Nicht bloß ein Kuss: Warum Küssen gesund und glücklich macht

    Der Kuss: Feuerwerk der Gefühle:Warum Küssen gesund und glücklich macht

    von Ebba Petzsche
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    Wer gerne und oft küsst, lebt länger und glücklicher. Das bestätigen Studien der Philematologie, der sogenannten Kussforschung. Eine Aufforderung zum Küssen.

    Zwei Gesichter sehr nah, die Nasen stoßen aneinander, die Lippen berühren sich fast.
    Bei einem intensiven Kuss wird Dopamin und Oxytocin ausgeschüttet, die Konzentration des Stresshormons Cortisol sinkt.
    Quelle: dpa

    Küssen baut Stress ab, stärkt das Immunsystem und sorgt für Glücksgefühle. Wer viel küsst, geht besser und gesünder durchs Leben - so lassen sich die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien zum Küssen auf den Punkt bringen. Dabei geht es nicht um den Bruderkuss, den Politikerkuss oder den elterlichen Kuss, sondern um den romantischen Kuss, der mehr ist als ein mechanischer Vorgang.
    Wenn wir Menschen küssen, die wir mögen, wird eine ganze Reihe von biochemischen Prozessen in Gang gesetzt - Hormone kommen in Wallung, das Herz schlägt schneller und der Kreislauf wird angeregt - es ist eine Art positiver Stress. Küssen löst Wohlbefinden aus. Es wird vermutet, dass regelmäßiges Küssen sogar depressiven Erkrankungen vorbeugen könnte.

    • Gesichtsjogging: Ein durchschnittlicher Kuss dauert zwölf Sekunden - mehr als 30 Gesichtsmuskeln werden dabei bewegt.
    • Kalorienverbrauch: Bei einem intensiven Kuss verbrennen wir bis zu 20 Kalorien.
    • Küssen regt Stoffwechsel und Blutzirkulation an: Der Puls steigt, die Körpertemperatur schnellt in die Höhe, wir fühlen uns wach und motiviert.

    Hormon-Explosion im Körper

    Verantwortlich für das gute Gefühl bei einem intensiven, leidenschaftlichen Kuss ist die Ausschüttung bestimmter Hormone. Dazu gehören das im Volksmund als Glücks- oder Antriebshormon bezeichnete Dopamin und unsere körpereigenen Opiate, die Endorphine, die uns beim Küssen überfluten. Außerdem wird Oxytocin, auch Kuschelhormon oder Hormon der Liebe genannt, ausgeschüttet, gleichzeitig sinkt die Konzentration des Stresshormons Cortisol.

    Oxytocin hilft beim Lernen, dass die Begegnung mit dem Menschen - das Küssen oder auch die Sexualität - eine sehr angenehme Erfahrung war und ich ihm trauen kann.

    Sexualmediziner Prof. Dr. Tillmann Krüger, Medizinische Hochschule Hannover

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    Küssen stärkt Immunsystem

    Bei einem zehnsekündigen Zungenkuss werden etwa 80 Millionen Bakterien ausgetauscht - in aller Regel harmlose. Und obwohl beim Küssen auch Erreger von Infektionskrankheiten übertragen werden können, gilt Küssen als gesund. "Es ist gut, dass der Organismus sich mit fremden Keinen auseinandersetzt. Das Küssen an sich hat ähnlich wie soziale Beziehungen, wie körperliche Nähe ein großes Potenzial psychische und körperliche Gesundheit zu fördern", sagt Prof. Dr. Tillmann Krüger von der Medizinischen Hochschule Hannover.
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    Küssen stärkt das Immunsystem und die körperliche Zuwendung die Seele. Ein Kuss wird auch als "die schönste Impfung der Welt" bezeichnet. Eine Studie der Humboldt-Universität Berlin zeigt, dass Körperkontakt allgemein, eine Umarmung, ein Kuss oder auch kleine Berührungen dem Wohlbefinden bis ins hohe Alter dienen.

    Ein Kuss auf die Lippen spricht alle Sinne an: Riechen, tasten, schmecken, hören und sehen. Milliarden an Nervenzellen werden aktiv und senden Botschaften an das Gehirn. Kussforscher messen dem Küssen mehr Bedeutung für eine Beziehung bei als Sex, da es intimer ist. Während Sex auch eine distanziertere Haltung erlaubt, stärken intensive Küsse die Bindung.

    Warum küssen Menschen?

    In einem Kuss stecken ungeheuer viele Informationen, die wir zwar nicht alle bewusst wahrnehmen, die uns aber in unserer Partnerwahl entscheidend beeinflussen. Psychologe und Kussforscher Wolfgang Krüger bezeichnet Küsse als Gespräche der Lippen und der Zunge.
    Es heißt nicht umsonst, dass man jemanden gut riechen kann. Es ist unser natürlicher Instinkt, der uns leitet und das macht Sinn: Beim Küssen bekommen wir über den Geruch und Geschmack Informationen, wie genetisch nah oder fern die Person uns ist - das wiederum ist wichtig für die Fortpflanzung.

    Von der Intuition her sucht der Organismus jemanden, der genetisch unterschiedlich ist. Weil das günstig wäre, wenn es zu Kindern kommen sollte. Das schwingt unterschwellig alles mit.

    Sexualmediziner Prof. Dr. Tillmann Krüger, Medizinische Hochschule Hannover

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    Es gibt Hinweise darauf, dass bereits vor mehr als 4.500 Jahren geküsst wurde. Warum die Menschen damit begannen, ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt. Eine Theorie besagt, dass Küssen aus der Mund-zu-Mund-Fütterung entstanden ist.
    Das Küssen aus Liebe ist aber nicht in allen Kulturen gleich verbreitet. Amerikanische Wissenschaftler*innen haben weltweit 168 Ethnien dahingehend untersucht und festgestellt, dass nur in 77 Gruppen - also weniger als der Hälfte - der romantische Kuss überhaupt praktiziert wird.
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    Ebba Petzsche ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
    Quelle: mit Material von KNA, AFP

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