Faktencheck
Ungesunde Tiefkühlprodukte:Özdemir will keine Pizza-Rezepte vorschreiben
von Jan Schneider
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Das Ernährungsministerium lässt erarbeiten, wie sich der Anteil an Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten senken lässt. "Bild" sieht einen Skandal, das Ministerium widerspricht.
Oft ist viel zu viel Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten.
Quelle: picture alliance / dpa
"Minister Özdemir plant die Supermarkt-Revolution" prangte am Montagmorgen auf Bild.de. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft wolle den Anteil von Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln stark reduzieren, unter anderem in Fertigprodukte wie Suppen, Pizza, Erfrischungsgetränke und Schokoriegeln. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) künftig in die Rezepte der Lebensmittelhersteller einmischen und staatliche Vorgaben für Tiefkühlpizza und Co. machen wolle.
Das Ministerium widerspricht auf Anfrage von ZDFheute deutlich:
Bei der Weiterentwicklung der Rezepturen handle es sich vielmehr um einen gemeinsamen wissenschaftlichen Prozess, an dem auch die Lebensmittelindustrie beteiligt ist, so das Ministerium weiter.
Was steckt hinter der Aufregung um die Fertiglebensmittel?
Fertiglebensmittel sind in der Regel nicht die gesündeste Art, sich zu ernähren. Um das zu ändern, hatte bereits die vorherige Regierung 2018 eine Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) ins Leben gerufen - die Ampel-Regierung führt diese fort. Im Zuge des Projekts hat sich die Lebensmittelwirtschaft selbst dazu verpflichtet, bis 2025 die Anteile der entsprechenden Zutaten zu reduzieren. So sollen verarbeitete Lebensmittel gesünder werden, damit sich alle Menschen leichter gut ernähren können.
Unter den Folgen ungesunder Ernährung litten demnach in erster Linie die Betroffenen, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, da durch sie die Kosten für das Gesundheitssystem steigen. Wie teuer genau, hat sich vor fast zehn Jahren ein Team an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) angesehen: Damals wurde berechnet, dass ungesunde Ernährung das Gesundheitssystem jährlich 16,8 Milliarden Euro kostet. Aktuell soll diese Berechnung aktualisiert werden. Nach groben Schätzungen ist aber die ungesunde Ernährung der wichtigste Risikofaktor für die Krankheitslast der Bevölkerung und dürfte für bis zu 30 Prozent aller Ausgaben im Gesundheitssystem verantwortlich sein.
Wie viel Salz ist gesund?
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten Erwachsene maximal sechs Gramm Salz pro Tag zu sich nehmen. Die meisten Menschen in Deutschland nehmen jedoch deutlich mehr zu sich. Das erhöht zum Beispiel das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken.
Fertigprodukte enthalten oft viel Salz. Teilweise liefert eine Portion bereits die empfohlene Tageshöchstmenge von sechs Gramm oder sogar mehr. Vor allem Fertigpizzen und asiatische Gerichte fallen durch hohe Salzgehalte negativ auf. Teilweise sind auch große Mengen an Zucker oder gesättigten Fettsäuren im sogenannten Convenience Food problematisch.
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Wie sollen die Lebensmittel gesünder werden?
Vorschläge für gesündere Lebensmittel soll das Max Rubner-Institut machen. Das BMEL hat dem Institut den Auftrag gegeben, "Reduktionsziele" für relevante Lebensmittelgruppen zu erarbeiten. Explizit sollen keine Rezepte erstellt werden, an die sich die Industrie dann halten soll.
Praxistest: Matjes mit weniger Salz
Um zu testen, wie sich die gesünderen Rezepturen auf die Haltbarkeit und den Geschmack von Produkten auswirken, hat das Max Rubner-Institut den Salzgehalt in verschiedenen Fischprodukten reduziert. Sowohl bei Matjes als auch kaltgeräuchertem Lachs wurde der Gehalt an Kochsalz mehr als halbiert. Dazu wurden sogenannte Salzaustauschpräparate genutzt wie Kalium oder Magnesium.
Bei der anschließenden Untersuchung wurden keine Unterschiede festgestellt: Sowohl Farbe, Textur oder die Entwicklung von Keimen glichen dem Produkt mit dem höheren Salzgehalt. Eine Verkostung mit Testesser*innen habe auch gezeigt, dass sich der Geschmack nicht negativ verändert hat, so das MRI.
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Gibt es auch Kritik an den Plänen?
Grundsätzlich werden die Pläne des BMEL in Fachkreisen positiv bewertet. "Diese sog. Reduktionsstrategie“ der vorherigen Bundesregierung war vom Prinzip her sinnvoll und technologisch gut umsetzbar," meint etwa Prof. Dr. Hans Hauner von der Technische Universität München.
Hauner schlägt vor, das Ministerium sollte doch Vorgaben machen oder zumindest Anreize geben, um eine Verbesserung des Angebots bei den Herstellern zu erreichen.
Was sagt Minister Özdemir zu der Aufregung?
Auch der Bundesminister hat auf die Berichterstattung der "Bild" reagiert und fragt, was daran skandalös sei, dass Fertigprodukte im Supermarktregal gesünder werden sollen. Skandalös wäre es demnach eher, wenn er sich "nicht darum kümmern würde".
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