Bluetooth-Kopfhörer als Hörhilfe: Hearables können helfen
Lifestyleprodukt als Hörhilfe?:Wie moderne Kopfhörer das Hören verbessern
von Thomas Förster
|
Viele nutzen Bluetooth-Kopfhörer, um damit Musik vom Handy zu hören. Doch einige dieser Geräte können mehr: Sie helfen Menschen, besser zu hören.
Was man tun kann, wenn man eine leichte Hörminderung feststellt.08.12.2023 | 5:18 min
Manchem fällt es schwer, Gesprächen im Alltag zu folgen, vor allem bei lauten Umgebungsgeräuschen: Man versteht einzelne Wörter nicht, der Zusammenhang geht verloren. Sinnvoll ist dann immer ein Hörtest. Der kann zeigen, ob eine schwere Hörminderung vorliegt, die ein Hörgerät erforderlich macht.
Manchmal liegt aber auch nur eine leichte Hörminderung vor, die zu gering ist, um von den Krankenkassen ein Hörgerät bezuschusst zu bekommen. In solchen Fällen könnten so genannte Hearables ein sinnvolles Hilfsmittel sein.
Wer beim Hören Probleme hat, sollte als erstes einen Hörtest machen. Ab 50 Jahren wird er einmal im Jahr empfohlen. Er ist beim Hörgeräteakustiker oder HNO-Arzt möglich. Die Kosten für den Test bei einem HNO-Arzt werden bei begründetem Verdacht auf eine Hörminderung in der Regel von den Krankenkassen übernommen.
Hearables - was ist das?
Hearables sind Bluetooth-Kopfhörer mit smarten Zusatzfunktionen - ähnlich wie sie klassische Hörgeräte haben. Denn: Hearables können Sprache verstärken und störende Umgebungsgeräusche wegfiltern, auch wenn man darüber keine Musik hört.
Beispiel: Eine Unterhaltung an einer Straße mit viel Verkehr. Hier kann man die Sprache des Gesprächspartners verstärken und gleichzeitig die störenden Umgebungsgeräusche wegfiltern. Dadurch wird das Gespräch besser verständlich.
Hörgeräteakustiker Stephan Geist findet Hearables für viele Situationen hilfreich:
Eine junge Frau wird durch eine Erkrankung auf einem Ohr nahezu taub. Eines ihrer Gehörknöchelchen bewegt sich nicht mehr. Wie eine Mini-Prothese ihr hilft, wieder normal zu hören.
von Bianca Koch
mit Video
Der Unterschied zwischen Hearables und Hörgeräten
Hearables nutzen eine ähnliche Technik wie Hörgeräte. Für Experten haben Hörgeräte, auch Hörsysteme genannt, aber dennoch einen deutlichen technischen Vorsprung gegenüber den Lifestyleprodukten:
Hörgeräte können daher auch eine sehr starke Hörminderung ausgleichen, was Hearables nicht können.
Motorräder rasen durch Wälder, Urlaubsflieger starten über unsere Köpfe hinweg. Wie Lärm krank macht, erklärt der Kardiologe Thomas Münzel.
Interview
Für wen sich die Hörhilfen eignen
Hearables sind im Gegensatz zu Hörgeräten ein beliebtes Lifestyleprodukt. Menschen mit leichter Hörminderung können damit unter Umständen ihren Hörkomfort verbessern. Und: Mit Bluetooth-Kopfhörern herumzulaufen liegt im Trend. Wer Hearables trägt und eine Hörverstärker-Funktion nutzt, fällt dadurch weniger auf als mit einem Hörgerät.
Voraussetzung für einen Zuschuss der gesetzlichen Kassen zu einem Hörgerät ist die Verordnung eines HNO-Arztes. Kriterien für eine ausreichende Schwerhörigkeit sind:
Überschreitet die Hörminderung in bestimmten Frequenzen eine bestimmte Schwelle, übernehmen die Krankenkassen in der Regel die Kosten für die Grundversorgung mit einem klassischen Hörgerät.
Der Hörverlust muss auf dem besseren Ohr mindestens 30 Dezibel in bestimmten Frequenzen betragen.
Außerdem darf man bei einem festgelegten Worttest nicht mehr als 80 Prozent der Wörter verstehen.
Der Zuschuss variiert bei den einzelnen Krankenkassen etwas. Er beträgt bei einer beidseitigen Versorgung mit Hörgeräten rund 1.600 Euro. Allerdings bekommt man dafür nur ein einfaches Modell. Extras müssen die Versicherten selbst zahlen. Dafür können noch einmal mehrere Tausend Euro zusammenkommen. Der Versicherte muss immer einen Eigenanteil von 20 Euro für eine beidseitige Versorgung bezahlen.
Hearables dagegen muss man selbst bezahlen. Kostenpunkt: Zwischen 300 und 800 Euro.
Schlechtes Hören schadet dem Gehirn und kann langfristig sogar zu Demenz führen. Abhilfe schaffen können moderne Hörhilfen, wir geben einen Überblick, worauf zu achten ist.31.05.2023 | 3:20 min
Die Herausforderungen beim Einsatz von Hearables
Hearables werden vor allem über das Internet oder Elektronikmärkte vertrieben. Im Gegensatz zum klassischen Hörgerät muss man die individuellen Einstellungen der Geräte meist selbst vornehmen. Probleme können beim notwendigen Koppeln der Bluetooth-Kopfhörer und der Konfiguration der App auf dem Smartphone auftreten.
″Machbar ist es für jeden. Ich denke, wenn man das nicht so häufig macht, sollte man vielleicht Freunde oder Bekannte oder Verwandte einladen, die da vielleicht affiner sind, damit es leichter und schneller geht″, sagt Experte Stephan Geist.
Die hohen Sicherheitsanforderungen für Hörgeräte gibt es für Hearables nicht. Viele Hersteller begrenzen aber die Lautstärke auf einen Pegel von 85 Dezibel. Zumindest gelte das für Markenhersteller in Europa, sagt Stephan Geist. Doch er warnt: ″Natürlich muss man aufpassen, wenn man ein Billigprodukt aus dem Internet mit dubioser Herkunft ersteht, dass dort kein Schutz gegeben ist."
Sieben Jahre dauert es im Schnitt vom Auftreten erster Hörprobleme, bis Verbraucher ihre Ohren checken lassen. In dieser Zeit verringert sich die Hörleistung meist unbemerkt weiter. Das Gehirn gewöhnt sich daran, weniger Input zu bekommen. Wenn die Welt dann durch ein Hörgerät von einem auf den anderen Tag wieder laut wird, bedeutet das am Anfang eine Reizüberflutung für das Gehirn. Die Folge können Kopfschmerzen und Erschöpfung sein. Hier können Hearables eine sinnvolle Brückentechnik sein, die die Gewöhnung an klassische Hörgeräte erleichtert.
Hearables können auch Menschen ohne Hörminderung helfen
Auch Menschen, die noch gut hören, haben in bestimmten Situationen mit der Flut von akustischen Reizen zu kämpfen. Das kann so genannten Hörstress auslösen, sagt Hörgeräteakustiker Stephan Geist:
Hörstress kann vor allem eine Erschöpfung zur Folge haben, der man mit Hearables entgegenwirken kann. Beispiel: Man unterhält sich in einer größeren Menschenmenge mit großer Geräuschkulisse. Werden die Störgeräusche etwas weggefiltert, kann das das Zuhören erleichtern und dem Hörstress vorbeugen.
Fazit: Hearables können für Menschen mit und ohne Hörminderung Vorteile haben.
Gehörschutz gibt es in verschiedenen Ausführungen. Auch Ohrstöpsel versprechen wirksamen Schutz gegen Lärm. Tipps, wie sich damit bleibende Hörschäden verhindern lassen.