Kostenloser Reiseführer: Das Reiseportal Wikivoyage
Reiseplanung dank Wikipedia?:Wikivoyage: Freier Reiseführer zum Mitmachen
von Stefan Mey
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Wikivoyage bietet Inhalte zu Urlaub und Reisen von allen für alle. Das Wikipedia-Schwesterprojekt hat eine bewegte Geschichte und feiert in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen.
Die deutschsprachige Wikivoyage enthält 20.000 Einträge und versteht sich als Non-Profit-Reiseführer.
Quelle: dpa
Urlaube sind analog und (hoffentlich) entspannend. Das Planen der Reise erfolgt jedoch meist digital. Das kann schnell stressig und unübersichtlich werden. Nahezu alle Inhalte, die Suchmaschinen zum Thema Reisen präsentieren, sind kommerziell motiviert. Irgendetwas wollen die Angebote einem meist verkaufen. Wikivoyage ist eine wohltuende Ausnahme.
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Fokus bei Wikivoyage auf Reiserelevanz
Der Non-Profit-Reiseführer ist der kleine Bruder von Wikipedia. Anders als bei der großen Online-Enzyklopädie werden nicht breit alle denkbaren Aspekte behandelt. Der Fokus liegt auf Reiserelevanz.
Etwa beim Eintrag zu Griechenland: Der wäre ausgedruckt etwa 15 Textseiten lang. Am Anfang steht ein knappes Länderporträt. Im Anschluss folgen Überblicke über touristisch interessante Regionen, Inseln und Städte, Sehenswürdigkeiten und Nationalparks. Es gibt praktische Tipps, etwa für die Anreise, Hinweise zur Promillegrenze beim Alkoholkonsum, Erläuterungen zur Küche und zum Nachtleben. Zu vielen Aspekten, etwa zur Hauptstadt Athen oder der beliebten Urlaubsinsel Kreta, sind - mal ausführliche und mal kurze - Einzelartikel verlinkt.
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Vom Start-up zum Wikipedia-Schwesterportal
Das Projekt kann auf eine bewegte Geschichte zurückschauen und in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen begehen. Vor 20 Jahren, im Juli 2003, wurde der Vorläufer gegründet, das ähnlich funktionierende, aber kommerzielle Wikitravel. Nach einem Verkauf an einen Internetkonzern spaltete sich die deutschsprachige Community ab und gründete Wikivoyage unter dem Dach eines Vereins in Halle an der Saale. Anfang 2013 - vor zehn Jahren also - wurde Wikivoyage offizielles Schwesterprojekt der Online-Enzyklopädie Wikipedia.
Quelle: https://de.wikivoyage.org/wiki/Hauptseite
Im Juli 2003 ging das ans Wikipedia-Prinzip angelehnte Wikitravel an den Start. Zwei Jahre später verkauften die Gründer*innen ihr Start-up an das US-Unternehmen Internet Brands. Im Anschluss kam es zu einer unblutigen Revolte. Die deutschsprachige Community befürchtete eine überhandnehmende Kommerzialisierung und spaltete sich ab. Das war möglich, weil die Wikitravel-Inhalte unter einer freien Lizenz ("Creative Commons") standen, die das explizit erlaubte. Eine Gruppe aktiver Wikitravel-User kopierte alle deutschsprachigen Inhalte und veröffentlichte sie auf der Webseite des Ende 2006 neu gegründeten Projekts Wikivoyage. Als formale Rechtsperson gründeten sie den (mittlerweile aufgelösten) Wikivoyage e. V. mit Sitz in Halle in Sachsen-Anhalt. Von 2008 bis 2014 war Stefan Fussan Vorsitzender dieses Vereins.
2012 erhielt das Projekt eine neue Dynamik. Die Wikimedia Foundation - die globale Mutterorganisation von Wikipedia - lud das Projekt ein, Teil der Wikimedia-Familie zu werden. Anfang 2013 wurde Wikivoyage daraufhin ein offizielles Schwesterprojekt von Wikipedia. Wikitravel existiert als kommerzielles Produkt noch heute.
Andere Länder, andere Sitten: Da muss vor allem so mancher Tourist im Urlaub aufpassen. Um die Einhaltung sicherzustellen, greifen Urlaubsländer zu teils skurrilen Maßnahmen.
von Laura Kress
Jeder darf bei Wikivoyage mitmachen
Bei Wikivoyage seien alle eingeladen, sich an der Erstellung der Inhalte beteiligen, erklärt Stefan Fussan. Der Cottbuser, der auf der Plattform unter dem Pseudonym DerFussi auftritt, hat 2005 das erste Mal an Artikeln mitgeschrieben, damals noch auf Wikitravel. Den "Umzug" zu Wikivoyage und den weiteren Weg des Projekts hat er aktiv mitgestaltet.
"Trotzdem entstehen im Ergebnis in sich geschlossene, einheitliche Artikel, ähnlich wie bei einem gedruckten Reiseführer", erläutert Fussan.
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Reisende schreiben für Reisende
Genau wie Wikipedia lebt Wikivoyage von Beiträgen einer ehrenamtlichen "Crowd". Unter dem Griechenland-Artikel steht beispielsweise: "Dies ist ein brauchbarer Artikel. Es gibt noch einige Stellen, an denen Informationen fehlen. Wenn du etwas zu ergänzen hast, sei mutig und ergänze sie."
Keine bezahlte Redaktion verfasst die Texte. Reisende schreiben für Reisende. Will man den Eintrag ergänzen, klickt man rechts oben am Bildschirmrand auf das Feld "Bearbeiten" (oder auf ein Stift-Symbol, wenn man per Smartphone auf Wikivoyage zugreift).
Stärken und Schwächen des Reiseführers
Ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich mit anderen touristischen Netz-Inhalten sei das Fehlen von Werbung und von Trackern, so Fussan. (Anm. d. Red.: Tracker sind kleine Technologiebausteine, die üblicherweise Nutzungsverhalten aufzeichnen). Eine besondere inhaltliche Stärke sieht er in der möglichen Detailtiefe: "Engagierte Autor*innen können auch kleine Objekte abseits der Touristenpfade beschreiben, die es sonst in keinen Reiseführer schaffen."
Eine Schwäche sei, dass es noch immer riesige Lücken bei Reisezielen gebe: "Das ist derzeit unser größtes Problem." Es gebe schlicht noch zu wenig Leute, die mitwirken.
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Über Erfahrungen mit Reiseportal bei "Wikimania"-Konferenz sprechen
Seine nächste Reise wird Stefan Fussan nach Singapur führen, Mitte August 2023 findet dort die jährliche weltweite "Wikimania"-Konferenz aller Wikimedia-Projekte statt, auf der er über seine Erfahrungen mit Wikivoyage sprechen wird. Danach geht es weiter nach Bali.
Von der Reise wird der Cottbuser wieder Anregungen für das Mitmachportal mitbringen: "Ich werde sicher auch dieses Jahr wieder Input für weitere Artikel sammeln, wobei Singapur und Bali schon zwei ziemlich mächtige Baustellen sind."
Wikipedia ist das mit Abstand größte, aber längst nicht das einzige Projekt der Wikimedia-Familie. Daneben gibt es neun andere inhaltliche Schwesterportale mit Mitmachcharakter:
der Reiseführer Wikivoyage,
die Zitatesammlung Wikiquote,
das Wörterbuch Wiktionary,
das Nachrichtenportal Wikinews,
die Fach- und Sachbuchsammlung Wikibooks,
die Lehrmaterialplattform Wikiversity,
die Text- und Quellensammlung Wikisource,
das Artenverzeichnis Wikispecies sowie
die Bilderdatenbank Wikimedia Commons.
Die anderen Wikimedia-Projekte sind allerdings kaum bekannt und deutlich kleiner als Wikipedia. Die deutschsprachige Wikivoyage-Version beispielsweise enthält 20.000 Einträge, die deutschsprachige Ausgabe von Wikipedia kommt auf 2,8 Millionen Artikel. An der deutschsprachigen Wikipedia haben im Juni 2023 etwa 6.000 Nutzer*innen regelmäßig mitgeschrieben und in dem Monat fünf oder mehr Bearbeitungen vorgenommen, die Inhalte wurden eine Milliarde Mal aufgerufen. Bei Wikivoyage waren es aktive 35 Autor*innen und etwa vier Millionen Seitenaufrufe.
Quelle: Statistik für Wikipedia und für Wikivoyage
Der Wikimedia-Kosmos ist ein komplexes, transnationales Gebilde. Man könnte fast von den "Vereinigten Staaten von Wikimedia" reden. Die Projekte verfügen jeweils über eigene Communitys in verschiedenen Sprachversionen. Diesen ehrenamtlich arbeitenden Digital-Gemeinschaften steht die US-amerikanische Wikimedia Foundation als formale Organisation gegenüber. Die Stiftung betreibt mit etwa 700 Mitarbeiter*innen die verschiedenen Projekt-Webseiten, entwickelt die benötigte Technologie weiter und unterstützt die Communitys. Daneben gibt es 38 formal unabhängige nationale oder regionale "Chapter". Die größte Landesvertretung ist der Verein Wikimedia Deutschland - Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V. mit etwa 120 Angestellten. Die US-Stiftung und die Landesvertretungen finanzieren sich größtenteils über Spenden.
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