Schlusslicht bei Organspenden: Langes warten in Deutschland
Schlusslicht bei Organspenden:Deutschland: Acht Jahre warten auf eine Niere
von Petra Otto
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Rund 8.500 Menschen stehen zurzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Wer eine Niere braucht, muss acht Jahre durchhalten. Viele überleben das nicht.
In Deutschland warten über 8.200 Patienten auf eine Organspende, viele andere sind nicht einmal auf der Warteliste.24.10.2024 | 1:46 min
Michael Pullen (21) kommt mit geschädigten Nieren zur Welt. In den letzten Monaten werden seine Werte immer schlechter, er muss an die Dialyse, braucht dringend ein Spenderorgan. Doch das bekommt er in Deutschland nicht so schnell. Seine Mutter entschließt sich zu spenden.
Das Problem: Die Blutgruppen passen nicht. Michael braucht deshalb vor der Transplantation neben der Dialyse auch eine Antikörpertherapie - eine Tortur für die ganze Familie.
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Spendenbereitschaft in den letzten 20 Jahren zurückgegangen
Geschichten wie die von Michael würde es nicht geben, wenn in Deutschland wie in anderen Ländern auch die sogenannte Widerspruchslösung gelten würde. Dabei ist man automatisch Organspender, es sei denn, man sagt "nein". In Deutschland ist es umgekehrt: Man muss sich melden, wenn man spenden will. Und das machen viel zu wenige Menschen. Letztes Jahr waren es gerade mal 965.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Transplantationsgesellschaft, Prof. Dr. Utz Settmacher, fordert bei der Jahrestagung in Freiburg eine Gesetzesänderung. Spanien sei das große Vorbild. "Die haben ein sehr hohes Aufkommen an Spenderorganen und können den Bedarf an Transplantationen in ihrem Land sehr, sehr gut decken, sodass Patienten nur Tage auf ein Herz oder eine Lunge warten müssen."
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Mit einer Transplantation ist die Angst nicht gebannt
"Wenn jemand eine Nierentransplantation macht, betet, dass ihr da gut durchkommt" - Michael weiß lange nicht, ob er das Organ seiner Mutter behalten kann. Obwohl sowohl die Nierenentnahme bei Gabi Pullen als auch die Transplantation bei Michael zunächst gut verlaufen, kommt es nach dem Eingriff zu Komplikationen. Michael Pullen bekommt eine Lungenentzündung.
"Die Niere ist in die Knie gegangen, das heißt, es ist ein akutes Transplantatversagen." Prof. Dr. Vedat Schwenger vom Klinikum Stuttgart ringt um die richtige Behandlung. Und tatsächlich beginnt das Spenderorgan bald wieder zu entgiften.
Es sei "wichtig, dass die Menschen zu Lebzeiten entscheiden", ob sie ihre Organe spenden wollen, sagt NRW-Gesunheitsminister Karl-Josef Laumann.24.06.2024 | 5:20 min
Auch die Lebendspende muss gesetzlich ausgeweitet werden
Warum muss es dazu kommen, dass eine Mutter, deren Blutgruppe nicht passt, überhaupt spendet? Bisher sieht das Gesetz vor, dass Lebendspenden nur unter Menschen mit enger Bindung erfolgen darf. Unter Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern.
Das Positionspapier der Deutschen Transplantationsgesellschaft fordert hier die Überkreuzlebendspende. Das heißt, die Bindung Spender*in - Empfänger*in bleibt, aber die Paare dürfen überkreuz spenden - ohne sich zu kennen, wenn dann die Organe besser passen. Settmacher will auch Lebendspenden gesetzlich erweitern.
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Selbstbestimmung versus Widerspruchslösung
In anderen europäischen Ländern fällt es dem Staat wohl leichter, Bürgerinnen und Bürger in Sachen Organspende in die Verantwortung zu nehmen. In Deutschland ist man da sehr zurückhaltend. Settmacher findet trotzdem, es sei an der Zeit, das Missverhältnis zwischen Organen und denen, die dringend auf Hilfe warten zu verkleinern. Deutschland stehe mit seiner rigorosen Haltung ganz allein da.
Gabi Pullen würde es wieder tun - ihrem Kind eine Niere spenden.Aber "dass ein gesunder Mensch ein Organ hergeben muss, weil wir es in Deutschland nicht auf die Reihe bekommen, eine richtige Lösung für die Problematik zu finden, das ist ärgerlich."
Quelle: ZDF
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