Die "Essbare Stadt": Mit "Urban Foraging" auf Nahrungssuche

    Städtische Food-Tour mal anders:Urban Foraging: Pflanzen in der Stadt sammeln

    von Thilo Hopert
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    Beim Urban Foraging sammelt man essbare Pflanzen im städtischen Raum. Woher der Trend kommt, wie Mensch und Natur davon profitieren und worauf man beim Sammeln achten sollte.

    Eine Person sammelt wild wachsenden Bärlauch.
    Bärlauch, Äpfel, Holunder und mehr: In den Städten gibt es einige essbare Pflanzen, die man sammeln kann. Was ist dabei zu beachten?
    Quelle: dpa

    Heidelbeeren, Kirschen, Bärlauch oder Giersch - die Natur in den Städten liefert neben dem satten Grün zwischen Asphalt und Beton auch den einen oder anderen Snack. Beim Urban Foraging geht es darum, diesen zu finden und die eigene Stadt neu zu entdecken.

    Altes Wissen neu interpretiert

    Das englische Wort "Foraging" bedeutet so viel wie "Sammeln" oder "Nahrungssuche"; Urban Foraging ist also das Sammeln von Nahrung im urbanen Raum. Was derzeit als neuer Begriff aus dem US-amerikanischen Raum in deutsche Städte schwappt ist "nichts anderes als ein altes Konzept, nämlich, sich aus der Umgebung zu ernähren", sagt Marja Rottleb, Referentin für Umfeldberatung und Garten beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).
    Leonie Fischer, Leiterin des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie an der Universität Stuttgart, forscht zu dem Thema: "Wir haben herausgefunden, dass viele Menschen, die aktiv sammeln, dieses Wissen aus älteren Generationen, zum Beispiel von den Großeltern, gelernt haben."
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    Urban Foraging fördert die Biodiversität

    NABU-Expertin Marja Rottleb sieht den Trend positiv, denn das Urban Foraging sorge dafür, dass viele Pflanzen, die in Vergessenheit geraten sind, wieder in das Bewusstsein der Menschen rücken, wie etwa der Weißdorn oder die Kornelkirsche.
    So könne Urban Foraging wiederum zur Biodiversität beitragen sagt Rottleb. "Essbare Pflanzen haben meistens einen Wert für Insekten." Beispiele seien die bereits erwähnte Kornelkirsche, Apfelbäume, verschiedene Kräuter aber auch Gänseblümchen oder die Brennnessel. Diese sei zum Beispiel eine wichtige Raupenfutterpflanze, 36 Falterarten lebten von ihr, erklärt Rottleb.

    Pflanzen sammeln für mehr Umweltbewusstein

    Urban Foraging könne einen Beitrag zur Umweltbildung leisten, denn man könne viel über die Natur lernen, sagt NABU-Expertin Rottleb. Personen, die sammeln, würden sehr behutsam und fürsorglich mit der Natur umgehen und darauf achten, dass nichts zu Schaden kommt.

    Wer viel in der Natur unterwegs ist, kümmert sich auch besser um sie.

    Leonie Fischer, Leiterin des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie, Universität Stuttgart

    Am Ende gehe es auch um sozialen Zusammenhalt, sagt Leonie Fischer. "Das ist ähnlich wie beim urbanen Gärtnern, dass viele Menschen solche Aktivitäten auch deshalb schätzen, weil sie dadurch im Austausch mit anderen sind und somit Teil einer funktionierenden Gemeinschaft."

    Urban Foraging wird in immer mehr Städten gefördert wie zum Beispiel in Andernach, Haar, Kassel, Krefeld oder München. Grünflächen werden umgestaltet, das öffentliche Gärtnern wird gefördert - es entsteht eine "Essbare Stadt", so der Name verschiedener Projekte.

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    Das ist beim Urban Foraging zu beachten

    Wichtig beim Urban Foraging ist ein solides Wissen über die Pflanzen, Pilze oder Früchte, die man sammeln möchte. Da sich einige essbare und giftige Pflanzen sehr ähnlich sehen, können sie leicht verwechselt werden - dann besteht Vergiftungsgefahr. Beispiele sind etwa Bärlauch und Maiglöckchen oder Eibe und Tannengrün. Verschiedene Websites, Apps oder Bücher können bei der Bestimmung helfen und sollten unbedingt zurate gezogen werden.
    Außerdem sollte beachtet werden, dass nicht überall gesammelt werden darf. Auf privaten Grundstücken darf man nur pflücken, wenn die Besitzer dies erlauben. Auf öffentlichen Flächen darf hingegen grundsätzlich gesammelt werden. Hier gilt die sogenannte Handstraußregel. Sie ist im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, §39 (3)) geregelt: "Jeder darf wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen." Die Mengen sind per Faustformel abzumessen: Für Blumen sind es etwa so viele, wie zwischen Daumen und Zeigefinger passen, bei Pilzen ist ein gesammelter Korb (etwa ein bis zwei Kilogramm) erlaubt. Wichtig: Gesammelt werden darf nur für den privaten, nicht für den gewerblichen Gebrauch.

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