Cannabis-Rezepte: Umstrittenes Online-Geschäftsmodell

    Boom auf Online-Plattformen:Cannabis-Rezepte: Umstrittenes Geschäftsmodell

    von Jan Henrich und Vanessa Meilin Rolke
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    Seit der Teillegalisierung bieten Online-Plattformen einfachen Zugang zu Rezepten für medizinisches Cannabis an. Die Branche wächst - doch das Geschäftsmodell wirft Fragen auf.

    Cannabis-Rezepte Online
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    Medizinisches Cannabis und das dazugehörige ärztliche Rezept "einfach, schnell und günstig" erhalten, so oder so ähnlich werben aktuell Online-Plattformen wie Dr. Ansay, Bloomwell oder CannGo. Seit der Teillegalisierung von Cannabis boomt das Geschäft mit dem verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Doch das System ist umstritten, denn bei den Angeboten verwischen die Grenzen zwischen medizinischem Einsatz und Freizeit-Konsum.

    Cannabis-Rezept innerhalb weniger Minuten

    Kein Kiffer-Image, kein Hinterhof, sondern moderne Büro-Atmosphäre, so präsentiert Julian Wichmann, Geschäftsführer der Online-Plattform Bloomwell, sein Unternehmen mit Sitz in Frankfurt. Er betont im Gespräch, seine Plattform stelle die technische Infrastruktur und die Betreuung, damit Ärzte sich auf die entsprechende Behandlung konzentrieren können. Eine Behandlung mit Cannabis. Von dessen medizinischem Nutzen ist Wichmann überzeugt.

    Man kann sich aus einer App heraus informieren, Cannabis-Patient werden und langfristig in erfolgreicher Therapie sein.

    Julian Wichmann, Geschäftsführer Bloomwell GmbH

    In der Umsetzung sieht das dann so aus: In einer Online-Maske werden Fragen zu Symptomen und Kontraindikationen wie Vorerkrankungen gestellt. Auf ein Rezept müssen Patienten danach nicht lange warten. Kopfschmerzen oder Schlafstörungen reichen aus, um eine Therapie mit Cannabis zu ermöglichen.
     Ein Mann zündet sich einen Joint an.
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    Über die Plattform können dann auch direkt Cannabis-Blüten bei angegliederten Apotheken gekauft werden. Wie oft tatsächlich ein Arztgespräch per Videokonferenz geführt wird, gibt Wichmann nicht an. Auch nicht, in wie vielen Fällen eine Behandlung mit Cannabis abgelehnt wird.

    Entkriminalisierung hat Rezeptausstellung erleichtert

    Einige dieser Plattformen gab es schon vor der Teillegalisierung. Auch der medizinische Einsatz von Cannabis war davor möglich. Doch seit dem 1. April boomt das Geschäft. Denn seitdem wird Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel geführt, was die Verschreibung einfacher macht.

    Bereits seit Mai 2011 sind Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis zugelassen, solange diese in Deutschland hergestellt wurden und es über ein Betäubungsmittelrezept verschrieben wird. Außerdem war die ärztlich begleitete Selbsttherapie möglich.

    Seit März 2017 ist es Ärzten möglich, ihren Patienten auch Arzneimittel mit THC, Cannabis-Blüten oder Cannabis-Extrakt zu verschreiben. Das galt allerdings nur für solche Patienten, die an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden. Vor der erstmaligen Verschreibung musste der Patient sich die Therapie genehmigen lassen.

    Für Patienten, die palliativ versorgt wurden, galt eine Ausnahme, ein Antrag war hier nicht nötig. Unter strengen Voraussetzungen war eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen möglich. Seit April 2024 wurde Cannabis endgültig aus dem Betäubungsmittelgesetz genommen und kann nunmehr als Arzneimittel verschrieben werden. Damit ist kein Betäubungsmittelrezept mehr nötig.

    Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

    Bei den ausgestellten Rezepten handelt es sich fast ausschließlich um Privatrezepte, also solche Rezepte, die nicht als Kassenleistung abgerechnet werden. Der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken geht insgesamt von einem Anstieg zwischen 20 und 30 Prozent beim Einsatz von medizinischem Cannabis seit April aus.
    T-Shirt mit Aufdruck "Cannabis Social Club"
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    Bund der Cannabis-Patienten fordert mehr Differenzierung

    Die Aufmachung der Plattformen ist umstritten. Kritik kommt auch von denjenigen, die sich seit Jahren für die Verwendung von Cannabis in der Medizin einsetzen. Bei den Anbietern sei alles auf das Endprodukt ausgelegt, sagt Michael Kambeck vom Bund der Deutschen Cannabis-Patienten. Das Ergebnis stehe fest, bevor ein Arzt tatsächlich untersucht hätte. Das sei problematisch.

    Seriös ist aus meiner Sicht kein Anbieter, der auf seiner Webseite von vornherein sagt, hier bekommst du Cannabis.

    Michael Kambeck, Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V.

    Er würde sich eine stärkere Abgrenzung zwischen Freizeit-Konsum und medizinischem Einsatz wünschen. Denn die Vermischung würde zu einem stärkeren Stigmatisierungseffekt gegenüber denjenigen führen, die auf die Behandlung angewiesen seien.

    Geschäftsmodell wirft rechtliche Fragen auf

    Auch aus juristischer Sicht wirft das Geschäftsmodell Fragen auf. Nach dem Heilmittelwerbegesetz ist zum einen die Werbung für Fernbehandlungen nur dann erlaubt, wenn nach anerkannten fachlichen Standards in dem Bereich ein persönlicher ärztlicher Kontakt nicht notwendig ist. Außerdem ist Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel außerhalb von Fachkreisen verboten.
    Doch auch Ärztekammern haben die beteiligten Ärzte wegen möglicher Verstöße gegen berufsrechtliche Sorgfaltspflichten im Blick. Allerdings setzen einige Plattformen auf Ärzte mit Sitz im Ausland, was die Kontrolle erschwert.
    Jan Henrich und Vanessa Meilin Rolke arbeiten in der ZDF-Fachredaktion Recht & Justiz.
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