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Interview
Hilfe bei Parkinson:Hirnstimulation mit der Smartwatch verbessern
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Wenn Medikamente nicht mehr wirken, kann ein Hirnschrittmacher die Beschwerden bei Parkinson lindern. Wie Telemedizin die Tiefe Hirnstimulation unterstützen kann.
Parkinson-Patienten, bei denen Medikamente nicht mehr wirken, kann eine Tiefe Hirnstimulation helfen. Sehen Sie hier, welche Rolle eine Smartwatch dabei spielt.11.04.2023 | 5:26 min
Die Tiefe Hirnstimulation ist in Europa seit 25 Jahren für Parkinson zugelassen. Dabei werden Elektroden in die entsprechenden Hirnareale geführt, die für das Zittern verantwortlich sind. Die Patienten sind bei vollem Bewusstsein, sodass während des Eingriffs die Stimulation getestet werden kann. Anschließend werden die Elektroden über Kabel, die unter der Haut verlaufen, mit einem Impulsgeber unter dem Schlüsselbein verbunden. Das ist der sogenannte Hirnschrittmacher. Von ihm gehen elektrische Impulse aus, die sich von außen steuern lassen.
Alireza Gharabaghi ist Neurochirurg am Universitätsklinikum Tübingen und hat seit vielen Jahren Erfahrung mit der Tiefen Hirnstimulation. Er begleitet derzeit ein Internationales Forschungsprojekt, die ROAM-Studie. Dabei werden bei 100 Patienten, die einen Hirnschrittmacher implantiert bekommen, alle relevanten Werte wie Zittern, Steifigkeit oder Schlaf per Smartwatch aufgezeichnet. Das soll die Nachsorge entscheidend verbessern. Die Betroffenen können via Remote-Steuerung, also zuhause, den Stimulator von der Klinik feinjustieren lassen.
ZDFheute: Wie hat sich die Tiefe Hirnstimulation in den letzten Jahren verändert?
Prof. Dr. Alireza Gharabaghi: Zum einen haben wir nun Methoden, wie wir unsere Operation noch genauer machen können. Wie wir das Ziel, die Elektrode in einer bestimmten Hirnregion zu platzieren, noch präziser ausführen können. Konkret ist es so, dass wir schon seit vielen Jahren in der Lage sind, die einzelnen Neuronen, die Nervenzellen im Gehirn zu messen und damit herauszufinden, ob wir an der richtigen Stelle sind. Seit einigen Jahren können wir nun auch bestimmte Muster erkennen, um zu sehen, ob eine Hirnregion vielleicht eher für die Bewegung zuständig ist oder für andere menschliche Funktionen.
Morbus Parkinson, früher auch Schüttellähmung genannt, entsteht durch einen langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn, in der Substantia Nigra, einem Bereich im Hirnstamm. Nach Alzheimer ist Parkinson die zweithäufigste neurodegenerative Krankheit weltweit. Allein in Deutschland sind mindestens 200.000 Menschen davon betroffen. Typische Symptome sind das Zittern (Tremor) sowie eine Verlangsamung und Versteifung des Bewegungsapparates. Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Stimmungsschwankungen können dazu kommen. Die Ursachen der Erkrankung sind nicht vollständig geklärt.
ZDFheute: Was bringt die Überwachung mit der Smartwatch?
Gharabaghi: Früher hat man die Patientinnen oder Patienten alle paar Wochen oder Monate in der Sprechstunde gesehen und hat dann einen Eindruck gewonnen und versucht, aufgrund dieses punktuellen Eindrucks eine Verbesserung der Stimulationseinstellungen zu machen. Mittlerweile gibt es digitale Technologien, die auch in so einer Smartwatch sind, die uns helfen, kontinuierliche Informationen zu haben. Wir kennen die unterschiedlichen Tagesschwankungen, wissen, ob es morgens oder nachmittags besser oder schlechter ist. Und wir wissen, ob eine Patientin oder ein Patient mittel- oder langfristig von der neuen Einstellung profitiert.
Bei Parkinson ist die Dopaminbildung im Gehirn gestört. Medikamente, die das fehlende Dopamin ersetzen, sind deshalb die erste Wahl in der Behandlung. Doch hochdosiert haben sie Nebenwirkungen, zum Beispiel Apathie oder Stimmungsschwankungen. Kommt die medikamentöse Therapie an ihre Grenzen, wird oft die Tiefe Hirnstimulation als Behandlungsmöglichkeit empfohlen, um das dauerhafte Zittern zu beheben. Allein in Deutschland bekommen rund 400 Menschen pro Jahr einen solchen Hirnschrittmacher eingesetzt.
Die Patienten müssen während des Eingriffs wach sein. "Wenn die Patienten schlafen, ist das Zittern weg", erklärt Neurochirurg Gharabaghi. "Wir können es nicht untersuchen und finden nicht heraus, welche Stelle am besten geeignet ist, um es zu unterdrücken." Man unterhalte sich auch während der Operation mit den Patienten, um herauszufinden, wie es ihnen geht und um ihre Sprache zu testen. "Wir wollen sicherstellen, dass wir neben den angestrebten Wirkungen, das Unterdrücken des Zitterns, keine unerwünschten Nebenwirkungen haben, auf die Sprache oder sonstige Funktionen. Deswegen ist es wichtig, dass wir kontinuierlich im Austausch sind."
Die Patienten müssen während des Eingriffs wach sein. "Wenn die Patienten schlafen, ist das Zittern weg", erklärt Neurochirurg Gharabaghi. "Wir können es nicht untersuchen und finden nicht heraus, welche Stelle am besten geeignet ist, um es zu unterdrücken." Man unterhalte sich auch während der Operation mit den Patienten, um herauszufinden, wie es ihnen geht und um ihre Sprache zu testen. "Wir wollen sicherstellen, dass wir neben den angestrebten Wirkungen, das Unterdrücken des Zitterns, keine unerwünschten Nebenwirkungen haben, auf die Sprache oder sonstige Funktionen. Deswegen ist es wichtig, dass wir kontinuierlich im Austausch sind."
ZDFheute: Welchen Stellenwert hat die Telemedizin bei der Tiefen Hirnstimulation?
Gharabaghi: Nach wie vor ist die Interaktion mit den Patientinnen und Patienten besonders wichtig, der direkte Austausch. Und das wird auch in Zukunft so sein. Aber wir können durch solche Technologien dazu beitragen, dass unsere Patientinnen und Patienten für jede Neueinstellung, für jedes Gespräch nicht mehr längere Reisen auf sich nehmen müssen. Deswegen ist das durchaus die Zukunft, dass man digitale Technologien mehr und mehr nutzt, um für alle Seiten möglichst niedrigschwellig Verbesserungen der Behandlung zu erzielen.
ZDFheute: Wo liegt die Zukunft der Tiefen Hirnstimulation?
Gharabaghi: Die Vision ist, dass wir vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft in der Lage sind, dass die Geräte selbst in der Lage sind, wann, wie viel und auf welche Art sie stimulieren müssen. Das können diese Geräte lernen, indem sie einerseits Hirnsignale messen, also wissen, welche krankhaften Aktivitäten sie behandeln müssen. Und andererseits auch Informationen haben, in welcher Tagesphase sich ein Patient befindet: ob er oder sie sich gerade etwas mehr bewegen oder zur Ruhe kommen will. Und dass die Stimulation sich zum Beispiel auch nachts während des Schlafs anpassen kann, sodass die Lebensqualität über den ganzen Tag hinweg optimal ist.
Das Interview führte Petra Otto, Redakteurin im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg
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