Für Neugeborene und Säuglinge:Stiko empfiehlt Immunisierung gegen RS-Virus
von Thomas Bleich
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In den letzten Jahren hat das RS-Virus immer wieder für viele heftige Erkrankungen bei Säuglingen gesorgt. Die Stiko hat zur Vorsorge nun eine Immunisierung gegen RSV empfohlen.
Früh- und Neugeborene sowie Säuglinge können durch eine RSV-Infektion schwer erkranken.
Quelle: imago
RSV-bedingte Atemwegserkrankungen können insbesondere im Herbst und Winter in Form heftiger Wellen auftreten. Betroffen waren in den letzten Jahren viele Kinder, die wegen der Corona-Pandemie und den dagegen getroffenen Maßnahmen zuvor keinen Kontakt zu dem Erreger hatten. Kliniken und Kinderarztpraxen waren zeitweise überlastet.
RS-Virus: Was die Stiko jetzt empfiehlt
Ziel der jetzt von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen RSV-Prophylaxe sei es, dass insbesondere Säuglinge und Neugeborene vor dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) geschützt werden sollen, sagt Priv.-Doz. Julia Tabatabai, Ärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Angelika-Lautenschläger-Klinik, Universitätsklinikum Heidelberg, und Mitglied der Stiko.
Die Stiko hat die Datenlage zu dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab (Handelsname: Beyfortus) geprüft, der im Herbst 2023 zugelassen worden war. Das Gremium traf daraufhin die Entscheidung, eine passive Immunisierung mit Nirsevimab für alle Neugeborenen und Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison zu empfehlen. Die Empfehlung gilt unabhängig davon, ob mögliche Risikofaktoren vorliegen.
Gegen das RS-Virus wird von der Stiko eine Injektion des Antikörpers Nirsevimab empfohlen. Das Molekül bindet an ein Virusprotein und verhindert so das Eindringen des Erregers in Körperzellen. Es handelt sich um eine sogenannte passive Immunisierung: Verabreicht werden bereits gebildete Antikörper, diese werden also nicht aktiv vom eigenen Immunsystem produziert. Das bietet sofortigen Schutz, ist aber nur zeitweise wirksam, da die Antikörper nach einer gewissen Zeit abgebaut werden. Bei Nirsevimab hält der Schutz etwa sechs Monate, wie Johannes Liese, Leiter der pädiatrischen Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg, erklärte.
Quelle: dpa
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Warum die Empfehlung unabhängig von möglichen Risikofaktoren gilt
"Kinder mit Risikofaktoren machen 20 Prozent der Patienten mit schweren Infektionen aus, das ist ein relativ großer Anteil proportional", sagt Kinderärztin Tabatabai:
Kinder ohne mögliche Risikofaktoren machten damit den größeren Anteil aus, die Ärzte in den Kinderkliniken sehen und behandeln, erklärt Tabatabai. Das sei der Grund, warum alle Neugeborenen und alle Säuglinge unabhängig von möglichen Risikofaktoren diesen Wirkstoff erhalten sollen.
Säuglinge, die zwischen April und September geboren sind, sollen Nirsevimab möglichst im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison erhalten.
Neugeborene, die während der RSV-Saison, meist zwischen Oktober und März, geboren werden, sollen Nirsevimab laut Stiko möglichst rasch nach der Geburt erhalten. Idealerweise solle dies bei der Entlassung aus der Geburtseinrichtung erfolgen oder bei der so genannten U2-Untersuchung zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag.
Neugeborene, die nach der Geburt einen längerem stationären Aufenthalt haben, sollten Nirsevimab rechtzeitig vor der Entlassung aus dem Krankenhaus erhalten, wenn der Aufenthalt in die RSV-Saison zwischen Oktober und März fällt. Eine passive Immunisierung mit Nirsevimab kann auch bereits während des Klinikaufenthalts erwogen werden.
Antikörper gegen RSV: Wie es um die Verfügbarkeit steht
Die Stiko habe sich bemüht, mit der Empfehlung möglichst früh dran zu sein, erklärt Stiko-Mitglied Tabatabai. So solle es möglich sein, dass bis Oktober die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit alle Säuglinge und Neugeborenen immunisiert werden können. Die Signale von der Industrie seien diesbezüglich auch sehr positiv gewesen. Falls am Ende nicht genügend Arzneimittel vorhanden sein sollte, werde man die Risikokinder an erster Stelle immunisieren, sagte Tabatabai..
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FAQ
Wer beim RS-Virus zur Risikogruppe zählt
Zu den Risikogruppe für schwere RSV-Infektionen zählen zum Beispiel Früh- und Neugeborene, Säuglinge, Kinder mit vorerkrankter Lunge, mit Herzfehlern sowie Erwachsene über 65 und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem. Die typische Saison geht von November bis April. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wurde die Verbreitung in der Bevölkerung lange Zeit unterbewertet.
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Dr. Thomas Bleich ist Arzt und Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".