Was eine Zuckersteuer bringen könnte

    Abgabe auf süße Softdrinks:Wie eine Zuckersteuer Milliarden sparen kann

    Jan Schneider
    von Jan Schneider
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    Eine Studie der TU München hat berechnet, wie sich eine Zuckersteuer auf Softdrinks auf die Gesundheit und auch auf das Gesundheitssystem auswirken würde.

    Ein Glas mit Cola steht neben einem Glas mit Orangenlimonade, Archivbild
    Cola und Limonade gelten als Softdrinks mit besonders viel Zucker (Symbolbild)
    Quelle: dpa

    Gezuckerte Getränke erhöhen das Risiko für Übergewicht und Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden. Einige Länder haben deswegen Steuern oder Abgaben auf Softdrinks eingeführt, um den Zuckergehalt oder den Konsum der Getränke zu senken. In Deutschland gibt es bislang lediglich eine Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie, den Zuckergehalt in Softdrinks zu reduzieren.
    Einer heute vorgestellten Studie zufolge könnte eine solche Reduzierung jede Menge Geld einsparen: Bis zu 16 Milliarden Euro könnte Deutschland in den nächsten 20 Jahren sparen, wenn auf Erfrischungsgetränke eine Zuckersteuer eingeführt würde, bilanziert das Forschungsteam von der Technischen Universität München und der britischen Universität Liverpool.

    Wie soll so eine Zuckersteuer funktionieren?

    Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Sondersteuer von mindestens 20 Prozent auf zuckerhaltige Getränke, um den Zuckerkonsum der Bevölkerung mitsamt seiner gesundheitlichen Folgen zu reduzieren. Die Studie aus München hat nun simuliert, ob das tatsächlich zum gewünschten Effekt führen würde. Ergebnis: Ja, würde es. Allerdings mache es einen Unterschied, ob die Abgabe darauf abzielt, den Softdrink-Konsum generell zu senken oder Rezeptur-Änderungen herbeizuführen.
    Wenn die Abgabe unabhängig vom Zuckergehalt fällig wird, führe dies internationalen Studien zufolge vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks. Der Zuckerkonsum würde so pro Tag und Person um ein Gramm sinken - in der Gruppe der Männer zwischen 30 und 49 Jahren wären es den Abschätzungen zufolge sogar knapp drei Gramm pro Tag.
    Richtet sich die Steuer hingegen nach der Zuckermenge, würden zudem die Rezepturen der Getränke verändert. In Großbritannien etwa, haben Hersteller bis zu 30 Prozent weniger Zucker in ihren Rezepturen gehabt, nachdem eine gestaffelte Hersteller-Abgabe eingeführt wurde. In Deutschland könnte damit der Pro-Kopf-Konsum um täglich 2,3 Gramm reduziert werden, bei den 30- bis 49-jährigen Männern gar um 6,1 Gramm.

    Wie soll die Zuckersteuer Geld einsparen?

    Bei beiden Besteuerungsvarianten gäbe es der Rechnung des Teams zufolge deutlich weniger Fälle von Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit einer Abgabe würden also weniger Behandlungen nötig, die Kosten durch Krankheitstage und Arbeitsunfähigkeit sänken ebenfalls.
    Für den Zeitraum 2023 bis 2043 hat das Team bei einer gestaffelten Herstellerabgabe volkswirtschaftliche Einsparungen von rund 16 Milliarden Euro errechnet, davon etwa 4 Milliarden Euro an Gesundheitskosten. Bei einer 20-prozentigen Steuer wären es immerhin insgesamt noch etwa 9,5 Milliarden Euro.

    Auch Todesfälle könnten verhindert oder verzögert werden

    Der Effekt einer Zuckersteuer bliebe nicht auf das Finanzielle beschränkt. In der Untersuchung konnten durch beide Varianten im Modellierungszeitraum Todesfälle vermieden oder verzögert werden. Im Falle der 20-prozentigen Steuer wären es 17.000 Todesfälle, bei der gestaffelten Unternehmens-Abgabe sogar 29.300. Für diesen Wert ist allerdings wichtig, dass "verhindert" und "verzögert" nicht getrennt modelliert wurden.
    Besonders groß seien die zu erwartenden Effekte außerdem bei Diabetes Typ 2:

    Durch eine Besteuerung würden unseren Modellen zufolge innerhalb der nächsten 20 Jahre bis zu 244.100 Menschen später oder gar nicht an Typ-2-Diabetes erkranken.

    Karl Emmert-Fees, Erstautor der Studie

    Effekt bei jüngeren Menschen noch größer

    Wichtig ist dabei zu wissen: Bei den Berechnungen wurden Menschen unter 30 Jahren nicht berücksichtigt, weil die meisten der modellierten Erkrankungen vor allem in der zweiten Lebenshälfte auftreten. Allerdings sei der Softdrink-Konsum im Teenageralter am höchsten, erläuterte Emmert-Fees.
    "Dementsprechend wäre die durchschnittliche Reduktion des Zuckerkonsums noch drastischer und der positive gesundheitliche Effekt noch größer, wenn wir jüngere Menschen mitberücksichtigen würden."
    Prädiabetes
    Volkskrankheit Diabetes - warum es so wichtig ist, die Erkrankung früh zu erkennen.14.11.2023 | 4:57 min

    Was passiert jetzt mit den Studienergebnissen?

    Die Studie aus München ist nicht die erste, die sich mit den gesundheitlichen Folgen von zu viel Zuckerkonsum auseinandersetzt. Bereits 2015 hatten Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg berechnet, dass ungesunde Ernährung mit zu viel Zucker, Salz und Fetten das Gesundheitssystem 16,8 Milliarden Euro kostet - jährlich. Andere Studien kommen zu ähnlich hohen Kosten, etwa im Bereich der Zahnmedizin.
    Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte bereits 2018 eine "Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie" zur Reduzierung von Zucker, Salz und Fetten verabschiedet. Doch bisher halten sich die Effekte der auf Freiwilligkeit basierenden Initiative in Grenzen: Die Zuckergehalte in Softdrinks sind nach wie vor hoch. In Softdrinks mit Kinderoptik sind sie laut Daten des Max Rubner Instituts sogar noch gestiegen. Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch kommt daher zu einem klaren Urteil:

    Diese Fakten liegen seit Jahren auf dem Tisch - und dennoch schaut die Ampel-Regierung weiter tatenlos dabei zu, wie Coca-Cola, Pepsi & Co. mit ihren überzuckerten Getränken schon junge Menschen krank machen. Eine Limo-Steuer kann den Zuckerrausch stoppen.

    Luise Molling, foodwatch Deutschland

    Zuckersteuer könnte "Puzzleteil" im Kampf gegen Übergewicht sein

    Wissenschaftler anderer Institute äußerten sich gemäßigter zu den Studienergebnissen: Die Zahlen seien nicht unbedingt überraschend, aber gesundheitspolitisch durchaus relevant. Oder wie es Dr. Sarah Forberger vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen ausdrückte:

    Egal welche Steuer gewählt wird, eine Besteuerung könnte ein Puzzleteil bei der Bekämpfung von Übergewicht sein.

    Dr. Sarah Forberger, BIPS

    Quelle: Mit Material von dpa

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