Der Schwangerschaftsdiabetes ist die häufigste Komplikation während einer Schwangerschaft. Bleibt die Stoffwechselstörung unerkannt, kann das Folgen für Mutter und Kind haben.
Schwangere Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickeln, müssen ihre Blutzuckerwerte regelmäßig kontrollieren.
Quelle: Imago / Panthermedia
Die meisten Frauen haben während einer Schwangerschaft normale Blutzuckerwerte. Übersteigt der Blutzucker jedoch bestimmte Werte, spricht man von einem Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes. Das Problem: Er verursacht meist keine spürbaren Symptome. Für viele Schwangere kommt die Diagnose wie aus heiterem Himmel. In Deutschland sind jährlich etwa 50.000 Frauen davon betroffen.
Eine Schwangerschaft ist für den Organismus belastend - auch für den Glukose-Stoffwechsel, was vor allem mit der Hormonumstellung zu tun hat. Ab der 20. Schwangerschaftswoche produziert der Körper vermehrt Hormone, die die Wirkung des körpereigenen Insulins abschwächen. Dies kann zu einer Insulinresistenz führen, bei der die Zellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren. Doch gerade in der Schwangerschaft wird mehr Insulin benötigt. Kann die Bauchspeicheldrüse diesen erhöhten Bedarf an Insulin nicht ausgleichen, steigt der Blutzuckerspiegel an.
Risikofaktoren für Schwangerschaftsdiabetes
Einige Risikofaktoren können die Wahrscheinlichkeit für einen Schwangerschaftsdiabetes erhöhen, erklärt Diabetologin Ute Henneböhle.
Um Schwangerschaftsdiabetes zu erkennen, wird daher routinemäßig zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt.
Der Vortest findet in der Regel bei der Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen statt. Die Schwangere trinkt eine Lösung mit 50 Gramm Glukose. Nach einer Stunde wird der Blutzuckerwert im Blut gemessen.
Bei einem auffälligen Vortest wird der große Glukosetoleranztest (Diagnosetest) druchgeführt. Dafür muss die Schwangere nüchtern sein. Zunächst wird Blut abgenommen. Dann werden 75 Gramm Glukose-Lösung getrunken. Nach einer und nach zwei Stunden wird wieder Blut abgenommen.
Die gemessenen Blutzuckerwerte geben Aufschluss darüber, wie gut der Körper größere Mengen Glukose verarbeiten kann.
Werden bestimme Werte überschritten, wird die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes gestellt. Sehr hohe Werte können ein Hinweis sein, dass eine Frau womöglich unerkannt schon zuvor einen Diabetes hatte.
Ob Ultraschall, Physiotherapie oder Akupunktur - es gibt eine Reihe möglicher Behandlungen für Schwangere. Einige davon zahlt die Krankenkasse. Ein Überblick.
von Zarah Reinders
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Wie es nach der Diagnose weitergeht
In der Regel werden die betroffenen Frauen zusätzlich von einem Diabetologen betreut. Während der Gynäkologe die Entwicklung des Babys im Auge behält, kümmert sich der Diabetologe um die Einstellung und Kontrolle der Blutzuckerwerte.
Die Schwangere lernt, wie man Blutzucker misst. Der Wert sollte morgens nach dem Aufwachen nüchtern und nach den drei Hauptmahlzeiten kontrolliert und notiert werden. Folgende Werte sollten erreicht werden: vor dem Frühstück unter 95 Milligramm pro Deziliter (mg/dl), eine Stunde nach Beginn der Hauptmahlzeit weniger als 140 mg/dl.
In erster Linie muss der Lebensstil angepasst werden. Dafür wird das individuelle Ess- und Bewegungsverhalten der Schwangeren analysiert.
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Ernährungsumstellung bei Schwangerschaftsdiabetes
Ernährung spielt eine zentrale Rolle bei Schwangerschaftsdiabetes. Die Schwangere sollte auf ballaststoffreiche Lebensmittel wie Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte achten, gesunde Fette und Proteine zu sich nehmen und auf einfache Kohlenhydrate verzichten.
Empfohlen werden drei nicht zu große Hauptmahlzeiten sowie zwei bis drei kleine, gesunde Zwischenmahlzeiten täglich. Vor allem bei Getränken sollte man auf Wasser und ungesüßten Tee setzen.
Regelmäßige Bewegung wie Spaziergänge, Gymnastik und Radfahren senken den Blutzucker auf natürliche Weise, insbesondere nach dem Essen. Oft wird mit strenger Ernährungsumstellung und mehr Bewegung eine Verbesserung der Blutzuckerwerte erzielt, sodass eine Insulintherapie nicht nötig ist.
Bei anhaltend hohen Blutzuckerwerten muss Insulin gespritzt werden, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Andere Diabetesmedikamente sind für Schwangere nicht zugelassen. In Ausnahmefällen kann das Medikament Metformin (Off-label-Use) eine Alternative zum Insulin sein.
Etwa jede vierte Frau mit Schwangerschaftsdiabetes muss Insulin spritzen. Nach der Geburt ist das in der Regel nicht mehr notwendig, weil sich der Hormonhaushalt normalisiert.
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Schwangerschaftsdiabetes: Folgen für das Kind
Ein erhöhter Blutzucker kann zu einem übermäßigen Wachstum des Ungeborenen führen, erklärt Henneböhle. Es kann zu groß und zu schwer für eine normale Entbindung werden.
Im schlimmsten Fall kann das Kind dabei mit der Schulter im Geburtskanal stecken bleiben, sodass ein Notkaiserschnitt erfolgen muss.
Unmittelbar nach der Geburt können Neugeborene verschiedene Anpassungsprobleme haben wie Atemstörungen, ein erhöhtes Risiko für Unterzuckerung und Neugeborenengelbsucht.
Zu den langfristigen Folgen gehören ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und mögliche Stoffwechselstörungen.
Fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche sind stark übergewichtig. Wie es gelingen kann, die überflüssigen Kilos wieder loszuwerden.05.01.2024 | 5:03 min
Schwangerschaftsdiabetes: Folgen für die Mutter
In der Regel normalisiert sich der Blutzucker nach der Geburt. Allerdings entwickeln bis zu 50 Prozent der Frauen später einen Typ-2-Diabetes. Das Risiko ist drei bis sechs Jahre nach der Geburt erhöht. Trotzdem geht fast die Hälfte der Betroffenen nicht zu Nachsorgeangeboten, obwohl dies von Ärzten empfohlen wird.
Zudem haben Frauen nach dem Schwangerschaftsdiabetes ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Immer mehr Menschen leiden an Diabetes. Um gefährliche Komplikationen zu vermeiden, sollte die Krankheit rechtzeitig erkannt und behandelt werden.
von Gunnar Fischer
FAQ
Quelle: ZDF
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