Suizid-Zahlen steigen - was sich dagegen tun lässt

    FAQ

    Gesellschaft gefordert:Suizid-Zahlen steigen - was sich tun lässt

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    Die Zahl der Suizide hat im Jahr 2023 deutlich zugenommen. Welche Gruppen betroffen sind, wie jeder helfen kann und was sich Angehörige wünschen.

    Der Schatten eines Menschen an einer Wand (Typical Depression).
    Oft nur noch ein Schatten ihrer selbst: Menschen, die an Suizid denken, brauchen Hilfe.
    Quelle: picture alliance / Zoonar

    Experten fordern stärkeres gesellschaftliches Engagement gegen Suizide. Es gehe darum, von einer Kultur des Schweigens und des mangelnden Verständnisses zu einer Kultur der Offenheit, des Mitgefühls und der Unterstützung überzugehen, sagte der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro), Reinhard Lindner, am Wochenende in Kassel. Suizide seien vermeidbar; dafür brauche es Wissen und aktive Initiativen sowie Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen.
    Finden Sie hier die wichtigsten Anlaufstellen:




    Wie haben sich die Suizidzahlen entwickelt?

    2023 haben sich 10.304 Menschen in Deutschland durch Suizid das Leben genommen. Dies waren 184 Fälle mehr als im Jahr zuvor und die höchsten Zahlen seit 1995. Das bedeutet, dass täglich knapp 28 Menschen einen Suizid begehen. Das sind mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen. Die Höchstzahl der Suizide in Deutschland lag 1981 bei 18.825.

    Liegt die Zahl der Suizidversuche höher?

    Nach Schätzungen des Nationalen Suizidpräventionsprogramms unternehmen jährlich weit über 100.000 Menschen einen Suizidversuch. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe spricht von schätzungsweise 500 Personen pro Tag.

    Betroffen sind immer auch Angehörige und Freunde ...

    Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass von jedem Suizid durchschnittlich etwa sechs nahe Verwandte und Freunde betroffen sind. Für Hinterbliebene sei es wichtig, dass über Suizide offen gesprochen werden könne, ohne dass sie befürchten müssten, ausgegrenzt zu werden, betonen Experten. Sie gehen zugleich davon aus, dass weitere Menschen aus dem näheren Umfeld von einem Suizid betroffen sein können, darunter Arbeitskollegen, Mitschüler, Ärzte und Therapeuten, aber auch Polizisten, Feuerwehr- sowie Rettungsdienstangehörige sowie Zeugen suizidaler Handlungen.
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    Welche Gruppen sind besonders betroffen?

    In allen Altersgruppen sterben deutlich mehr Männer durch Suizid als Frauen. Zudem wird Selbsttötung zunehmend ein Phänomen des höheren Lebensalters. Fachleute erklären dies damit, dass Verluste sich im Alter häufen. Vor allem ältere Männer suchten in solchen Lebenskrisen dann kaum Hilfe.
    Konkret steigt die Zahl der Suizide bei den Männern ab dem 70. Lebensjahr deutlich. Aber auch jede zweite durch Suizid verstorbene Frau ist älter als 60 Jahre. Betrug die Suizidrate - also die Anzahl der Suizide pro 100.000 Einwohner - 2022 bei den 20- bis 25-jährigen Männern 9,1 (Frauen: 3,5), so stieg sie bei den 85- bis 90- jährigen Männern auf 73,7 (Frauen: 17,4).

    Was weiß man über Menschen, die einen Suizid planen?

    Betroffenen fällt es zumeist schwer, über ihre Suizidgedanken mit einem Arzt oder Therapeuten zu sprechen. Laut Studien haben Menschen vor einem vollendeten Suizid viel häufiger als üblich einen Arzt aufgesucht, der die Gefährdung aber nicht erkannte. Häufig besteht eine Angst darin, nicht ernst genommen zu werden, soziale Kontakte zu verlieren, als psychisch krank bezeichnet zu werden und die Selbstbestimmung durch zwangsweise Behandlung zu verlieren. Außerdem haben nicht wenige die Vorstellung, dass sie niemand verstehen und niemand ihnen helfen könne.
    Was Sie selbst tun können:



    Wie kann man als Laie Betroffenen helfen?

    Angehörige sollten Suizidankündigungen immer ernst nehmen, betont die Stiftung Depressionshilfe. Äußerungen wie: "Es hat alles gar keinen Sinn mehr..." sind bei Menschen mit Depressionen Hinweise auf eine ernste Gefährdung. Freunde oder Familienangehörige sollten keine Scheu haben, genauer nachzufragen, raten die Experten. Oft ist es für einen suizidgefährdeten Menschen eine Entlastung, mit einer anderen Person über die quälenden Gedanken sprechen zu können.
    Die Stiftung Depressionshilfe mahnt zudem, sich mit gut gemeinten Ratschlägen zurückzuhalten. Eine Befragung unter Betroffenen ergab, dass scheinbar schlichte Botschaften oft am meisten helfen, zum Beispiel: "Du bist mir wichtig", "ich versuche, diese Krankheit zu verstehen" oder "wir schaffen das zusammen".
    Quelle: KNA

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