Blutzucker messen zur Selbstoptimierung - Was bringt's?
Lifestyle-Trend Blutzuckermessen:Taugen Glukose-Sensoren für Nicht-Diabetiker?
von Christina-Maria Pfersdorf
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Schlanker, fitter, gesünder - ein gesunder Blutzuckerspiegel soll der Schlüssel sein. Immer mehr Nicht-Diabetiker kontrollieren ihre Zuckerwerte. Doch wie sinnvoll ist das?
Einfache Blutzuckerkontrolle: Mit Glukose-Sensor und App kann der Blutzucker gemessen und überprüft werden. Können auch Nicht-Diabetiker von diesem System profitieren?
Quelle: imago/Panthermedia
Ein kleiner Pieks und schon hat sich ein Sensor mit Fäden in der Haut am Oberarm festgezogen. So wird nach jedem Bissen, der gegessen wird, der individuelle Blutzuckerspiegel gemessen. Und was gegessen wird, tragen die Nutzer akribisch in einer App ein. Ein Algorithmus wertet die Daten dann aus und so soll man nach dem meist 14-tägigen Testzeitraum erfahren, wie der individuelle Blutzucker auf verschiedene Speisen und Getränke reagiert.
Firmen verkaufen solche Gewebezuckersensoren als Lifestyle-Produkte, die Empfehlung der individuell richtigen Lebensmittel gibt es oben drauf. Je nach Test-Zeitraum und Angebot bekommt man das ab 150 Euro.
"Tatsächlich zeigen Studien, dass Menschen ganz unterschiedlich auf Ernährung reagieren, dass die Blutzuckerwirkung von verschiedenen Nahrungsmitteln ganz unterschiedlich ist", bestätigt Bernhard Kulzer vom Diabetes-Zentrum in Bad Mergentheim. Dennoch dienten die Sensoren vor allem zur Optimierung.
Wie wichtig ist ein stabiler Blutzuckerspiegel?
Blutzuckermessen für Nicht-Diabetiker ist im Trend, nicht zuletzt durch verschiedene Influencer in den Sozialen Medien. Ganz vorne dabei ist die französische Biochemikerin Jessie Inchauspé, die mit ihrem Instagram-Account "Glucose-Goddess" mehr als fünf Millionen Follower hat. Sie ist überzeugt, dass ein stabiler Blutzuckerspiegel der Schlüssel zu Gesundheit und Vitalität sei.
Tatsächlich sind permanente Blutzuckerschwankungen nicht gut: Heißhungerattacken, Müdigkeit, Gewichtszunahme und langfristig die Entwicklung von einem Diabetes Typ 2 können die Folge sein.
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Glukose ist der Zucker, der aus der Nahrung in den Zellen landet und den Körper mit Energie versorgt. Für diesen Transport in die Zellen ist das Hormon Insulin notwendig, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Der Gegenspieler des Insulins ist das Glukagon. Wenn der Blutzuckerspiegel zu niedrig ist, sorgt es dafür, dass die im Körper in Form von Glykogen gespeicherte Glukose wieder freigesetzt wird. Ein gesunder Blutzuckerwert sollte eine Stunde nach einer Mahlzeit bei etwa 120 bis 140 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) liegen.
Wann die Kontrolle des Blutzuckers sinnvoll sein kann
Ernährungswissenschaftlerin Brigitte Bäuerlein hält die Blutzuckerüberwachung bei gesunden Menschen für nicht notwendig, schränkt aber ein: "Es kann jedoch in speziellen Situationen nützlich sein. Zum Beispiel um Prädiabetes zu erkennen, den Blutzuckerspiegel bei spezifischen gesundheitlichen Problemen oder Lebensstiländerungen zu überwachen und auf Symptome von Blutzuckerschwankungen zu reagieren." Auch im Leistungssport könne eine Kontrolle Hinweise auf eine Optimierung der Nährstoffzufuhr geben, so die Ökotrophologin weiter.
Doch auch ohne Geräte bekomme man vom Körper ganz gute Hinweise, ob der Blutzuckerspiegel im Lot sei: "Wenn der Energielevel und der Hunger über den Tag verteilt stabil bleiben, ist das ein Hinweis auf einen Blutzucker in Balance", sagt Bäuerlein. Unregelmäßiger Appetit, Konzentrationsschwierigkeiten und Stimmungsschwankungen könnten tatsächlich auch auf einen aus dem Takt gekommenen Blutzuckerspiegel deuten.
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Blutzuckerpeaks durch richtige Ernährung vermeiden
"Glukosebewusst", so nennen die Ernährungs-Influencer die Empfehlungen, die sie auf ihren Seiten oder in ihren Büchern geben: Blutzuckerpeaks durch entsprechendes Essverhalten und den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel vermeiden. Dabei entspricht das im Großen und Ganzen dem, was schon immer Grundlage eines ausgeglichenen Blutzuckerspiegels war: Eine gesunde, vollwertige Ernährung mit viel Gemüse und Hülsenfrüchten sowie regelmäßige Bewegung.
Außerdem kann man mit der Reihenfolge der aufgenommenen Lebensmittel viel erreichen: "Wenn Kohlenhydrate am Ende der Mahlzeit konsumiert werden, nachdem ballaststoff- und proteinreiche Lebensmittel gegessen wurden, wird der Blutzuckeranstieg deutlich verlangsamt", erklärt Brigitte Bäuerlein. Die vorher verzehrten Nährstoffe sorgten für eine langsamere Verdauung der Kohlenhydrate und damit für einen stabileren Blutzuckerspiegel, ergänzt die Ökotrophologin.
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Tipps für einen gesunden Blutzuckerspiegel
Ein Salat oder eine Suppe vor einer Hauptmahlzeit lassen den Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigen. Außerdem ist man schneller gesättigt und nimmt so weniger Kohlenhydrate auf.
Bei gekochten und wieder abgekühlten Kohlenhydraten wie Nudeln, Kartoffeln oder Reis, verändert sich die darin enthaltene Stärke und wird im Körper anders verstoffwechselt. Der Blutzuckerspiegel steigt so langsamer an. Das funktioniert auch, wenn die Beilagen später wieder aufgewärmt werden.
Hafer enthält viele komplexe Kohlenhydrate, die Heißhunger vorbeugen. Das Superfood enthält auch Beta-Glucan, einen Ballaststoff, der sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt.
Obwohl die Studienlage noch nicht eindeutig ist, gibt es Hinweise, dass Apfelessig, eingenommen vor kohlehydratreichen Mahlzeiten, dazu beitragen kann, den Blutzuckerspiegel zu senken.
Mehrstündiger Nahrungsverzicht zwischen den Hauptmahlzeiten verhindert Blutzuckerspitzen. Süßes wie Kuchen oder Nachtisch am besten direkt nach einer Mahlzeit verzehren.
Blutzuckerkontrolle beim Arzt
Beim Check-Up, für den die gesetzlichen Krankenkassen alle drei Jahre die Kosten übernehmen, kann man seine Zuckerwerte überprüfen lassen und schon mal eine gute Orientierung bekommen.
Christina-Maria Pfersdorf ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
Gesunde Ernährung soll einfacher werden. Das erhofft sich die Politik von Maßnahmen, die etwa den Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln reduzieren sollen. Wie das gelingen kann.
von Agnes Heitmann
mit Video
Quelle: ZDF
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