Kombination von unerwarteten Dingen, Zufällen in Kombination mit unserem eigenen Handeln - also der Serendipität.
Wie beispielsweise, wenn man das Traumhaus unerwarteterweise nicht bekommt und dann ein Jahr später ein noch viel Schöneres findet und die Nachbarn die besten Freunde werden.
Wir sehen in der Forschung, dass oftmals Krisen Wendepunkte zur Serendipität werden. Hier geht es nicht um toxische Positivität, sondern dass man wahrnimmt, dass das Leben hart sein kann. Dass man aber auch Handlungsspielraum hat und dass man sich darauf konzentriert und nicht auf das, was man nicht beeinflussen kann.
Es ist ein kleines Tennis-Märchen: Miyu Kato und Tim Pütz gewinnen bei den French Open das Mixed-Finale. Der Zufall hatte die beiden kurz vor Turnierbeginn zusammengeführt.
ZDFheute: Wie erforscht man eigentlich Zufälle?
Busch: Da gibt es verschiedene Wege. Ein Weg sind Langzeitstudien, wo man sich anschaut, was machen Menschen mit unerwarteten Momenten. Und ein anderer sind Experimente. Ein Beispiel: Forscher haben Menschen beobachtet, die sich als 'Glückspilz' oder 'Pechvogel' bezeichnen. Die Aufgabe: Geh die Straße entlang, setz dich in ein Café.
Was nicht gesagt wurde: Am Weg waren überall versteckte Kameras und vor dem Café lag ein Geldschein. Es gab einen freien Platz neben einem erfolgreichen Geschäftsmann. Der 'Glückspilz' geht die Straße runter, sieht den Geldschein, hebt ihn auf und unterhält sich im Café wunderbar mit dem Geschäftsmann - vielleicht wird später was daraus. Der 'Pechvogel' geht den gleichen Weg, sieht den Geldschein nicht, setzt sich neben den Geschäftsmann und ignoriert ihn.
Wo lebt es sich glücklich? In Kassel, finden die Einwohner der Stadt. Und auch auf den weiteren Plätzen im SKL-Glücksatlas liegen eher die kleineren von Deutschlands Großstädten.
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ZDFheute: Kann man Zufälle denn auch herbeiführen?
Busch: Da gibt es zum Beispiel die 'Haken-Strategie', bei der es darum geht, potenzielle Haken zu setzen, die andere für einen verknüpfen können. Wenn man auf einer Party nach seinem Beruf gefragt wird, könnte man antworten: 'Ich bin Sabine aus Heidelberg, mache gerade eine Klempnerausbildung, ich fotografiere gern und liebe Klavierspielen'. Da kann es sein, dass die andere Person sagt: 'So ein Zufall! Wir haben samstags immer Klaviersessions. Komm doch mal vorbei'. Oft ergeben sich daraus viel interessantere Gespräche.
Sie haben mit jemanden in der U-Bahn geflirtet, aber die Person dann doch nicht angesprochen und ärgern sich. Was oft dahinter steckt, ist die Angst vor der Zurückweisung. Umformulieren kann helfen: Nicht 'Was passiert Schlimmes, wenn ich sie anspreche?', sondern 'Was wäre das Schlimmste, wenn ich es nicht mache?'.
Nach zwei Nahtoderfahrungen durch einen schweren Unfall und eine Corona-Erkrankung bin ich ein riesiger Fan davon, in solchen Situationen, in denen sich der Zufall präsentiert, zu sagen, das Leben ist kurz, kann ich aus diesem Zufall etwas machen?
Das Interview führt Saskia Schüring, Redakteurin bei "Volle Kanne".
Kinder sollen selbstbestimmt durch das Leben gehen können. Ein Unterrichtsfach Glück soll das möglich machen. Doch es gibt Hindernisse, die dem besonderen Konzept im Weg stehen.