Ernährungstrend Microgreens: Superfood aus der eigenen Küche
Ernährungstrend Microgreens:Superfood aus der eigenen Küche
von Christina-Maria Pfersdorf
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Sie sollen nicht nur gesund sein, mit ihnen kann auch jeder ganz einfach zum Gärtner werden: Microgreens. Was am Hype dran ist und was man beim Säen und Ernten beachten sollte.
Microgreens sind reich an Vitaminen und Mineralstoffen und aktuell sehr beliebt. Ökotrophologin Brigitte Bäuerlein zeigt, wie man sie ganz einfach selbst anbauen und verwenden kann.26.05.2023 | 8:11 min
Microgreens wachsen auf jeder Fensterbank, können im Sommer sowie im Winter geerntet und gegessen werden und punkten mit einem hohen Vitamin- und Nährstoffgehalt. Köche benutzen sie als Topping für hippe Gerichte und im Internet werden sie schon länger als Trend gefeiert.
Nach der Aussaat auf Erde, speziellem Substrat oder Zellstoffunterlagen kann man sie nach etwa zehn bis 14 Tagen ernten. Dazu werden die jungen Pflänzchen oberhalb der Wurzeln abgeschnitten. Microgreens sind also nichts anderes als Grünsprossen, auch Mikrogrün oder Babygrün genannt.
Keimsprossen sind die gekeimten Samen. Sie werden feucht und dunkel gezogen. Es wird alles, also Samen, Wurzeln und auch Keimblätter gegessen. Bekannt sind vor allem Soja- und Mungosprossen aus der asiatischen Küche. Keimsprossen werden ohne Tageslicht, Substrat oder Erde in speziellen Keimgefäßen gezogen und schon nach wenigen Tagen geerntet.
Microgreens sind Grünsprossen. Sie werden auf Anzuchterde oder Substrat ausgesät. Wenn man sie erntet, haben sich schon zwei, drei kleine Blättchen gebildet. Man schneidet sie oberhalb der Wurzeln ab. Im Unterschied zu den Keimsprossen wachsen sie länger.
Der entscheidende Unterschied zwischen Keimsprossen und Microgreens ist also der Entwicklungszustand.
Kresse, die Mutter der Microgreens
Die gute alte Kresse ist wohl das bekannteste Microgreen. Es lassen sich aber viele Gemüsesorten wie Brokkoli, Spinat, Rotkohl oder Rote Beete als Microgreens anbauen. Auch Senfsamen oder Sonnenblumenkerne kann man verwenden.
Nicht geeignet sind Nachtschattengewächse wie Tomaten oder Auberginen. Sie enthalten im unreifen Stadium Solanin, das zu leichten Vergiftungserscheinungen führen kann.
Gesünder als erwachsenes Gemüse?
Microgreens werden als sehr gesund beworben, da sie viele Vitamine und Nährstoffe enthalten.
Die brauchen die Baby-Pflänzchen für ihr Wachstum. Zwar ist die Konzentration der einzelnen Vitamine in den Microgreens hoch, allerdings lässt sich mit ihnen nur ein Bruchteil des täglichen Vitamin- und Nährstoffbedarfs abdecken.
Keine Ballaststoffe in Microgreens
"Man müsste schon riesige Mengen Microgreens verzehren", sagt Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen. Die Ernährungsreferentin findet daher den Hype um Microgreens überzogen.
Bunte Vielfalt, um bei Speisen zu variieren
Auch für Brigitte Bäuerlein sind Microgreens keine Alternative zu einer vollwertigen Ernährung mit viel Gemüse, aber eine schöne Ergänzung: "Die Minis schmecken knackig und frisch. Je nach Sorte haben wir bestimmte Geschmacksrichtungen."
Falsche Gesundheitsversprechen
Allerdings warnt die Verbraucherzentrale Bremen bei Microgreens bezüglich unerlaubter Gesundheitsversprechen: "In einigen Onlineshops werden unrealistische Gesundheitsversprechen zu den Samen und deren Inhaltsstoffen gemacht. Sie sollen Krankheiten heilen oder vorbeugen. Bestimmte gesundheitsbezogene Aussagen - die Health Claims - sind erlaubt."
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Auf Hygiene beim Anbau achten
Microgreens sind nicht ganz so empfindlich für Krankheitserreger, da sie nicht permanent im Feuchten stehen und oberhalb der Wurzel geerntet werden.
"Diese Samen sind dekontaminiert, damit sie keine unerwünschten Verunreinigungen wie krankmachende Bakterien enthalten", erklärt Bäuerlein.
Wichtig beim Anbau ist, durch regelmäßiges Lüften der Schalen Schimmelbildung zu vermeiden. Die Sprühflasche zum Befeuchten der Keimpflänzchen sollte immer frisch befüllt werden. In abgestandenem Wasser können sich leichter Keime bilden.
Rat: Abgepackte Microgreens schnell verzehren
Im Supermarkt gibt es auch abgepackte Microgreens. Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen empfiehlt, diese unbedingt gut zu waschen, kühl zu lagern und schnell zu verzehren. Ähnlich wie bei fertig abgepackten Schnittsalaten könne die Keimbelastung hier erhöht sein.
Im Internet und Handel werden Starter- oder Anzuchtsets angeboten. Sie enthalten neben dem Saatgut oft auch spezielle Gefäße. Laut Brigitte Bäuerlein ist diese Investition nicht nötig. "Eine flache Auflaufform, ein Pflanzenuntersetzer oder ein Plastikschälchen tun es auch."
Den Untersetzer etwa zwei Zentimeter hoch mit Anzuchterde auslegen. Die Samen dicht darauf legen, etwas andrücken und mit Hilfe einer Sprühflasche mit Wasser befeuchten. Je nachdem ob man Licht- oder Dunkelkeimer ausgesät hat, die Schale mit Frischhaltefolie oder einem Küchenhandtuch bedecken. Wichtig ist, dass ein feuchtes Mikroklima entsteht.
Um Schimmelbildung zu vermeiden, unbedingt dreimal täglich die Abdeckung entfernen und die Erde mit Wasser besprühen. Die Schalen sollten an einem warmen und hellen Ort, ohne direkte Sonneneinstrahlung stehen. Große und hartschalige Samen sollten vor der Aussaat eine Nacht in Wasser eingelegt werden.
Oft wird einfaches Küchenpapier oder Watte als Unterlage für die Aussaat empfohlen. Das sieht die Ökotrophologin kritisch: "Wenn es parfümiert ist, geht es natürlich nicht. Auch nicht, wenn es gebleicht oder gefärbt ist, denn das könnte Schadstoffe in die Pflanzen einbringen." Besser sind spezielle Anzuchtmatten aus Zellstoff wie Kokos.