Stiftung Warentest: Viele Konserven enthalten Chemikalie BPA
Besorgniserregender Fund:Stiftung Warentest warnt vor Konserven
von Christina-Maria Pfersdorf
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Stiftung Warentest hat Gemüse- und Lebensmittelkonserven überprüft. In fast 90 Prozent der getesteten Konserven fanden sich BPA-Rückstände. Was das für Verbraucher bedeutet.
Stiftung Warentest warnt vor Konserven mit verschiedenen Lebensmitteln: Sie sind oft mit Bisphenol A belastet. Warum BPA in Konserven zu vermeiden ist.
Quelle: dpa
Für die aktuelle Mai-Ausgabe hat Stiftung Warentest 58 Konserven genauer untersucht: Lediglich in einer Dose mit Erbsen und Möhren sowie in allen Kondensmilch-Produkten wurden keine Rückstände des Weichmachers Bisphenol A gefunden. Warum gerade darin keine Spuren der Chemikalie waren, ist für die Tester unklar. Annika Scheerer von Stiftung Warentest sagt: "Je weniger Essen aus Konserven verzehrt wird, umso besser."
Laut einer Studie sind die meisten Europäer der giftigen Chemikalie Bisphenol A ausgesetzt. Der Stoff taucht in unzähligen Lebensmittelverpackungen auf und schädigt die Gesundheit.
Besorgniserregende Chemikalie BPA
Bisphenol A, kurz BPA, wird häufig für die Innenbeschichtung von Dosen verwendet. Die Europäische Chemikalienagentur hat die Substanz als "besonders besorgniserregend" eingestuft. Nehmen wir über unsere Nahrung vermehrt BPA auf, kann das gesundheitliche Folgen haben. Die Substanz soll unser Hormonsystem beeinflussen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Außerdem steht sie im Verdacht Brustkrebs, Übergewicht und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern zu begünstigen.
Manche Experten sehen zudem eine Gefahr fürs Immunsystem. Allerdings sind sich Wissenschaftler und Behörden über die Studienlage uneins und somit auch über die Grenzwerte der Aufnahme von BPA.
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Bisphenol A: Streit um Grenzwerte
Für ihre Testergebnisse hat Stiftung Warentest daher zwei unterschiedliche Grenzwerte als Maßstab genommen. Die Höchstmenge des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und die der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Letztere hat im vergangenen Jahr die Grenzwerte von BPA um ein 20.000-Faches herabgesetzt.
Auch das BfR senkte seinen Richtwert, den sogenannten TDI (tolerable daily intake). Dennoch sieht das BfR in den aktuellen Testergebnissen keine Gefahren für die Verbraucher: "Auf der Basis der von der Stiftung Warentest ermittelten BPA-Gehalte in Dosenlebensmitteln und der durch Stiftung Warentest angenommenen täglichen Verzehrmengen, ergibt sich für keines der untersuchten Produkte eine Überschreitung des BfR-TDI", so das BfR auf ZDF-Anfrage.
Denn für die deutsche Behörde ist eine tägliche Aufnahme von 200 Nanogramm BPA pro Kilogramm Körpergewicht noch tolerabel. Die EFSA hingegen sieht Risiken bereits ab einer täglichen Aufnahme von 0,2 Nanogramm pro Kilo Körpergewicht.
Stiftung Warentest: Weitere Forschung nötig
Es müsse weiter daran geforscht werden, mit welchem Wert sich die Gefährdung durch BPA besser abschätzen lässt, so die Expertin von Stiftung Warentest. Wegen dieser Unklarheit gibt es im aktuellen Test unterschiedliche Bewertungen. Doch bei vierzehn der getesteten Produkte, darunter eine Fischalternative, Thunfischfilets sowie zehn Suppen und Eintöpfe, ist die Belastung selbst nach den Grenzwerten der Deutschen Behörde deutlich bis stark.
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von Monique Marmodée
mit Video
Chemikalie auch in BPA-freien Konserven gefunden
Mittlerweile verzichten viele Dosen-Hersteller auf die Verwendung von BPA für die Beschichtung. Dennoch werden Rückstände auch immer wieder in solchen als BPA-frei deklarierten Dosen gefunden. Experten vermuten, dass bei der Dosenherstellung BPA-Spuren von der Blechaußenseite an die Innenseite übergehen können.
Laut Stiftung Warentest haben manche betroffene Unternehmen angegeben, dass die Lebensmittel selbst durch Umwelteinflüsse belastet gewesen sein könnten. Doch bei einem vergleichbaren Test von Öko-Test, bei dem im vergangenen Sommer Tomatenkonserven untersucht wurden, kam heraus: Die Tomaten, die im Glas verkauft werden, enthielten kein BPA.
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Bisphenol A findet sich in vielen Alltagsgegenständen mit Polycarbonat - zum Beispiel in Smartphones, in Aufbewahrungsboxen und Flaschen für Lebensmittel sowie Geschirr. Zudem kommt die Substanz in Produkten mit Epoxidharzen vor, etwa in manchen Trinkwasserleitungen. Die Harze werden auch für Klebstoffe verwendet.
In Babyfläschchen und Kassenbons ist die Substanz EU-weit verboten.
Quelle: Stiftung Warentest
Weil man aktuell noch nicht wisse, ab welchem Grenzwert BPA gefährlich werden kann, solle man Konservendosen so gut es geht vermeiden und frisch kochen oder zu Alternativen greifen, wie zum Beispiel Tiefkühlprodukte. Scheerer rät außerdem: "Bei einigen Lebensmitteln gibt es Alternativprodukte in Glas- oder Kartonverpackungen. Wenn sich die Konserve nicht ersetzen lässt, wählen Sie die Dosen mit der geringsten Belastung."
Zu den 58 getesteten Lebensmittel zählen Eintöpfe, Suppen, Erbsen und Möhren, Kokosmilch, Thunfisch und Tomaten, inklusive Bioprodukte. Am stärksten belastet war die Bio-Kokosmilch Naturgut von Penny mit 54,7 Mikrogramm BPA pro Kilogramm und ein Fisch-Ersatz-Produkt von Fish4ever mit 41,5 Mikrogramm BPA pro Kilogramm. In der Produktgruppe Eintöpfe und Suppen fanden die Tester auffallend viele Produkte mit verhältnismäßig hohen BPA-Gehalten.
Christina-Maria Pfersdorf ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich"