Turbulenzen im Herz:Herzrhythmusstörungen: Das sollten Sie wissen
von Susanne Gentsch
|
Auch junge Menschen können Herzrhythmusstörungen haben. Oft sind sie harmlos, selten lebensbedrohlich - anders als bei Älteren. Was tun, wenn das Herz aus dem Takt kommt?
Eine Diagnose von Vorhofflimmern ist laut Deutscher Herzstiftung mittels einer gut auswertbaren EKG-Aufzeichnung möglich. (Symbolbild)
Quelle: imago/Robert Poorten
Herzrasen, Herzstolpern oder Extraschläge: Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet. Besonders häufig ist das Vorhofflimmern. Es beginnt meist anfallsartig mit einem unregelmäßigen und sehr schnellen Herzschlag. Doch nicht jeder Betroffene bemerkt die Rhythmusstörung so deutlich, dass er zum Arzt geht, um abklären zu lassen, ob sie harmlos oder gefährlich ist, so die Deutsche Herzstiftung. Dabei steigt unbehandelt das Risiko für Schlaganfall und Herzschwäche.
Kammerflimmern, die gefährlichste Form der Herzrhythmusstörung
Im deutlichen Unterschied zum Vorhofflimmern steht das Kammerflimmern, die gefährlichste Form der Herzrhythmusstörung.
Denn in der Folge kommt es zum Herzstillstand. Betroffene werden deshalb mit einem implantierbaren Defibrillator versorgt. Er erkennt sofort die lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung und löst einen elektrischen Schock aus. Dadurch wird das Herz wieder zum Schlagen und in einen normalen Takt gebracht.
Karolin Bartels ist herzkrank. Ein Defibrillator rettet ihr Leben.01.11.2022 | 5:35 min
Die 30-jährige Karolin Bartels leidet seit einem Autounfall 2014 unter regelmäßigem Kammerflimmern. Genetische Ursachen und Vorerkrankungen des Herzens konnten als Ursache ausgeschlossen werden. Sie überlebte bislang 25 solcher Anfälle:
So unterscheiden sich Vorhof- und Kammerflimmern
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. In Deutschland sind etwa 1,5 bis 2 Millionen Menschen davon betroffen.
Beim Vorhofflimmern kommt es zu einer übermäßigen Aktivität der Vorhofmuskulatur. Sie geht nicht in die Herzkammern über. Denn: Der AV-Knoten, der sogenannte Überleitungsknoten, verhindert das Übertreten des Flimmerns in die Herzkammern. Er wirkt also als eine Art "Frequenzbremse".
Das Herz schlägt bei einem Vorhofflimmern bis zu 160 mal pro Minute. Die Folgen sind beschleunigter Puls, Luftnot bei Belastung, geringere körperliche Leistung, Schwindel, Schmerzen in der Brust.
Vorhofflimmern führt nicht unmittelbar zum Tod. Es können sich jedoch Gerinnsel bilden, die Schlaganfälle oder lebensgefährliche Embolien und Herzinfarkte auslösen können.
Vorhofflimmern kann medikamentös mit Gerinnungshemmern, Antiarrhythmika und Betablockern sowie in manchen Fällen mit Ablationen (Verödung im Vorhof) gut behandelt werden. In manchen Fällen werden Herzschrittmacher eingesetzt.
An einem plötzlichen Herztod versterben in Deutschland etwa 65.000 Menschen pro Jahr. Kammerflimmern ist dafür mit Abstand die häufigste Ursache.
Kammerflimmern findet unmittelbar in den Herzkammern statt. Ohne äußerlichen elektrischen Impuls (Defibrillator-Schock) kann das Kammerflimmern nicht unterbrochen werden. Es kommt zum Herzstillstand.
Im Gegensatz zum Vorhofflimmern ist die Herzfrequenz beim Kammerflimmern mehr als doppelt so schnell. Es können Herzfrequenzen von über 350 Schlägen pro Minute vorkommen. Dabei können folgende Symptome auftreten: stark beschleunigter Puls, Krampfanfälle und Bewusstlosigkeit sowie eine Minderdurchblutung der Organe.
Unbehandelt führt Kammerflimmern zum Tod. Bei Überlebenden erhöht sich das Risiko eines erneuten Kammerflimmerns um etwa 30 bis 45 Prozent.
Kammerflimmern kann mit Gerinnungshemmern, Antiarrhythmika und Betablockern sowie Ablationen behandelt werden. Zusätzlich wird in nahezu jedem Fall ein ICD (Implantable Cardioverter Defibrillator), ein Defibrillator, implantiert.
von Susanne Gentsch
Herzrhythmusstörungen bei jungen Menschen
Sowohl für das Vorhof- als auch für das Kammerflimmern steigt das Risiko mit zunehmendem Alter und durch Begleiterkrankungen. Doch gerade Kammerflimmern betrifft nicht ausschließlich ältere Menschen. Jährlich erleiden 50 von 100.000 Menschen zwischen 35 und 44 Jahren einen plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern, wobei Männer häufiger davon betroffen sind.
Bei älteren Menschen sind oftmals eher Herzerkrankungen wie Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße, Herzschwäche oder Herzinfarkt Auslöser für Kammerflimmern. In wenigen Fällen können jedoch auch junge Menschen von diesen Vorerkrankungen betroffen sein, die ein Kammerflimmern auslösen. "Es gibt Studien, (…) wo man auch gesehen hat, dass nicht ganz wenige zum Beispiel akute Herzinfarkte hatten. Das ist selten, aber es kommt vor", erklärt Kardiologe Andreas Balzereit.
Was Sie über Herzrhythmusstörungen wissen müssen
Die meisten Herzrhythmusstörungen sind ungefährlich, jeder Mensch hat Extraschläge im Herzrhythmus.
Lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen sind selten. Sie treten vor allem in Verbindung mit Vorerkrankungen des Herzens auf.
Anzeichen sind u.a. Schwindel, ein unregelmäßiger, zu langsamer oder beschleunigter Puls, Luftnot bei Belastung und zunehmende Leistungsschwäche. Sie sollten ärztlich abgeklärt werden.
Gibt es ein familiäres Risiko für Herzerkrankungen, sollte ab dem 40. Lebensjahr neben den hausärztlichen Gesundheitschecks auch ein Kardiologe aufgesucht werden, um mögliche Herzerkrankungen frühzeitig zu erkennen.
Das Risiko für Vorhofflimmern hängt auch von Geschlecht, genetischer Belastung, Alter und Lebensstil ab. Daneben ist unbehandelter Bluthochdruck ein häufiger Auslöser.
Wer sich gesund ernährt, regelmäßig bewegt, Übergewicht, Rauchen und erhöhten Alkoholkonsum meidet, senkt das Risiko für Herzrhythmusstörungen.
…bietet im Rahmen der bundesweiten Herzwochen 2022 mit ihrer Aufklärungskampagne "Turbulenzen im Herz: Vorhofflimmern" unter www.herzstiftung.de/herzwochen ausführliche Informationen zum Thema Herzrhythmusstörungen.
Das menschliche Herz ist ein Hochleistungsorgan. Die Gesundheit des nur rund 300 Gramm schweren Muskels ist untrennbar mit der Psyche verbunden.29.09.2022 | 57:55 min