Liquid Food: Wie gesund sind Trinkmahlzeiten wirklich?

    Trinken statt Essen:Flüssignahrung: Wie gesund ist Liquid Food?

    von Bonnie Kruse
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    Schütteln, trinken, satt sein: Trinkmahlzeiten sollen das Frühstück, Mittag-, oder Abendessen ersetzen. Ob Liquid Food nährreich und gesund ist, erklärt ein Ernährungsforscher.

    Mehrere transparente Plastikflaschen, die mit einem Schoko-Dink gefüllt sind.
    Liquid Food ist praktisch, da man damit schnell den Hunger stillen kann. Aber wie gesund sind Trinkmahlzeiten wirklich?
    Quelle: imago/Zoonar

    Auf dem Weg ins Büro, nach dem Sport oder als schnelles Mittagessen zwischen zwei Meetings: Liquid Food soll laut Herstellern eine praktische und schnelle Alternative zu festen Mahlzeiten sein. Durch die enthaltenen Vitamine, Mineralstoffe und Proteine soll es im Vergleich zu Fast Food auch nahrhafter sein. Nährstoffe aus Liquid Foods würden typischerweise sehr gut aufgenommen, erklärt Ernährungsforscher Stefan Kabisch von der Berliner Charité.

    In der Regel geht das schneller als bei einer herkömmlichen Mahlzeit, die man kauen muss.

    Dr. med. Stefan Kabisch, Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin, Charité Berlin

    Doch genau da liegt das Problem.
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    An Flüssigmahlzeiten kommt man im Supermarkt kaum mehr vorbei. Wie gesund sind sie wirklich und wie lukrativ ist das Geschäft mit der Mahlzeit als Getränk?17.10.2022 | 15:52 min

    Trinkmahlzeit lässt Blutzuckerspiegel rasch ansteigen

    Während feste Nahrung durch das Kauen langsamer verdaut wird, finden Verdauungsprozesse bei flüssiger Nahrung gar nicht erst statt. "Diese besonders schnelle Aufnahme ist eher ungünstig, denn sie provoziert einen starken Anstieg des Blutzuckers in kurzer Zeit und eine starke Gegenreaktion mit Insulin", erklärt Kabisch.

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    Infolgedessen tritt ein starker Blutzuckerabfall auf und der Körper gibt das Signal, wieder etwas essen zu müssen. "Wenn der Zuckeranteil im Produkt dann auch noch besonders hoch ist, fällt dieser Effekt umso stärker aus", sagt Stefan Kabisch. Werden die Mahlzeiten dagegen gekaut, ist die Blutzuckerkurve in der Regel flacher.

    Je länger man kaut, umso stärker der Sättigungseffekt.

    Dr. med. Stefan Kabisch, Charité Berlin

    Das führt auch zu einer konstanteren Energieversorgung. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät dazu, bewusst zu essen und langsam zu kauen. Im hektischen Alltag neigen wir jedoch dazu, unser Essen herunterzuschlingen - und limitieren damit die positiven Effekte, die das Kauen auf die Verdauung hat.

    Das Kauen hat wichtige Funktionen:

    • Die Zähne zermahlen den Bissen, die Enzyme im Speichel können die Verdauung leichter starten.
    • Das Essen wird durch das Kauen gleitfähig.
    • Achtsames Kauen gibt Geschmacksstoffe frei, fördert das Sättigungsgefühl und schont Magen und Darm.
    • Der entstehende Speichel schützt die Zähne, indem er schädliche Säuren im Mund neutralisiert.
    • Kauen kann zur Vorbeugung von Verstopfungen, Blähungen und Durchfall beitragen.

    Versteckter Zucker in Liquid Food

    Oftmals stecken in Trinkmahlzeiten versteckte Zucker, in der Zutatenliste erkennbar an den Bezeichnungen Maltodextrin, Glucose oder Saccharose sowie generell an Stoffen, die auf -ose enden. Lactose, also Milchzucker, kommt in Trinkmahlzeiten vor, die Milch enthalten.
    Viele Hersteller werben damit, dass in Liquid Food kein raffinierter Zucker steckt, doch auch künstlicher Süßstoff ist keine gute Alternative, da er den Hunger auf Süßes vermutlich noch steigert.
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    Viele Makronährstoffe, zu wenig Mikronährstoffe

    Langfristig bestehe laut Kabisch das Risiko, durch Flüssignahrung zu viel energietragende Makronährstoffe, aber zu wenig Mikronährstoffe aufzunehmen. "Außerdem kann es zu einer Entwöhnung von konventionellen Lebensmitteln sowie deren Geschmacksprofil, Verarbeitungsformen und Vielfalt kommen", so der Ernährungsforscher.
    Mahlzeiten verdienten zudem einen achtsamen Verzehr mit ausreichend Zeit und Ruhe, ergänzt Kabisch. Sie sollten nicht im Gehen erfolgen oder in kurze Pausen gequetscht werden.

    Damit unser Körper über ausreichend Energie zum Leben verfügt, benötigt er Nährstoffe. Diese werden in Makro- und Mikronährstoffe unterteilt.

    Makronährstoffe brauchen wir in großen Mengen, dazu zählen Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette.

    Mikronährstoffe benötigt unser Körper zwar in geringeren Mengen, doch ohne sie würden Stoffwechsel und Immunsystem nicht funktionieren. Zu den Mikronährstoffen gehören Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, die für Wachstum und Entwicklung sorgen, die Zell- und Gewebeerneuerungen ermöglichen und Abwehr- und Reparaturvorgänge steuern.

    Kaloriendichte in Trinkmahlzeiten

    Für den Mediziner stellen Trinkmahlzeiten keinen Ersatz für eine ausgewogene und gesunde Ernährung dar. Für ihn sind sie entbehrlich. "Wer als gesunder Mensch bewusst auf Liquid Foods umsteigt - teilweise oder komplett - tut sich gesundheitlich keinen Gefallen."
    Die Verbraucherzentrale Bremen sieht das ähnlich: "Es ist nicht ratsam, mit der Trinknahrung regelmäßig Hauptmahlzeiten zu ersetzen." Eine 500 Milliliter-Flasche enthält immerhin rund 550 Kilokalorien, soviel steckt auch in etwa drei Kilogramm Tomaten oder 24 Möhren.
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    Trinkmahlzeit zum Abnehmen?

    Neben Trinkmahlzeiten gibt es auch eine Vielzahl an speziellen Proteindrinks für Sportler. Helfen diese auch beim Abnehmen, wenn man dafür eine feste Mahlzeit weglässt? "Zur Gewichtsreduktion zugelassen und dafür konzipiert sind nur sehr spezielle Flüssigmahlzeiten, sogenannte Formula-Diäten, deren Zusammensetzung für genau diesen Zweck festgelegt und bedarfsbilanziert ist", erklärt Stefan Kabisch.
    Proteindrinks für Sportlerinnen und Sportler erfüllten diese Vorgabe nicht, ergänzt der Ernährungsforscher und fügt hinzu: "Die Frage, ob, wie viel, wie schnell und wie man im Einzelfall abnehmen sollte, klärt man am besten im ärztlichen Gespräch."

    Nur zweimal Note "gut"
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    Diätdrink, Vanille, Symbolbild

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: dpa-Custom Content

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