Bio oder konventionell: Tomaten sollten aus Region stammen
Bio oder konventionell:Tomaten aus der Region am besten
von Mario Shabaviz
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Ein Lieblingsgemüse in Deutschland ist die Tomate. Bei der Erzeugung sind Bio-Anbau und regionale Herkunft zwar besser, aber auch konventioneller Anbau in der Region kann punkten.
Neben den Niederlanden ist Spanien der Hauptlieferant für Tomaten.
Quelle: dpa
Rot, lecker und gesund: Aus gutem Grund sind Tomaten das beliebteste Gemüse. Rund 30 Kilo davon verbrauchen wir pro Kopf und Jahr - da sind verarbeitete Produkte wie Ketchup und Tomatensauce mit eingerechnet. Gut 12 Kilo werden pro Kopf und Jahr als frische Ware verzehrt.
Supermarkt: Die meisten Tomaten Importware
Im Supermarkt und beim Discounter gibt's bei Tomaten eine breite Auswahl zwischen konventionell erzeugt oder Bio-Anbau. Das meiste ist Importware, aber auch aus heimischem Anbau stammt manches Angebot.
Zahlen zeigen: Wenn Bio, kaufen die meisten am ehesten beim Discounter:
Hauptzeit für regionalem Anbau: Mai bis Ende September
Zwar sind Tomaten aus inländischem Anbau ganzjährig erhältlich, so der Deutsche Bauernverband. Aber die Hauptmenge werde tatsächlich zurzeit produziert, so der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken.
"Die Haupterntezeit für Tomaten ist hierzulande von Mai bis September, in diesem Zeitraum werden 75 Prozent der Gesamterntemenge geerntet und verkauft", erläutert Krüsken. Zum Vergleich: 2022 wurden zusätzlich rund 743.000 Tonnen Tomaten netto importiert, zumeist aus den Niederlanden, Spanien, Belgien und Marokko.
Quelle: dpa
Nach Europa kam die Tomate erst um 1500 mit dem spanischen Entdecker Christoph Kolumbus, damit zählt sie zu den neuen Pflanzen. Über zunächst Spanien, Portugal und Italien kam die Tomate in die nördlichen Gefilde unseres Kontinents, in Deutschland wurde sie erstmals 1553 erwähnt.
Weltweit ist die Tomate heute das meistangebaute Gemüse mit einer Jahresproduktion von 190 Millionen Tonnen. Ein Drittel davon stammt aus China. Der Jahresverbrauch an Tomaten - Pizza, Ketchup, Saucen und Co. sowie die Gastronomie mitgerechnet - liegt in Deutschland aktuell bei 2,5 Millionen Tonnen. Gemessen daran liegt der deutsche Anbau (Selbstversorgungsgrad) bei gerade einmal vier Prozent davon.
Deutschland: Konventioneller Anbau von Tomaten dominiert
Nach Erzeugungsart und -menge dominieren auch hierzulande konventionelle Tomaten deutlich. Zwar werden inzwischen auf etwa 20 Prozent der Anbaufläche Bio-Tomaten angebaut. Bei der gesamten Erntemenge kommen sie aber nur auf einen Anteil von elf Prozent. Denn der Verzicht auf Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel führt bei Bio-Tomaten zu weniger Ertrag.
Neue Versuche in der Landwirtschaft wollen CO2 im Boden binden. Mit dem sogenannten Carbon Farming soll so dem Klimawandel entgegengewirkt werden.12.07.2023 | 2:02 min
Tomaten werden meistens unter Glas angebaut
Gemeinsam haben beide Erzeugungsarten, dass sie fast vollständig unter Glas angebaut werden. Und je nach Jahreszeit zusätzliches Licht und Beheizung benötigen. Bio-Tomaten müssen dabei jedoch in Erde wurzeln, im konventionellen Anbau wachsen die Pflanzen dagegen meist auf einer künstlich hergestellten Unterlage, auf Steinwollematten.
Rispentomaten sollten immer bei 15 bis 18 Grad Celsius aufbewahrt werden, damit die Früchte an der Rispe haften bleiben. Je kühler die Temperatur und je länger die Lagerdauer, desto eher leidet die Qualität im Innern der Tomate.
Daher gilt auch im Haushalt: Tomaten nicht im Kühlschrank lagern! Sind Früchte kalt gelagert worden, kann man sie vor dem Verzehr einige Stunden bei Zimmertemperatur halten, was hilft, den Geschmack wieder etwas zu verbessern.
Den Strunk oder Stiel bei der Lagerung immer dran lassen: So hält sich die Tomate insgesamt länger und auch ihr Aroma. Spätestens nach einer Woche sollten frische Tomaten verbraucht werden.
Bessere CO2-Bilanz für konventionelle Tomaten in der Saison
Doch was bedeuten die beiden Erzeugungsarten für den Verbraucher: Ist Bio automatisch immer besser? Beim Heidelberger Ifeu-Institut hat man sich schon vor drei Jahren den CO2-Fußabdruck vieler Lebensmittel genauer angeschaut, darunter auch für saisonale konventionelle Tomaten und frische Bio-Tomaten aus Deutschland.
Das etwas überraschende Ergebnis: In der Saison fiel die CO2-Bilanz bei konventionellen Tomaten aus heimischer Erzeugung mit 0,3 Kilogramm CO2 pro Kilo Tomaten klar besser aus als bei heimischen Bio-Tomaten mit 1,1 Kilogramm CO2 pro Kilo Tomaten. Der Grund dafür: Wegen geringerer Erträge und durch den Verzicht auf chemischen Dünger benötigen Bio-Tomaten mehr Anbaufläche und auch etwas mehr Aufwand.
Dennoch ist die generelle Empfehlung der Forscher aus ökologischen Gründen insgesamt eindeutig: "Durch Vorteile bei anderen Umweltaspekten wie dem Verzicht auf jegliche Pestizide und den Beitrag zum Erhalt der Bio-Diversität, kann man dennoch immer vorrangig Bio-Lebensmittel empfehlen", so Guido Reinhardt, einer der Autoren der Studie.
Was bedeuten die unterschiedlichen Bio-Siegel?
Erdmann: Ökologischer Anbau am umweltfreundlichsten
Und da allein schon die Herstellung von Pestiziden und Düngemitteln energieintensiv und belastend für die Umwelt sei, wäre der Verzicht darauf schon ein Plus der Bio-Tomate, betont Saskia Erdmann von der Verbraucherzentrale Berlin.
In der Rushhour des Lebens stehen viele Menschen mitten im Berufsleben. Zudem haben sie oft mit Kindern und Haushalt alle Hände voll zu tun. Gesund leben da die wenigsten.
von Luisa Billmayer
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Bio-Tomaten mit höherem Gehalt gesunder Inhaltsstoffe
Für Bio-Tomaten spricht auch ihr im Durchschnitt höherer Gehalt an Vitamin C und gesunden sekundären Pflanzenstoffen aufwiesen. Den belegte eine Studie aus Brasilien schon vor zehn Jahren. Laut Experten ist das die Folge von sogenanntem positiven Wachstumsstress ohne Einsatz von Kunstdünger. Auch eine Studie aus Bayern von 2014 bestätigte diese Vorzüge des Bio-Anbaus bei Tomaten gegenüber dem konventionellen.
Das Fazit für die warmen Monate ist klar: besser regionale Tomaten anstelle von Importware essen. Und Bio aus der Region, wenn der Geldbeutel es zulässt.
Mario Shabaviz ist Redakteur des ZDF-Magazins WISO.
Alternative Einkaufsmöglichkeiten
In vielen Städten gibt es "Marktschwärmereien". Über das Internet können Verbraucher*innen Produkte direkt bei Erzeuger*innen in der Nähe bestellen. Die Lebensmittel werden einmal pro Woche an eine selbst ausgewählte Abholstation in der Stadt geliefert. Dort holen die Verbraucher*innen ihre Lebensmittel ab. Der Transportweg von Erzeuger*in bis zur sogenannten "Schwärmerei" wird bei der Bestellung angezeigt. Die Produkte sind ökologisch oder konventionell angebaut.
Mit der "Solidarischen Landwirtschaft" beziehen Verbraucher*innen portionsweise Obst und Gemüse, manchmal auch weitere Produkte wie Eier oder Käse, von Landwirt*innen in ihrer Nähe. Es wird ein monatlicher Betrag pro Portion bezahlt. Die Mengen der Portionen schwanken je nach Ertrag und Jahreszeit. Weiterhin übernehmen Mitglieder Arbeitseinsätze auf dem Hof und bekommen dadurch Einblicke in die Arbeit der Landwirt*innen. Auch hier werden die Portionen regelmäßig an eine Abgabestelle geliefert, wo sie abgeholt werden müssen.
"Lebensmittelkooperativen" bestellen Waren gemeinsam direkt bei Erzeuger*innen. Die Produkte werden zum Selbstkostenpreis mit einem geringen Aufschlag weitergegeben. Mitglieder der Kooperative übernehmen entweder Teile der anfallenden Arbeit wie Bestellungen, Abrechnungen, Einsortieren, Verkaufen oder zahlen einen monatlichen Mitgliederpreis. Die Mitglieder haben ein Mitbestimmungsrecht beim Wareneinkauf bei den Erzeuger*innen. Häufig wird für Frischware mit regionalen Landwirt*innen kooperiert. Auf Grund des größeren Sortiments stammen meist nicht alle Lebensmittel aus Deutschland.