Die Notrufnummern 110 und 112 kennt jedes Kind. Vor 50 Jahren wurden sie flächendeckend in Bund und Ländern eingeführt, zu einer Zeit, wo es noch Telefonzellen und Drehscheiben an Telefonen statt Smartphones gab.20.09.2023 | 2:54 min
Wie kam es zu den einheitlichen Nummern für Notrufe?
Ausgangspunkt ist ein Unfall am 3. Mai 1969. Der damals achtjährige Björn Steiger war auf dem Weg vom Schwimmbad nach Hause, als er beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst wurde. Etwa eine Stunde dauerte es, bis der Rettungswagen am Unfallort eintraf. Der Junge starb noch im Rettungswagen.
Zu dieser Zeit gab es in Deutschland kein gut funktionierendes Rettungssystem. Vor allem in ländlichen Gebieten musste man die Nummer der Polizei oder von einem Krankenhaus noch im Telefonbuch nachschlagen. In der DDR war die 110 für Polizei und
112 für die Feuerwehr bereits seit 1958 gültig.
"In diesem System in Deutschland, so wie es jetzt ist, sterben jeden Tag Menschen systembedingt", sagt Pierre-Enric Steiger, Präsident Björn Steiger Stiftung, zum 50-jährigen Jubiläum des zentralen Notrufs.20.09.2023 | 5:49 min
Nach dem Unfall ihres Sohnes wurden Ute und Siegfried Steiger zum Motor für ein besseres Rettungswesen mit einheitlichen Notrufnummern. "Unser Sohn hätte vielleicht gerettet werden können, doch 1969 gab es in Deutschland noch keinen funktionierenden Rettungsdienst", schreiben die Eltern im Rückblick. Noch im selben Jahr gründeten sie den Vorläufer der heutigen Björn-Steiger-Stiftung.
Im Frühjahr 1973 wurde die Notrufnummer 110/112 in allen Ortsnetzen der Deutschen Bundespost im damaligen Bundesgebiet Nordwürttemberg eingeführt. Als die bundesweite Einführung scheiterte, klagte Siegfried Steiger - und erreichte eine breite Unterstützung in der Öffentlichkeit.
Am 20. September 1973 wurde die Einführung des Notrufes für Deutschland auf einer Sitzung der Ministerpräsidenten mit dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (
SPD) beschlossen. Bis in West-Deutschland die 110 und 112 nach dem Beschluss von 1973 tatsächlich überall verfügbar war, dauerte es noch einige Jahre. Das letzte Ortsnetz wurde der Björn-Steiger-Stiftung zufolge Ende 1979 damit ausgestattet.
Rettungssanitäter Luis Teichmann und Gesundheitswesenexperte Prof. Thomas Krafft sprechen bei ZDFheute live über die
Überlastung der Notfallrettung. Bricht das System zusammen?30.12.2022 | 35:27 min
Wie oft werden die Notrufnummern heutzutage genutzt?
Mittlerweile gehen rund 41.000 Anrufe an einem durchschnittlichen Werktag bei Notrufzentralen in Deutschland ein, zeigen Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Bundesanstalt für Straßenwesen für die Jahre 2016 und 2017. Am Wochenende seien es etwa 10.000 Anrufe weniger. Demnach stuft das Leitstellenpersonal 52,5 Prozent des Einsatzaufkommens als Notfälle ein, der Rest entfällt in die Kategorie Krankentransport.
Wie muss ich einen Notruf absetzen? Die fünf W-Fragen
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Bei einem Notfall zählt jede Sekunde. Als Anrufer sollte man folgende Informationen durchgeben:
1. Wo ist das Ereignis?
Der Ort des Ereignisses sollte so genau wie möglich angegeben werden. Neben Straßenname und Hausnummer sollte das bei Wohnungen auch das Stockwerk sein. Am besten auch Besonderheiten wie Hinterhof nennen. Außerhalb von Orten möglichst den Straßentyp und Kilometerangaben mitteilen.
2. Wer ruft an?
Geben Sie neben Ihrem Namen auch Ihren Standort an sowie eine Telefonnummer für Rückfragen an.
Wann sollte ein Notruf abgesetzt werden? Und welche Infos müssen Anrufer*innen durchgeben? Dr. Christoph Specht erläutert, was es zu beachten gilt. 20.09.2023 | 2:23 min
3. Was ist geschehen?
Beschreiben Sie knapp, was geschehen ist und was Sie sehen.
4. Wie viele Betroffene?
Schätzen Sie, wie viele Personen betroffen sind von dem Notfall sowie ihre Verletzungen. Bei Kindern hilft auch das geschätzte Alter.
5. Warten auf Rückfragen
Nach dem Mitteilen der wichtigsten Informationen warten Sie bitte noch, ob es Rückfragen gibt.
Welche Probleme gibt es beim Notruf?
Zunehmend werde der Notruf auch in weniger gravierenden Situationen genutzt, beispielsweise bei Kopfschmerzen, sagt Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn-Steiger-Stiftung. "Das ist absolut kein Einsatzszenario für den Notarzt", betont er. Früher hätte die Bevölkerung eine hohe Hemmschwelle bei Notrufen gehabt, doch seit ungefähr 15 Jahren gebe es das umgekehrte Phänomen. Wenn nicht gerade Lebensgefahr besteht und alle Arztpraxen geschlossen sind, sollten Betroffene dem Gesundheitsministerium zufolge statt der 112 den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116117 anrufen.
Täter missbrauchen massenweise eine staatlich finanzierte Notruf-App, hetzen ihren Opfern Feuerwehr und Polizei auf den Hals. ZDFheute hat mit einem Swatting-Opfer gesprochen.
von Oliver Klein
Quelle: Mit Material von KNA, dpa