Öko-Test prüft Leinsamen: Blausäure und Cadmium entdeckt
Öko-Test prüft "Superfood":Leinsamen im Test: Nur ein Produkt überzeugt
von Florence-Anne Kälble
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Leinsamen gelten als gesunder Ballaststofflieferant, problematisch ist jedoch die Blausäure-Bildung. Öko-Test hat 19 Produkte getestet: Nur eines schneidet mit Bestnote ab.
Leinsamen sind beliebt und gelten als sehr gesund. Öko-Test hat 19 Produkte unter die Lupe genommen und dabei giftige Blausäure und andere Stoffe entdeckt.
Quelle: MEV
Wegen ihres hohen Ballaststoffgehalts und Quellvermögens gelten Leinsamen als verdauungsfördernd. Sie sollen reich an Omega-3-Fettsäuren und Proteinen sein. Gemeinhin werden sie als Superfood bezeichnet. Öko-Test hat aktuell 19 Produkte unter die Lupe genommen: Testsieger sind die "Crownfield bio Leinsamen geschrotet" von Lidl. Als einziges Produkt erhielten sie die Note "sehr gut". Problematische Stoffe fand das Labor darin nur in Spuren.
Leinsamen: Giftige Blausäure in allen Produkten
Die gesundheitsförderlichen Stoffe sind laut Öko-Test in geschroteter Form besser verfügbar als in den ganzen Samen. Jedoch sei das Schroten problematisch. Es setze giftige Blausäure enzymatisch frei. Das Labor wies die Substanz in allen Produkten in unterschiedlichen Mengen nach. Bei 13 der 19 Produkte wurde der Gehalt als "erhöht" eingestuft.
Das Problem mit der Blausäure
Blausäure ensteht aus bestimmten in Leinsamen enthaltenen sekundären Pflanzenstoffen. Ab einer gewissen Konzentration im Körper könne es zu Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Atemnot und Schwindel kommen. In schweren Fällen, so Öko-Test, könnte Blausäure sogar bis zum Koma oder zum Tod führen.
Das Blausäure-Problem sei nicht neu, betonte Öko-Test. Es habe sich seit dem letzten Leinsamen-Test viel geändert: Seit 2023 gelten in der EU Grenzwerte. Bei Samen für den Rohverzehr liege dieser bei 150 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Durch Erhitzen der Samen verflüchtige sich die Blausäure. Bringen Hersteller auf der Verpackungsvorderseite den Warnhinweis "Nur zum Kochen und Backen verwenden. Nicht roh verzehren" an, gelte ein höherer Grenzwert von 250 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Auf den meisten der getesteten Produkte war der Hinweis enthalten.
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Fehlende Warnhinweise bei manchen Produkten
Öko-Test betonte, dass auf den Verpackungen Verzehrbeschränkungen stehen sollten, wie sie im österreichischen Lebensmittelbuch vorgegeben sind. In Deutschland gebe es diese Kennzeichnungspflicht jedoch nicht. Bei elf Produkten waren die Hinweise zum Erhitzen und zur Verzehrmenge unvollständig oder fehlten ganz. Zudem forderten die Tester, dass wegen der starken Quellfähigkeit der Samen ein Hinweis auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr vorhanden sein sollte. Bei vier Produkten fehlte dieser.
Mineralölrückstände in Leinsamen gefunden
Mineralölrückstände in Leinsamen entstammten externen Quellen, so Öko-Test. Bei dem Produkt "Dennree Leinsaat geschrotet" von Estyria (Note "ungenügend") wies das Labor einen mehr als doppelt so hohen Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge) nach, als der von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) festgelegte Orientierungswert. Die aus ihrer Sicht erhöhten Werte an MOSH/MOSH-Analogen kritisierte Öko-Test in sechs weiteren Produkten.
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Auch aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) fand das Labor in Mengen, die den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Höchstgehalt überschritten. Gerade MOAH seien problematisch, da sie laut Öko-Test krebserregende Bestandteile enthalten könnten. Es sei aber noch unklar, ob sich MOAH im Körper anreichern könne, so die Tester.
Leinsamen sind fettreiche Ölsaaten, die besonders anfällig für Fettverderb seien. Eine zunehmende Bitterkeit sei ein Zeichen von Alterung, erläutert Öko-Test. Auswirkungen auf die Gesundheit sind dadurch aber nicht zu befürchten.
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Verbotenes Insektizid entdeckt
In den "Bio Primo Leinsamen geschrotet" (Note "ungenügend") wurde das als besonders bedenklich eingestufte Insektizid Chlorpyrifos in einer Menge, die den gesetzlichen Grenzwert überschreitet, nachgewiesen. In der EU ist Chlorpyrifos in der Landwirtschaft verboten. Die Charge stamme aus Indien, doch auch diese Ware muss mindestens den EU-Vorgaben für Pestizidrückstände entsprechen, betonte Öko-Test.
Leinsamen mit Cadmium entdeckt
In den "K-Bio Leinsamen fein geschrotet" (Note "ausreichend) wurde ein Cadmium-Gehalt nachgewiesen, der den in der EU geltenden Höchstwert zu mehr als der Hälfte ausschöpft. Das Schwermetall Cadmium könne sich in Leinsamen anreichern, gelte als giftig und nierenschädigend.
Testverfahren von Öko-Test
In Supermärkten, Discountern, Bio-Märkten und Drogerien wurden 19 braune, geschrotete Leinsamen gekauft. Alle Produkte stammen aus ökologischem Anbau. Die Kosten lagen zwischen 1,24 Euro und 4,98 Euro pro 400 Gramm.
Im Labor wurden die Produkte auf Verunreinigungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge/MOAH), Pestizidrückstände inklusive Glyphosat und auf das Schwermetall Cadmium überprüft sowie der Blausäuregehalt bestimmt. Daneben wurde die Fettverderblichkeit untersucht. Sensorik-Experten prüften alle Produkte auf Aussehen, Geruch und Geschmack sowie Konsistenz.
Anhand der Produktverpackungen wurde geschaut, ob vollständige Verzehrempfehlungen, wie sie das österreichische Lebensmittelbuch vorsieht, vorhanden sind. Daneben wurde geprüft, ob auf das hohe Quellvermögen hingewiesen wurde.
Rosinen punkten mit gesunden Nährstoffen. Jedoch zeigt Öko-Test, dass sie auch mit Pestiziden und Schimmelpilzen belastet sein können. Einige Produkte überzeugten trotzdem.
von Florence-Anne Kälble
Quelle: ZDF
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