Melatonin: Kann die Einnahme bei Schlafstörungen helfen?
Hilfe bei Schlafstörungen:Kann Melatonin den Schlaf verbessern?
von Sarah Hufnagel
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Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin sollen auf natürliche Weise gegen Schlafstörungen wirken. Doch was ist bei der Einnahme zu beachten, damit sie nicht schaden?
Melatonin-Präparate versprechen Abhilfe bei Schlafstörungen. Doch können die Nahrungsergänzungsmittel dieses Versprechen auch halten?
Quelle: imago/Shotshop
Schneller einschlafen, besser durchschlafen und tagsüber trotzdem fit sein: Diese Wirkung versprechen sich viele Menschen von der Einnahme freiverkäuflicher Nahrungsergänzungsmittel mit dem Inhaltsstoff Melatonin.
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sollen die Ernährung mithilfe von Vitaminen, Mineralstoffen oder sonstigen Stoffen ergänzen, sie sind meist rezeptfrei erhältlich. Von Arzneimitteln sind sie klar abzugrenzen, denn sie unterliegen keiner Zulassungspflicht. Ihre Wirksamkeit muss also nicht nachgewiesen werden. Auch Verträglichkeit und Sicherheit müssen nicht geprüft werden.
Melatonin: Ein natürliches Schlafmittel?
Hersteller werben vor allem damit, dass Melatonin als körpereigenes Hormon zur Verkürzung der Einschlafzeit beitragen kann. In der Theorie funktioniert das so: Das Hormon Melatonin wird von der Zirbeldrüse im Gehirn produziert und hilft uns, abends müde zu werden. Tagsüber erhält das Gehirn das Signal, dass es draußen hell ist. Melatonin wird also nicht ausgeschüttet. Sobald es dunkel wird, beginnt die Zirbeldrüse das Hormon auszuschütten. Wir werden müde und können im Idealfall schnell einschlafen.
Melatonin steuert also unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Melatonin-Präparate versprechen, das Einschlafen durch die mit der Einnahme erzeugte erhöhte Melatonin-Konzentration im Blut zu erleichtern. Bei freiverkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln mit Melatoninzusatz ist das allerdings nicht nachgewiesen.
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Wem Melatonin helfen kann
Verschreibungspflichtige Melatonin-Medikamente werden meist bei Erwachsenen eingesetzt, die älter als fünfundfünfzig Jahre sind. Denn gerade bei älteren Menschen kann der Melatonin-Spiegel zu niedrig sein. Die zusätzliche Aufnahme über Medikamente kann ihnen helfen, besser zu schlafen.
Menschen, die in Schichtarbeit beschäftigt sind und zu ungewöhnlichen Zeiten zu Bett gehen, können von zusätzlicher Melatonineinnahme profitieren, erklärt der Schlafmediziner Ingo Fietze. Treten bei ihnen Schlafstörungen auf, hängen diese nämlich oft mit einem niedrigen Melatoninspiegel zusammen. Bei jungen Menschen haben die Präparate jedoch oft keine Wirkung, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.
Dies gelte für alle Präparate egal ob Spray, Gummibärchen oder andere Darreichungsformen, so Schlafmediziner Fietze weiter.
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Hohe Dosierung von Melatonin führt zu Nebenwirkungen
Werden Melatonin-Präparate über einen längeren Zeitraum in zu hohen Mengen eingenommen, kann das sogar zu gesundheitlichen Problemen führen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritisiert, dass freiverkäufliche Melatonin-Produkte oft zu hohe Mengen des Hormons enthalten. Während verschreibungspflichtige Medikamente auf eineinhalb bis zwei Milligramm Melatonin pro Tagesdosis kommen, enthalten Nahrungsergänzungsmittel bis zu zehn Milligramm des Wirkstoffs.
Wie der Körper auf die Einnahme von Melatonin reagiert, ist davon abhängig, wie schnell er das Hormon wieder abbauen kann. Die Geschwindigkeit dieses Abbauprozesses ist von Person zu Person unterschiedlich und altersabhängig.
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Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Melatonin kann damit zu einem dauerhaft erhöhten Melatoninspiegel führen. Bei der Einnahme kann es dann zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen:
Studien weisen darauf hin, dass die Einnahme von Melatonin den Blutzuckerspiegel und die Blutkonzentration eines Wachstumshormons beeinflussen kann. Zusätzlich können Wechselwirkungen mit Medikamenten auftreten, zum Beispiel bei einigen Antidepressiva, Blutdruckmedikamenten oder Gerinnungshemmern. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Melatonin sollte auch in diesem Fall unbedingt ärztlich abgeklärt werden.
Aus Sicht des BfR sollten Schwangere, Stillende oder Frauen mit Kinderwunsch und Kinder und Jugendliche auf die Einnahme von Melatonin-Präparaten verzichten, wenn sie nicht unter Vorerkrankungen leiden, die eine Melatonineinnahme erfordern können.
Menschen, die ein Risiko für die Erkrankung mit Diabetes-Typ-Zwei haben, sollten die Einnahme von Melatonin ärztlich abklären.
Auch bei Personen mit Einschränkungen der Leber- und/oder der Nierenfunktion sowie Personen, die an einer Autoimmunerkrankung oder Epilepsie leiden, empfiehlt das BfR auf eine Einnahme von Melatonin zu verzichten.
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Alternative Hilfen bei Schlafstörungen
Bei akuten Einschlafproblemen kann es besser sein, mit anderen Methoden zu versuchen, den Schlaf nachhaltig zu verbessern. Helfen können zum Beispiel eine gute Schlafhygiene oder pflanzliche Mittel, die Hopfen, Baldrian oder Melisse enthalten.
Grundsätzlich gilt aber: Schlafstörungen, die über einen längeren Zeitraum andauern und die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, sollten ärztlich abgeklärt werden.
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Quelle: ZDF
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