Antibiotika: Gefährliche Nebenwirkungen durch Fluorchinolone
Fluorchinolone :Gefährliche Nebenwirkungen bei Antibiotika
von Christina-Maria Pfersdorf
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Haben Sie ein Antibiotikum erhalten, das auf "-floxacin" endet, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Alternativen. Die Nebenwirkungen von Fluorchinolonen können gravierend sein.
Durch Fluorchinolone-Antibiotika kann es zu schweren Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen kommen.15.12.2023 | 5:10 min
Plötzliche und unerklärliche Schmerzen, Probleme mit den Sehnen, Depressionen, Psychosen: Betroffene berichten nach der Einnahme von Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone oft von starken Nebenwirkungen. Bei manchen kommt es zu so schweren Einschränkungen, dass ihr normales Leben beeinträchtigt ist. Behörden warnen wegen möglicher Nebenwirkungen schon seit geraumer Zeit vor Fluorchinolonen.
Fluorchinolone sind eine Untergruppe der Chinolone. Sie werden auch als Gyrasehemmer bezeichnet und unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur stark von anderen Antibiotika. In Deutschland zugelassene Wirkstoffe aus der Gruppe der Fluorchinolone sind:
Ciprofloxacin
Levofloxacin
Moxifloxacin
Norfloxacin
Ofloxacin
Sie kommen zur Behandlung von Infektionen nur dann in Betracht, wenn Standardantibiotika versagt haben.
Fluorchinolone sollen nur noch ausnahmsweise verschrieben werden
Ärzte sollen diese Antibiotika nur noch in Ausnahmefällen und nach ausführlicher Risiko-Nutzen-Abwägung verschreiben. So steht es in den Rote-Hand-Briefen, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2019 und auch in diesem Jahr dazu veröffentlichte.
In einer aktuellen Studie ließ die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) den Einsatz von Fluorchinolonen in sechs europäischen Ländern untersuchen. Demnach gingen im Zeitraum von 2016 bis 2021 die Zahlen der Verordnungen nur moderat zurück, so dass die EU-weiten Maßnahmen zur Einschränkung der Anwendung dieser Arzneimittel nur eine geringe Wirkung gehabt hätten.
Rote-Hand-Briefe werden von Ärzten nicht immer befolgt
Das Bundesgesundheitsministerium hingegen sieht zumindest für Deutschland einen deutlichen Rückgang der Verordnungen. Nach Angaben des WIDO-Verordnungsreports waren es aber immer noch zwölf Millionen Tagesdosen, die im Jahr 2021 in Deutschland verschrieben wurden.
Für den Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser sind Rote-Hand-Briefe oft nicht nachhaltig genug: "Wenn man einen Rote-Hand-Brief liest, dann heißt das noch lange nicht, dass man ihn umsetzt, dass man ihn befolgt." Und selbst wenn man ihn befolge, hieße das nicht, dass man das die nächsten Monate befolge, so der Arzneimittelexperte.
Das Spektrum an Nebenwirkungen ist groß. Im Vordergrund stehen Auswirkungen auf Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem. Etwa:
Entzündungen von Sehnen
Muskelschmerzen, Muskelschwäche
Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen
Gangstörungen und neuropathische Symptome, zum Beispiel Schmerzen oder Brennen in Händen oder Füßen
sensorische Störungen (Seh-, Hör-, Geruchs- und Geschmacksstörungen)
Schlaflosigkeit, Ermüdung (Fatigue), Depressionen und Psychosen
Diese Nebenwirkungen sind sehr selten. Sie können direkt nach der Behandlung, aber auch erst einige Monate nach Behandlungsende auftreten. Häufig bilden sich die Beschwerden mit der Zeit wieder zurück. Sie können jedoch auch über Monate oder Jahre anhalten und möglicherweise bleibend sein. Manche der Symptome sind schwerwiegend und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Quelle: Unabhängige Patientenberatung Deutschland
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Fluorchinolone werden im Gehirn wirksam
Warum diese Antibiotika bei manchen Patienten schwere Nebenwirkungen auslösen, ist nicht klar. "Meistens trifft es einen nicht, aber wenn es einen trifft, dann ist es die Katastrophe," sagt Becker-Brüser.
Das Problem: In den meisten Fällen sind die Schäden nicht mit üblichen Verfahren diagnostizierbar. Doch ohne Diagnose ist es für Betroffene fast unmöglich, die Nebenwirkungen als Krankheit anerkennen zu lassen. Zudem werden ihnen schnell psychische Probleme als Ursache ihrer Symptome unterstellt.
Was nicht sichtbar ist, wird schnell angezweifelt. Eine junge Frau mit chronischer Erkrankung berichtet, wie belastend es ist, als Simulantin abgestempelt zu werden.
von Andrea Schuler
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Nebenwirkungen der Antibiotika in USA als Krankheitsbild anerkannt
In den USA ist man weiter. Hier hat man die Nebenwirkungen von Fluorchinolonen als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Auch werden Patienten dort deutlicher gewarnt. Seit 2008 machen "Black Box Warnings", schwarz eingerahmte Hinweise auf dem Beipackzettel, auf mögliche bleibende Sehnen-Schäden aufmerksam.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht das kritisch: Vor einzelnen Nebenwirkungen zu warnen, relativiere die möglichen anderen. In der EU und in Deutschland setze man eher darauf, auf das Verordnungsverhalten der Ärzte einzuwirken, so das BfARM auf ZDF-Anfrage. Gleichzeitig räumt man ein, dass man als Behörde keinen Einfluss auf die Gestaltung der ärztlichen Therapieleitlinien hätte.
Antibiotika versprechen schnelle Hilfe bei bakteriellen Infektionen, belasten aber häufig den Darm. Probiotika sollen die Beschwerden abmildern oder gar verhindern können.
von Julia Tschakert
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Als Patient nach anderen Antibiotika fragen
Patienten sollten immer nach Alternativen zu Fluorchinolonen fragen. In den meisten Fällen, in denen die Medikamente noch verschrieben werden, wirkt eine Vielzahl von anderen Antibiotika. Hat man bereits die Medikamente eingenommen und es treten Nebenwirkungen auf, gilt es, sofort zum Arzt zu gehen und die Symptome zu schildern.
"In der Regel werden diese Medikamente dann abgesetzt", erklärt Becker-Brüser. "Ein direktes Entgegenwirken bei Psychosen wird schwierig, da muss man dann Erfahrung haben. Bei Sehnenrissen oder Sehnenentzündung muss man halt ruhig stellen, eventuell entlasten, schienen, vielleicht sogar operieren."
Und hoffen. Bei vielen lassen die Symptome wieder nach. Doch bei manchen bleiben sie. Und sind zum Teil so gravierend, dass ein normales Leben für die Betroffenen nicht mehr möglich ist.
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von Gunnar Fischer
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Christina-Maria Pfersdorf ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".