Morbus Bechterew: Symptome erkennen und richtig behandeln

    Morbus Bechterew:Wenn die Wirbelsäule versteift

    von Bianca Koch
    |

    Schmerzen im Rücken und in den Gelenken sind die klassischen Symptome von Morbus Bechterew. Die Krankheit wird oft erst spät diagnostiziert - mit schweren Folgen.

    Eine Frau ist von hinten zu sehen. Sie greift sich mit den Händen in den Nacken und an den Rücken.
    Auch Frauen sind von Morbus Bechterew betroffen. Doch häufig wird die Krankheit bei ihnen zunächst übersehen.
    Quelle: Imago / Shotshop

    Quälende Rückenschmerzen in der Nacht und steife Gelenke am Morgen - das klingt nach einem schlechten Start in den Tag. Für Menschen mit Morbus Bechterew sind diese Beschwerden Alltag. Sie leiden an einer chronisch entzündlich-rheumatischen Erkrankung, von der vor allem die Wirbelsäule betroffen ist.
    Wird Morbus Bechterew früh erkannt und behandelt, lässt sich das entzündliche Geschehen weitestgehend unterdrücken. Doch bis zur Diagnose vergehen oft viele Jahre, denn erste Symptome sind unspezifisch und werden häufig mit gewöhnlichen Rückenschmerzen verwechselt. Außerdem entwickelt sich die Krankheit schleichend.
    Morbus Bechterew galt früher als Männerkrankheit. Frauen sind allerdings fast genauso häufig betroffen.
    Geschlechtersensible Schmerzmedizin
    Das Schmerzempfinden ist bei Frauen und Männern unterschiedlich. Zudem dominieren bestimmte Schmerzen bei den Geschlechtern. Die Medikation wird daher inzwischen angepasst.15.03.2024 | 5:31 min

    Klassische Symptome: Gelenkschmerzen und ein steifer Rücken

    Die Rückenschmerzen treten vor allem nachts und in Ruhe auf und bessern sich bei Bewegung. Erste Symptome beginnen meist im jungen Erwachsenenalter. Bei Männern sind Schmerzen vor allem im unteren Rücken typisch. Bei Frauen sind die Beschwerden mitunter atypisch. Sie zeigen sich oft an peripheren Gelenken, der Halswirbelsäule oder im Becken. Seltener kommt es zu knöchernen Veränderungen der Wirbelsäule. Bei Morbus Bechterew können aber auch andere Bereiche betroffen sein, sagt Rheumatologe Dr. Nicolai Steinchen.

    Es handelt sich um eine Systemerkrankung, das heißt, es können auch andere Organe wie zum Beispiel das Auge beteiligt sein.

    Dr. Nicolai Steinchen, Rheumatologe

    plan b: Chronische Entzündungen
    Chronische Entzündungen gelten als heimliche Volkskrankheit: In Deutschland leiden über zehn Prozent der Bevölkerung daran. Welche Hilfe gibt es für Betroffene?01.02.2024 | 29:44 min
    Die chronische Entzündung führt zu einem überschießenden Reparaturprozess, bei dem neues Knochengewebe gebildet wird, was zu einer Verknöcherung und Versteifung der Wirbelsäule führt. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule kommen, die immer mehr verkrümmt und versteift.

    Die genauen Ursachen von Morbus Bechterew sind nicht vollständig geklärt, aber genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle. Der stärkste Risikofaktor ist das Vorhandensein von HLA-B27.
    HLA-B27 ist eine Variante des HLA-Gens, die mit mehreren rheumatischen Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, insbesondere mit Morbus Bechterew. Es wird angenommen, dass diese Genvariante eine Fehlregulation des Immunsystems verursacht, die zu Entzündungen führt.
    Etwa 90 Prozent der Betroffenen sind HLA-B27-positiv. Allerdings ist HLA-B27 bei etwa acht Prozent der Bevölkerung nachweisbar, ohne dass diese Menschen an einer rheumatischen Erkrankung leiden. Forscher gehen deshalb davon aus, dass weitere Faktoren eine Rolle spielen.

    Entzündungen sind auf MRT-Bildern sichtbar

    Die Diagnose basiert auf einer Kombination aus Krankengeschichte, körperlichen Untersuchungen, bildgebenden Verfahren und Labortests. Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Rheumatologe besonders auf Einschränkungen in der Beweglichkeit. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Verknöcherungen auf einem Röntgenbild sichtbar. Für eine frühe Diagnose entzündlicher Veränderungen der Kreuzdarmbeingelenke und der Wirbelsäule ist die Magnetresonanztomographie (MRT) unverzichtbar.

    Je früher man es weiß, umso eher kann man verhindern, dass diese Verknöcherungen eintreten, wie wir sie früher noch gesehen haben.

    Dr. Nicolai Steinchen, Rheumatologe

    Ein hoher CRP-Wert (C-reaktives Protein) im Blut deutet auf Entzündungen hin. Sie müssen jedoch nicht unbedingt mit Morbus Bechterew zusammenhängen.

    Bildgesteuerte Schmerztherapie
    :Wenn Injektionen die Rückenschmerzen lindern

    Wenn bei chronischen Schmerzen im Rücken nichts mehr hilft, keine Schmerzmittel, Wärmebehandlungen oder Physiotherapie, könnten Injektionen eine Lösung sein.
    von Gunnar Fischer
    Rückenschmerzen - Symbolbild
    mit Video

    Behandlung: Bewegung und Medikamente lindern Schmerzen

    Ein Funktionstraining für Rheumatiker hilft, Fehlhaltungen sowie Versteifungen der Wirbelsäule vorzubeugen und hinauszuzögern. Physiotherapie soll die Bauch- und Rückenmuskulatur stärken und eingeschränkte Gelenke mobilisieren. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Diclofenac lindern Schmerzen.

    Ibuprofen und Diclofenac sind nicht nur Schmerzmittel, sondern sie wirken auch antientzündlich.

    Dr. Nicolai Steinchen, Rheumatologe

    Bei einem akuten Schub kann Kortison in die entzündliche Stelle gespritzt werden.
    Biologika werden zur gezielten Entzündungshemmung eingesetzt. Sie sind körpereigenen Eiweißen nachempfunden und schalten schädlich wirkende Botenstoffe aus. Da Biologika sehr teurer sind, bleiben sie bislang Patienten mit schweren Verlaufsformen vorbehalten.

    Eine entzündungshemmende Ernährung unterstützt die Behandlung. Schweinefleisch sollte nur selten gegessen werden, weil es die entzündungsfördernde Arachidonsäure enthält. Entzündungshemmend wirken dagegen Omega-3-Fettsäuren. Man findet sie in fettem Fisch sowie in Lein- oder Hanföl. Entzündungshemmend wirken auch Gemüse und Obst mit wenig Fruchtzucker, z.B. Beeren. Betroffene sollten außerdem auf Alkohol und Nikotin verzichten. Beides kann Entzündungen fördern und die Wirksamkeit bestimmter Medikamente reduzieren.

    Die meisten Patienten können gut mit Medikamenten behandelt werden. Operative Eingriffe sind nur selten erforderlich. An der Wirbelsäule sind sie mit erheblichen Risiken verbunden und werden nur bei bestimmten Komplikationen wie einer Nervenkompression in Betracht gezogen.

    Blutzucker, Cholesterin und Co.
    :Mit Ernährung Blutwerte verbessern

    Wie man sich ernährt, hat auch Einfluss auf die Blutwerte. Was sie über den Gesundheitszustand verraten und wie man mit der richtigen Ernährung Blutwerte gezielt verbessern kann.
    von Christina-Maria Pfersdorf
    Eine Person schneidet eine Tomate auf einem Schneidbrett. Diverse Gemüsearten liegen daneben.
    mit Video

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

    Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.

    Mehr zum Thema Bewegungsapparat und Schmerzen

    Weitere Gesundheits-Themen