Gallensteine: Wann die Gallenblase entfernt werden muss

Gefährliche Gallensteine?:Wann eine Gallenblase entfernt werden muss

von Olaf Schwabe
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Jährlich werden in Deutschland 180.000 Gallenblasen entfernt. Doch ist dieser Eingriff immer notwendig? Eine Studie zeigt: Mit einer Operation kann oft auch abgewartet werden.

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Gallensteine können unerträgliche Schmerzen, sogenannte Gallenkoliken auslösen. Das passiert, wenn sie aus der Gallenblase wandern und sich in den Gallengängen festsetzen. Staut sich dadurch die Gallenflüssigkeit, muss schnell gehandelt werden. Sonst können gefährliche Entzündungen und Komplikationen auftreten, erklärt Johann Spatz, Chirurg am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in München.

Im schlimmsten Fall schreitet die Entzündung fort und ist dann so ausgeprägt, dass die Gallenblase platzen kann.

Priv.-Doz. Dr. Johann Spatz, Allgemein- und Viszeralchirurg

Wie sich eine Gallenkolik äußert

Bei einer Gallenkolik kommt es zu krampfartigen, wehenartigen Schmerzen im Oberbauch, die meist in den Rücken und in die Schultern ausstrahlen.

Die Kolik, also der krampfartige, zum Teil extrem intensive Schmerz, ist fast immer Beweis für das Vorliegen von Gallensteinen.

Priv.-Doz. Dr. Johann Spatz, Allgemein- und Viszeralchirurg

Es können aber auch schon unspezifische Vorboten eines Gallensteinleidens auftreten wie Völlegefühl, Blähungen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
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So entstehen Gallensteine

Gallenflüssigkeit besteht vor allem aus Wasser, Gallensäure, Cholesterin und Farbstoffen. Sie wird in der Leber produziert und in der Gallenblase gespeichert. Bei einem Ungleichgewicht, meist durch einen erhöhten Anteil des Cholesterins, kommt es zu Verklumpungen - cholesterinhaltige Steinchen bilden sich.
Gallensteine treten familiär gehäuft auf. Frauen haben im Vergleich zu Männern ein zweifach erhöhtes Risiko, da Östrogene deren Bildung begünstigen. Auch mit zunehmendem Alter erhöht sich das Risiko für Gallensteine.

Ein erhöhter Cholesterinspiegel kann unterschiedliche Ursachen haben. Dazu gehören eine cholesterinreiche Ernährung, Bewegungsmangel und Stress. Auch Erkrankungen wie Adipositas, Leber- und Nierenfunktionsstörungen oder ein Verschluss des Gallengangs können zu einem erhöhten Cholesterinwert im Blut und in der Gallenflüssigkeit führen.

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Wie Gallensteine diagnostiziert werden

Gallensteine sind im Ultraschall gut zu sehen. Schwieriger ist die Diagnose von Gallensteinen, die in Gallengängen liegen. Sie können mithilfe einer Untersuchung, der endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikographie, kurz ERCP, aufgespürt und entfernt werden. Der Eingriff birgt jedoch auch Risiken. So kann sich die Bauchspeicheldrüse entzünden oder der Gallengang verletzt werden.

Gefährlicher Stau von Gallenflüssigkeit

Ein Gallenstau ist nicht nur für die Gallenblase gefährlich. Oft ist auch die Bauchspeicheldrüse betroffen, die sich durch die aggressive Gallenflüssigkeit entzündet. Schlimmstenfalls kann sich das Organ durch die darin enthaltenen Verdauungsenzyme selbst zerstören. Das, so der Chirurg, kann in Einzelfällen auch tödlich verlaufen.

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Wann die Gallenblase raus muss

Blockieren Gallensteine die Gallengänge und führen zu Schmerzen, Koliken oder einem Gallenstau, ist eine Entfernung der Gallenblase dringend erforderlich. Ansonsten ist weiter mit Beschwerden oder sogar mit Komplikationen zu rechnen. Ein weiterer Grund für die Entfernung ist das Vorliegen größerer Steine. Sie können das Risiko für Gallenblasenkrebs erhöhen.

Gallensteine: Abwarten statt operieren?

Die Entfernung der Gallenblase zählt zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Experten diskutieren, ob der Eingriff immer nötig ist. Gesetzlich Versicherte können sich bei Zweifeln vor einer möglichen Operation eine zweite Meinung einholen.
Hintergrund: Ende 2023 wurden die Ergebnisse einer Studie zu dem Thema veröffentlicht. Untersucht wurden 434 Patienten mit Gallensteinen, die nur milde Symptome zeigten. Bei der Hälfte der Patienten wurde die Gallenblase minimalinvasiv entfernt, die andere Hälfte wurde nur symptomatisch mit schmerz- und krampflösenden Medikamenten behandelt. Das Ergebnis: Schmerzen, Lebensqualität und Komplikationsraten waren innerhalb der ersten 18 Monate in beiden Gruppen nahezu gleich.

Eine Gallenblasenentfernung wird in der Regel minimalinvasiv durchgeführt. Der Eingriff dauert etwa eine Stunde und wird unter Allgemeinanästhesie vorgenommen. Der Eingriff ist anspruchsvoll, da der Hauptgallengang direkt neben dem Gallenblasengang liegt und auf keinen Fall verletzt werden darf.

Ein Leben ohne Gallenblase ist ohne Probleme möglich, da das Organ nur als Speicher für die Gallenflüssigkeit dient. Die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit wird dann direkt über den Gallengang in den Dünndarm abgegeben.
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Quelle: dpa

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