Piercing im Ohr: So können Entzündungen vermieden werden
Von Entzündung bis Wildfleisch:Wie Piercing im Ohr kein Problem wird
von Jennifer Gesslein
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Es ist stylisch und liegt voll im Trend. Und das überall am Ohr: Piercing. Worauf man achten und was man lassen sollte, wenn man sich eines stechen lässt.
Emilia und Maja wollen einen ganz besonderen Ohrschmuck: ein Piercing. Vom richtigen Studio bis zur Pflege sollten sie einiges beachten.06.11.2023 | 4:40 min
Über fünf Millionen Deutsche haben ein Piercing. Vor allem der Bereich am Ohr ist beliebt, gerade bei jungen Leuten. Hier kann an fast jeder Stelle mit der Nadel per Hand durch Gewebe und Knorpel gestochen werden. Dabei kann es manchmal zu Komplikationen wie Blutung, Wundinfektion oder zu Problemen bei der Heilung kommen, vor allem im Knorpel-Bereich:
"Auch Narbenbildung, die überwuchernd ist, sehen wir recht häufig", erläutert Zarlasht Hashimi, Hautärztin in Stuttgart.
Worauf es beim Piercing-Studio ankommt
Sicherheit geht vor. Daher ist es wichtig, ein seriöses Piercing-Studio auszuwählen. Piercen ist kein Ausbildungsberuf. Wichtig ist deshalb auch, wie viel Erfahrung ein Piercer hat und ob regelmäßig Weiterbildungen besucht werden. Wer unsicher ist, liest Kundenstimmen in den sozialen Medien oder hört sich im Umfeld um.
Ein guter Piercer wird vorab ausführlich beraten, über die rechtlichen Voraussetzungen informieren und über gesundheitliche Aspekte aufklären. Auch die Sauberkeit im Studio und hygienisches, steriles Arbeiten sind wichtige Kriterien für ein seriöses Piercing-Studio. Es sollte idealerweise über einen extra Piercing-Raum verfügen. Piercer sollten zudem Mundschutz und medizinische Handschuhe tragen und steriles Equipment verwenden.
Dringt ein Fremdkörper in die Haut ein, reagieren Fresszellen im beschädigten Gewebe als erstes. Botenstoffe sorgen dafür, dass die Blutgefäße sich weiten und durchlässiger werden.06.09.2021 | 1:00 min
Voraussetzungen für ein Piercing
Um sich abzusichern, wird jeder Piercer vorab ein Formular mit allen Fragen ausfüllen und unterschreiben lassen. Auch das Alter wird hier erfragt.
Das Piercen ist nicht erlaubt, wenn man unter Drogeneinfluss steht, zum Beispiel Alkohol. Auch für Schwangere sind mögliche Risken, zum Beispiel eine Infektion, zu hoch. Daher sollten sie auf das Piercen verzichten. Wer Krankheiten hat, die das Immunsystem betreffen, sollte den Wunsch eines Piercings zuvor mit dem Arzt abklären.
Rein rechtlich gibt es für Piercings keine Altersgrenze. Bei Problemen kann der Piercer aber zur Verantwortung gezogen werden, da er quasi eine Körperverletzung begeht. Er wird daher auch bestimmte Altersgrenzen einhalten:
Ab 18 Jahren ist Piercen generell erlaubt.
Ab 16 Jahren reicht das Einverständnis eines Erziehungsberechtigten.
Ab 14 Jahren ist das Einverständnis eines Erziehungsberechtigten nötig. Dieser muss zudem anwesend sein.
Ab dem Grundschulalter können Ohrläppchen gepierct werden.
Nicht nur Narbenbildung ist ein Risiko
Durch die Verletzung von Gewebe und Knorpel besteht immer das Risiko von Infektionen, Entzündungen und Vernarbungen. Zusätzlich können vor allem am Ohr Akupunkturpunkte beeinflusst werden.
"Und das kann manchmal (...) paradoxe Reaktionen hervorrufen, wie Schmerzen oder die Verschlimmerung von bestimmten Symptomen", erklärt die Hautärztin.
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Generell sollte jedes Anzeichen einer Veränderung wie Rötung, starke Schmerzen oder die Bildung von Keloiden durch den Piercer abgeklärt werden. Kann dieser nicht weiterhelfen oder hat sich die Wunde infiziert, sollte unbedingt ein Allgemein- oder Hautarzt aufgesucht werden.
Heilt eine Wunde, entsteht eine Narbe. Doch manchmal beginnt die Narbe zu wuchern, was zu sogenannten Keloiden führt. Umgangssprachlich werden sie auch Wildfleisch genannt. Erkennbar sind sie an überwuchernder Haut, die sich direkt am Piercing bildet. Sie können entstehen, wenn Bakterien in die Wunde gelangen oder wenn man zu früh den meist geraden Erststecker durch einen Ring ersetzt. Ringe verkrümmen den Stichkanal und bieten mehr Bewegung, so kann die Einstichstelle nicht optimal abheilen.
Was man nach dem Piercen tun und lassen sollte
Ist das Piercing gestochen, kann das Infektionsrisiko durch gezielte Maßnahmen verringert werden. Der Heilungsprozess verläuft individuell. In der Regel ist er nach drei bis sechs Monaten abgeschlossen.
Darauf sollte man achten:
Zweimal am Tag die Einstichstelle reinigen, am besten mit einem Desinfektionsspray und einem Wattestäbchen.
Auch nach dem Haarewaschen sollte man die Stelle desinfizieren, wenn über das Piercing zu viel Shampoo geflossen ist.
Im Winter das frische Piercing mit einer Mütze oder einem Stirnband schützen. Diese sollten aber leicht sein, nicht drücken und fusselfrei sein, damit keine kleinen Partikel den Wundkanal verunreinigen.
Das sollte man vermeiden:
Mindestens zwei Wochen wegen der Verletzungsgefahr auf Sport zu verzichten.
Schwimmen, Solarium und Sauna sind tabu, da sie Orte für Keime und Bakterien sind.
Das Piercing nicht drehen oder anfassen, da sonst Bakterien von den Händen in die Wunde gelangen können.
Viele Kinder bekommen ihre ersten Ohrlöcher mit einer Ohrlochpistole geschossen. Das Piercen mittels Nadel hat demgegenüber einige Vorteile:
Die Pistole kann nie perfekt gesetzt werden. So sind die Löcher oft nicht symmetrisch, während das Piercing mit Nadel präzise positioniert wird.
Die meisten verspüren beim Piercen mit der Nadel weniger Schmerzen.
Die Nadel hinterlässt ein kleineres Loch. Es kann, solange es nicht vollständig verheilt ist, wieder zuwachsen.
Das Piercen ist gewebeschonender, deshalb verläuft der Heilungsprozess meist einfacher als nach einem Schuss durchs Ohrläppchen.
Ein wichtiges Kriterium: der Erstschmuck. Trotz der Bezeichnung medizinischer Ohrschmuck wird beim Ohrloch-Schießen lediglich Modeschmuck eingesetzt. Der muss nach dem Einsetzen in den ersten Wochen regelmäßig gedreht werden, damit er nicht festwächst. Bei Piercings aus dem Leichtmetall Titan ist das nicht nötig, da sie nicht festwachsen. So wird auch die Gefahr reduziert, Keime in die Wunde zu bringen.
Eine Sepsis ist ein medizinischer Notfall und muss schnellstmöglich behandelt werden. Vergeht zu viel Zeit, kann das fatale Folgen haben. Doch Symptome sind oft nicht eindeutig.