Kinderbilder im Netz: Welche Gefahren bei Sharenting drohen

Kinderbilder auf Social Media:Welche Gefahr von Kinderfotos im Netz ausgeht

von Cornelia Petereit
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Filmen, knipsen, posten: Im Nu sind Fotos und Videos vom Nachwuchs in sozialen Medien geteilt. Doch Kinderfotos gehören nicht auf Instagram und Co., denn das birgt Risiken.

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Quelle: Colourbox.de

Kurz ein Foto geknipst - und schon gepostet. Wenn Schnappschüsse vom Spielnachmittag, Strandtag oder Zoobesuch im Netz landen, kann das bei einem Kind auf Dauer Schaden anrichten, ist Influencerin und Aktivistin Lena Jensen überzeugt. Sogar dann, wenn das Kind bekleidet und pornografischer Missbrauch scheinbar ausgeschlossen ist.

Kinder haben ein Recht auf einen geschützten Raum und auf Privatsphäre.

Lena Jensen, Influencerin

Wenn Bilder von der Kissenschlacht im Kinderzimmer oder dem Besuch in der Eisdiele im Netz sind, "können ganz viele Leute in diesen geschützten Raum gucken", erläutert Jensen. Eltern dürften nicht "auf Kosten des Kindes Content machen."
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Recht am eigenen Bild

Jensen fordert ein Verbot von privaten Kinderfotos im Netz, auf denen Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren abgebildet sind. Zwar haben sie nach der UN-Kinderrechtskonvention Persönlichkeitsrechte - und dazu gehört auch das Recht am eigenen Bild, doch ob Fotos geteilt werden, entscheiden bis zum 14. Lebensjahr die Erziehungsberechtigten, meist die Eltern. Jensen stellt klar, wie wichtig es ist, Kindern beizubringen, dass sie Rechte haben und Entscheidungen treffen dürfen. Sie findet, dass "Kinder eben nicht alles mit sich machen lassen müssen."

Keine Kinderbilder auf Social Media

Stolze Eltern präsentieren gerne ihren niedlichen oder erfolgreichen Nachwuchs. Auch Iren Schulz von der Initiative "SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht" ist der Meinung, Kinderfotos gehören auf keinen Fall in soziale Medien wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. Doch nicht nur das Posten sieht sie kritisch: Die Verbreitung über private Chats sei auch nicht hundertprozentig sicher, so die Medienpädagogin. Mit Screenshots oder Downloads blieben Bilder aus Chats, Stories und Profilen ewig im Netz, auch wenn sie längst gelöscht wurden.
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Schulz weiß aus Erfahrung, dass es einerseits zwar klare Grenzen brauche, andererseits müssten aber auch Möglichkeiten offenbleiben. "Denn keine Fotos verschicken, ist für Familien auch keine Lösung", so die Kommunikationswissenschaftlerin. Digitale Medien gehörten zum Alltag, "aber der Umgang damit muss zur Familie passen", betont Schulz. Sie rät, alle Verwandten und Freunde zu sensibilisieren und Regeln miteinander zu vereinbaren.

Machen Sie klar: Mit euch teilen heißt nicht, ihr könnt es an eure Freunde schicken.

Dr. Iren Schulz, Mediencoach

Die Expertinnen



Risiken durch Bilder im Netz

Influencerin Lena Jensen sieht für Kinder und Jugendliche eine wachsende Gefahr durch die ständige Präsenz im Netz. Nicht nur für Kinder von Celebrities, sondern auch für diejenigen, deren Eltern "einen die ganze Zeit abfilmen, auch wenn man mal mit dem Essen rumgeschmiert hat."
"Jeder weiß alles von dir: was dein Lieblingskuscheltier ist, was du gestern gegessen hast, dass deine Hose gerade kaputtgegangen ist." Die Wirkung dieser Postings könne ein Kind gar nicht abschätzen und "das möchte ein Kind vielleicht gar nicht", so Jensen. Es könne zu Mobbing kommen. Aber auch Depressionen könnten eine Folge des Gefühls von Kontrollverlust sein.

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Erwachsene müssen Vorbild sein

Lena Jensen warnt davor, Kinder dazu zu überreden, ein Foto zu posten. Schließlich hätten Erwachsene nicht immer recht und "Kinder müssen stark gemacht werden, das Verhalten von Erwachsenen zu hinterfragen", so die Influencerin und Mutter.
Dass die Grenzen von Kindern gewahrt werden müssten, unterstreicht auch Medienpädagogin Iren Schulz. Bei der Veröffentlichung und Verbreitung von pornografischem Material greife das Strafrecht, bei Cyber-Grooming sei schon die Absicht strafbar. Neben einer guten Gesetzgebung sieht sie auch die Erwachsenen als Vorbilder in der Pflicht.

Wenn wir Erwachsenen einen guten digitalen Umgang vorleben, orientieren sich die Kinder daran und schauen sich viel ab.

Dr. Iren Schulz, Medienpädagogin

Oft sehe sie Kinder, die regelrecht "fotomüde" seien, wenn sie in einer Szenerie stehen und lachen sollen. Spätestens dann müssten sich Erwachsene fragen: Brauchen wir wirklich diese Unmengen an Fotos?

Tipps und weiterführende Infos



Cornelia Petereit ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
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