Tanorexie: Sucht nach Bräune durch Sonnenbad und Solarium

    Zwanghaftes Sonnenbaden:Tanorexie - Sucht nach gebräunter Haut

    von Thomas Förster
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    Gebräunte Haut gilt immer noch als attraktiv. Doch der Wunsch nach brauner Haut kann auch zur Sucht werden, mit gefährlichen Folgen. Was Betroffenen mit Bräunungssucht helfen kann.

    Eine Frau liegt im Bikini gekleidet auf einer Solariumbank.
    Wer unter Tanorexie leidet, muss sich zwanghaft sonnen. Doch übermäßige Gänge ins Solarium und ständiges Sonnenbaden erhöhen das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken.
    Quelle: IMAGO / Depositphotos

    Sommer, Sonne, braun werden. Viele halten gebräunte Haut noch immer für ein Schönheitsideal und vermeintlich für gesund. Es gibt aber auch Menschen, die regelrecht süchtig nach UV-Strahlen sind und ohne Sonne oder Solarium nicht leben können. Sie leiden unter Tanorexie.

    Was Tanorexie ist

    Tanorexie bedeutet so viel wie Bräunungssucht. Betroffene sind süchtig danach, ihre Haut regelmäßig exzessiv zu bräunen. Doch nicht jeder dunkel gebräunte Mensch ist automatisch bräunungssüchtig. Wer an Tanorexie leidet, muss quasi zwanghaft in die Sonne oder ins Solarium, sonst kommt es zu Entzugserscheinungen wie Unruhe oder Gereiztheit. Ein weiteres Problem: Betroffene fühlen sich selbst dann noch zu blass, wenn sie dunkel gebräunt sind.

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    Der Begriff Tanorexie setzt sich aus dem englischen Wort "tan" für Bräunen und "Anorexie" für Magersucht zusammen. Beiden Krankheitsbildern liegt eine Körperschematastörung zugrunde, sagt Wolfgang Harth, Dermatologe am Vivantes-Klinikum Berlin-Spandau.

    Das bedeutet, da ist in der Psyche etwas durcheinander mit der Beurteilung der Selbsteinschätzung objektiver Körperzustände.

    Prof. Dr. Wolfgang Harth, Dermatologe, Vivantes-Klinikum Berlin-Spandau

    Tanorexie ein Problem der Psyche

    Tanorexie ist bisher nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Ärzte beobachten die Störung erst seit rund 20 Jahren. Als Ursache wird ein psychisches Problem vermutet. Den Betroffenen mangelt es meist an Selbstwertgefühl. Das versuchen sie mit einem schönen Körper auszugleichen, so Dermatologe Harth.

    Diese Patienten haben kaum Einsicht, dass sie eine psychische Störung haben.

    Prof. Dr. Wolfgang Harth, Dermatologe

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    Wie verbreitet Tanorexie ist

    Mediziner können nur schätzen, wie viele Deutsche an einer Bräunungssucht leiden. Vermutlich sind es bis zu 250.000. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In Mitteleuropa müssen Betroffene mangels für sie ausreichender natürlicher UV-Strahlen in Solarien gehen, um ihre Sucht zu befriedigen.

    Gefährliche Langzeitfolgen: Hautalterung und Krebs

    Gesunde Bräune gibt es nicht. Eine gebräunte Haut zeigt an, dass der Körper versucht, sich vor langfristigen Schäden zu schützen. UV-Strahlen können vorzeitige Hautalterung, Faltenbildung und Pigmentstörungen auslösen. Das Risiko für Hautkrebs steigt. Dieser hat in den letzten 20 Jahren in Deutschland um rund 45 Prozent zugenommen.

    Der Körper reagiert auf UV-Strahlung indem er Melanin bildet. Melanin ist ein Farbpigment, das für die Bräunung der Haut verantwortlich ist. Es absorbiert die UV-Strahlen und versucht so, ihr Eindringen in die Hautzellen zu verhindern. Dieser Schutz ist jedoch nur begrenzt wirksam. Wird das Schutzsystem überlastet, treten langfristige Schäden an der Haut auf.

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    Wie man Tanorexie behandeln kann

    Viele Betroffene sind sich ihrer Sucht nicht bewusst und suchen von sich aus keine Hilfe. Oft sind sie erst für Therapien zugänglich, wenn krankhafte Hautveränderungen auftreten, erklärt Harth.

    Man weiß, dass diese Gruppe von psychischen Störungen sehr schwer behandelbar ist.

    Prof. Dr. Wolfgang Harth, Vivantes-Klinikum Berlin-Spandau

    Die Therapie von Süchten ist individuell. Bei manchen Patienten reicht schon die Aufklärung über mögliche gesundheitliche Folgen einer Tanorexie. Anderen hilft das Vermitteln der Vorteile eines Lebens ohne ständig gebräunte Haut: Weniger Falten sowie sinkendes Krebsrisiko.
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    Präventiv ist es wichtig, dass junge Zielgruppen gut aufgeklärt werden und Eltern in puncto Sonnenschutz ein gutes Vorbild sind.

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    Quelle: ZDF

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