Multiple Sklerose: Anzeichen, Symptome und Ursachen von MS

    Multiple Sklerose:Mit der Autoimmunerkrankung leben

    Malin Ihlau, Redakteurin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen.
    von Malin Ihlau
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    MS ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems, die nicht heilbar ist. Häufig tritt sie schon in jungen Jahren auf und kann ganz unterschiedlich verlaufen. Ein Überblick.

    Rollstuhlfahrer Symboldbild
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    Jeden Tag bekommen 40 Menschen in Deutschland die Diagnose Multiple Sklerose (MS) gestellt. Darauf macht die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) zum Welt-MS-Tag aufmerksam. Die Diagnose kann jeden treffen, meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Rund 300.000 Menschen leben hierzulande mit MS.

    Was ist Multiple Sklerose?

    Bei MS ist das Immunsystem fehlgesteuert, körpereigene Strukturen wie Zellen und Organe werden angegriffen. Falsch programmierten Zellen des Immunsystems gelingt es, die Blut-Hirn Schranke zu überwinden. Im Gehirn beginnen sie, die Umhüllung der Nervenfasern anzugreifen, die sogenannte Myelinschicht. Diese entzündet sich und wird abgebaut. Nervenfasern, die nicht mehr umhüllt sind, sterben ab. Die Schädigungen führen dazu, dass Impulse nicht mehr weitergeleitet werden.
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    Was sind erste Anzeichen für Multiple Sklerose?

    MS ist die "Krankheit der tausend Gesichter". Wie es zu dieser Bezeichnung kam, weiß MS-Expertin Judith Haas. Die Neurologin hat zehntausende Betroffene behandelt.

    Die tausend Gesichter betreffen sowohl die Verlaufsform als auch die Symptome.

    Prof. Dr. Judith Haas, Vorsitzende der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft

    Was die Symptome betrifft, das können einfach nur Missempfindungen sein. Oder eine Empfindlichkeit des Sehnervs. Oder es gibt Patienten, die primär nur Blasenstörungen haben. Andere Patienten verspüren eine belastungsabhängige Schwäche beim Gehen oder Schwindel und eine Gangunsicherheit, erklärt Haas.

    Krankheit verläuft unterschiedlich

    Die tausend Gesichter betreffen auch den Verlauf der Erkrankung. So gibt es Patienten mit ganz unterschiedlicher Krankheitsaktivität, die einmal eine Sehnervenstörung haben und zehn Jahre später den nächsten Schub bekommen. Es gibt auch Patienten, die gleich zu Beginn mehrere Schübe bekommen. Ihre Krankheitsverläufe sind teilweise viel aggressiver und führen innerhalb von ein paar Jahren zur Immobilität.

    Trotz Aufklärung und erheblicher Fortschritte in der Forschung gibt es viele Missverständnisse zur Krankheit Multiple Sklerose.

    Ein häufiges Missverständnis ist, dass MS eine tödliche Krankheit sei. Tatsächlich ist MS nicht direkt tödlich und die Lebenserwartung von Menschen mit MS ist in der Regel nur geringfügig reduziert.

    Ein weiteres Missverständnis ist, dass MS ansteckend sei. MS ist keine ansteckende Krankheit und kann nicht von Person zu Person übertragen werden.

    Obwohl MS meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auftritt, kann MS auch Kinder und ältere Erwachsene betreffen.

    Der Verlauf und die Symptome einer MS können stark variieren und sind bei jedem Betroffenen unterschiedlich, was zu weiteren Missverständnissen und Unsicherheiten führt.

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    So kann MS behandelt werden

    Die Behandlung von MS ist individuell und hängt von den spezifischen Symptomen und dem Verlauf der Krankheit ab. Zu den gängigen Behandlungsansätzen gehören medikamentöse Therapien, Physio-, Ergo- und Psychotherapie.
    Kortison wird eingesetzt, um akute Schübe zu behandeln. Eine frühe Therapie mit immunmodulierenden Medikamenten ist oft wichtig, um die gesunden Nervenzellen zu schützen und weitere Schäden zu verhindern. Physiotherapie hilft, die Beweglichkeit und Muskelkraft zu verbessern, während Ergotherapie bei der Alltagsbewältigung unterstützt. Eine Psychotherapie kann bei der emotionalen und psychischen Bewältigung der Krankheit helfen.
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    Aktuelle Forschung zu MS

    Die Forschung zu MS hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Wissenschaftler untersuchen genetische und umweltbedingte Faktoren, die zur Entstehung der Krankheit beitragen. Laut Herbert Temmes von der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft nehmen die MS-Fälle deutlich zu.

    Die Zahlen haben sich in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt. Unser moderner Lebensstil hat einen Einfluss auf die Anzahl der Menschen mit den Diagnosen.

    Herbert Temmes, Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft

    Aus Zwillingsforschungsstudien sei zu sehen, dass etwa 30 Prozent genetischen Einfluss hätten, aber eben auch 70 Prozent, die nicht durch die Gene bedingt seien. Daher wisse man, dass die Umwelteinflüsse sehr viel ausmachen, sagt Temmes.

    Kann Multiple Sklerose geheilt werden?

    Neue Bildgebungstechniken ermöglichen genauere Diagnosen und die Überwachung der Krankheit. Zudem werden ständig neue Medikamente entwickelt und getestet, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Weitere Hoffnung machen Immun- und Stammzelltherapien.
    MS ist bislang nicht heilbar. Im Moment forschen Wissenschaftler an der CAR-T-Zell-Therapie, die ursprünglich für Krebserkrankungen entwickelt wurde. Mit ihr können Autoimmunerkrankungen prinzipiell geheilt werden. Aktuelle Studien zum Einsatz bei MS laufen.
    Malin Ihlau ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen.
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