Säure-Basen-Haushalt: Balance ohne Nahrungsergänzungsmittel
Säure-Basen-Haushalt:Krank durch Übersäuerung?
von Christina-Maria Pfersdorf
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Welchen Einfluss hat der Säure-Basen-Haushalt wirklich auf die Gesundheit? So kann man den Körper auch ohne spezielle Nahrungsergänzungsmittel wieder ins Gleichgewicht bringen.
Ernährungsberaterin Dr. Brigitte Bäuerlein erklärt, wie man den Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht hält.22.01.2024 | 7:30 min
Tabletten, Kapseln, Pulver: Zahlreiche Produkte versprechen, den Körper vor Übersäuerung zu schützen. "Aus unserer Sicht nützen die Artikel nur den Herstellern", sagt Susanne Sachs von der Verbraucherzentrale Hessen über Nahrungsergänzungsmittel, die den Säure-Basen-Haushalt regulieren sollen.
"Viele verdienen ihr Geld mit den Produkten, indem sie mit irreführender und angstmachender Werbung arbeiten." Wir seien alle übersäuert, heißt es immer mal wieder und bekämen davon brüchige Knochen, Gicht, Rheuma oder Krebs. Dafür fehle bis heute der wissenschaftliche Beweis, so die Ernährungsexpertin.
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Was ist der Säure-Basen-Haushalt?
Der Säure-Basen-Haushalt ist ein körpereigener Regulierungsprozess. Er sorgt letztlich dafür, dass der pH-Wert des Blutes in einem konstant basischen Bereich liegt. Das wiederum ist wichtig für alle Stoffwechselprozesse. Schwankungen des pH-Wertes stören unter anderem den Transport von Nährstoffen und Sauerstoff, wirken sich auf den Hormonhaushalt oder die Reizleitung im Nervensystem aus.
Der pH-Wert gibt an, wie sauer oder basisch eine wässrige Lösung ist. Die pH-Skala reicht von 0 (stark sauer) bis 14 (stark basisch).
pH < 7: sauer
pH = 7: neutral
pH > 7: basisch
Der pH-Wert ist in den verschiedenen Körperflüssigkeiten des Menschen unterschiedlich. So liegt zum Beispiel im Magen ein stark saurer pH-Wert von 1,5 bis 2 vor. Blut dagegen besitzt einen pH-Wert von etwa 7,4 und Urin hat einen pH-Wert von ungefähr 6. Der Säuregehalt des Urins schwankt natürlicherweise in Abhängigkeit von der Ernährung und der Tageszeit.
Alles, was man zu sich nimmt, wird im Körper sauer oder basisch verstoffwechselt. Dabei spielt es keine Rolle, wie ein Lebensmittel schmeckt oder ob es natürlicherweise Säure enthält: "Entscheidend ist vielmehr, in welche Bestandteile unser Körper die Lebensmittel bei der Verdauung zerlegt", erklärt Ökotrophologin Brigitte Bäuerlein.
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Saure und basische Lebensmittel - welchen Einfluss haben sie?
Die meisten pflanzlichen Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Kartoffeln wirken basisch. Die meisten tierischen Lebensmittel, aber auch Getreide oder einige Nusssorten wirken sauer. Das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper hängt aber nicht von einzelnen Lebensmitteln ab.
Der menschliche Körper verfügt zusätzlich über eigene Puffersysteme, die den Säure-Basen-Haushalt regulieren. Gesunde Menschen scheiden Säuren hauptsächlich über die Atmung und die Nieren wieder aus. Es gibt aber auch Krankheitsbilder, bei denen dieser Regulationsprozess nicht funktioniert. Sogenannte Azidosen sind die Folge. Sie können gefährlich sein und sind daher behandlungsbedürftig.
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Bei gesunden Menschen gilt: "Der Körper reguliert den Säure-Basen-Haushalt normalerweise sehr gut selbst." Es sei eher unwahrscheinlich, dass dies durch normale Ernährung oder Lebensgewohnheiten beeinflusst werde, so Brigitte Bäuerlein.
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Übersäuerung als Krankheitsursache
Gerade in der Alternativen Medizin aber ist oft von einer "Übersäuerung" oder "latenten Azidose" die Rede. Man geht davon aus, dass sich der pH-Wert des Blutes durch die übermäßige Aufnahme von säurebildenden Lebensmitteln leicht zum Sauren hin verschiebt. Mineralstoffverlust oder auch der Abbau von Knochen und Knorpel können mögliche Folgen sein.
"Auch die Bildung von Nierensteinen und Harnleitersteinen ist im Verdacht", bestätigt Brigitte Bäuerlein. Doch ob hierfür eine Übersäuerung verantwortlich ist, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt.
Grundsätzlich kann ein ungesunder Lebensstil mit einem übermäßigen Verzehr von tierischen und verarbeiteten Produkten, also Säurebildnern, aus verschiedenen Gründen die Entstehung unterschiedlicher Krankheiten begünstigen.
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Basische Ernährung fördert die Gesundheit
Wer viele basische Lebensmittel zu sich nimmt, lebt automatisch gesünder: "Unabhängig vom Säure-Basen-Haushalt entsprechen diese Grundsätze der basischen Ernährung auch den Empfehlungen für eine vollwertige Ernährung", erklärt Susanne Sachs.
Außerdem hilft regelmäßige Bewegung, überschüssige Säuren abzuatmen.
Beim Basenfasten werden über einen begrenzen Zeitraum von ein oder zwei Wochen nur Lebensmittel verzehrt, die im Körper basisch wirken. Sie werden roh oder gekocht gegessen. Auch neutrale Lebensmittel, also alle Öle, sind erlaubt. Verzichtet wird auf alles, was sauer verstoffwechselt wird.
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"Dass sich viele während des Basenfastens wohlfühlen, weil sie sich bewusster ernähren und vielleicht ein paar Kilogramm abnehmen, ist naheliegend. Eine langfristige Ernährungsumstellung wäre jedoch gesundheitlich vorteilhafter als Basenfasten für einen begrenzten Zeitraum", so das Urteil der Verbraucherzentrale.
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von Christina-Maria Pfersdorf
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Christina-Maria Pfersdorf ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".