Stammzelltherapie bei Diabetes: Hoffnung auf Heilung

    Hoffnung auf Heilung?:Stammzelltherapie bei Diabetes

    von Thomas Bleich
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    Stammzelltherapien für Diabetiker sorgen regelmäßig für Schlagzeilen. Doch ist die Forschung schon so weit, dass damit Diabetes in absehbarer Zeit geheilt werden kann?

    Wissenschaftler betrachtet Zellen in einem Kulturgefäß, während im Hintergrund DNA-Profile auf einem Bildschirm zu sehen sind.
    Kann Diabetes mit Stammzellen geheilt werden? In China soll das bei einer Frau gelungen sein. Sie benötige seit einem Jahr kein Insulin mehr.
    Quelle: Imago / Westend6

    Es ist der Traum vieler Diabetiker: Wird eine Spritze bald ausreichen, um sie lebenslang von der Erkrankung zu befreien? Ermöglichen soll das ein Verfahren aus der Biomedizin: Die Stammzelltherapie.
    Laut Forschenden in China kommt eine 25-jährige Typ-1-Diabetikerin seit über einem Jahr ohne Insulininjektionen aus - durch implantierte insulinproduzierende Zellen. Stephan Martin, Diabetologe und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf, ist jedoch skeptisch. Es handele sich um einen Einzelfall. Unabhängige Forschungsgruppen außerhalb von China müssten den Hinweis auf einen Durchbruch noch bestätigen.

    Der chinesischen Forschergruppe ist scheinbar gelungen, körpereigene Zellen aus dem Unterhautfettgewebe so umzuprogrammieren, dass sie sich wieder in Stammzellen umgewandelt haben.

    Prof. Dr. Stephan Martin, Facharzt für Innere Medizin

    Diese Stammzellen seien eine Art Urzellen, aus denen sich alle Körperzellen entwickeln können. In einem zweiten Schritt seien sie in insulinproduzierende Zellen umgewandelt worden, so Martin.

    Über 400 Millionen Menschen sind weltweit von Diabetes betroffen. Der größte Teil leidet an einem Diabetes Typ 2. Dabei verliert der Körper die Fähigkeit, Insulin zu nutzen, das den Blutzuckerhaushalt reguliert.

    Anders beim Diabetes Typ 1. Hier greift das körpereigene Immunsystem die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse oft schon im Kindesalter an. Dadurch sind sie nicht mehr in der Lage, Insulin zu produzieren. Die Betroffenen müssen sich das Hormon daher lebenslang spritzen.

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    Können Stammzellen defekte Zellen der Bauchspeicheldrüse ersetzen?

    In der Publikation in der Zeitschrift Cell heißt es, dass nicht nur insulinproduzierende Zellen, sogenannte Beta-Zellen, entstanden seien. Den Forschenden sei angeblich gelungen, komplette Langerhans-Inseln zu erzeugen - ganze Zellverbände, wie sie in der Bauchspeicheldrüse gesunder Menschen vorhanden sind. Für Diabetes-Experte Martin erstaunlich und schwer zu glauben.

    In einer gesunden Bauchspeicheldrüse finden sich verstreute Gewebeinseln, die nach ihrem Entdecker, dem Pathologen Paul Langerhans, als Langerhans-Inseln bezeichnet werden. Sie sind für die Ausschüttung verschiedener Hormone in den Blutkreislauf zuständig. In erster Linie sind das die Hormone Insulin und Glukagon, die unter anderem dafür sorgen, dass der Blutzuckerspiegel weder zu hoch noch zu niedrig ist.

    Diabetes Typ 1: Sind nach Stammzelltherapie Immunsuppressiva nötig?

    Beim Diabetes Typ 1 werden insulinproduzierende Beta-Zellen vom eigenen Immunsystem lebenslang angegriffen und zerstört. Das sei auch im beschriebenen Fall zu erwarten, sagt Martin. Ein Behandlungserfolg ohne das Immunsystem zu unterdrücken sei daher kaum vorstellbar.

    Zum Erfolg tragen vermutlich Immunsuppressiva bei, die die Patientin wegen einer früheren Lebertransplantation einnehmen muss.

    Prof. Dr. Stephan Martin, Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum

    Die Patientin sei aufgrund der Lebertransplantation ein absoluter Sonderfall. Die Studienergebnisse ließen sich daher nicht ohne Weiteres auf andere Patienten mit Diabetes Typ 1 übertragen, erklärt Martin.

    Ist die Stammzelltherapie auch für Patienten mit Diabetes Typ 2 sinnvoll?

    Im Frühjahr 2024 sorgten Forschende aus Shanghai für Schlagzeilen, die von einer Stammzelltherapie bei einem Patienten mit Diabetes Typ 2 berichteten. Dabei wurden nicht körpereigene, sondern embryonale Stammzellen verwendet. Aus ethischen Gründen sehr bedenklich, denn diese werden laut Martin aus abgetriebenen Föten oder aus im Labor befruchteten menschlichen Eizellen gewonnen. Außerdem stellt er infrage, ob es sich hier tatsächlich um einen Diabetes vom Typ 2 gehandelt habe.

    Wir wissen, dass vierzig Prozent der Typ-1-Diabeteserkrankungen nach dem 30. Lebensjahr entstehen.

    Prof. Dr. Stephan Martin, Internist und Diabetologe

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    Es sei also möglich, dass bei diesem Fall ein später Diabetes Typ 1 vorliege. Hinzu komme: "Personen mit Diabetes Typ 2 haben grundsätzlich kein Problem mit zu wenig Insulin, sondern sie haben zu viel davon", erklärt Martin. Insulinproduzierende Zellen erhöhen den Insulinspiegel dann zusätzlich. "Das Insulin kann gerade bei übergewichtigen Typ 2 Diabetikern nicht richtig wirken, daher sprechen wir von einer Insulinresistenz", so Martin weiter.
    Für Typ-2-Diabetiker habe man zum Glück gute Behandlungsmethoden, um die Erkrankung über Jahre zurückzudrängen oder sogar zu heilen. Das sei vor allem durch die Änderung des Lebensstils mit einer radikalen Gewichtsabnahme möglich. Dazu gebe es viele wissenschaftliche Daten, die in Deutschland aber kaum jemand kenne oder kennen will, sagt der Diabetes-Experte.
    Dr. Thomas Bleich ist Arzt und Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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