Beinfehlstellungen bei Kindern:Wann O- und X-Beine zum Problem werden
Eine Fehlstellung der Beine führt bei Kindern kaum zu Beschwerden. Tückisch, denn das richtige Alter ist ausschlaggebend, wenn ein Eingriff nötig ist. Was Eltern wissen müssen.
Nicht alles, was wie ein O- oder X-Bein aussieht, ist bei Kindern eine Fehlstellung. Im Gegenteil: Beides gehört zur normalen Wachstumsentwicklung. Kinder können bis zum dritten Lebensjahr noch sichtbare O-Beine haben. Ursache ist die zusammengekauerte Position des Babys im Mutterleib, die die flexiblen Knochen verformt. Mit dem Laufen entwickeln sich Kinderbeine dann zu X-Beinen und werden erst zum Schulalter hin gerade.
Wann sollten Eltern zum Arzt gehen?
Professor Jürgen Fischer, Orthopäde aus Darmstadt, sieht häufig Kinder mit O- oder X-Beinen und kennt die Warnsignale. Eine ärztliche Abklärung ist ratsam, wenn:
- die Proportionen von Armen und Beinen nicht passen,
- Kinder hinken,
- über Knieschmerzen klagen,
- eine sichtbare Beinlängendifferenz aufweisen,
- sich ein O- oder X-Bein im Laufe des Wachstums verschlimmert oder
- die Beine nach Abschluss des zehnten Lebensjahres nicht gerade erscheinen.
Tipp: Regelmäßige Fotoaufnahmen oder der Vergleich mit gleichaltrigen Kindern können bei der Einordnung helfen. Oder prüfen, ob bei O-Beinen die Kniegelenke beziehungsweise bei X-Beinen die Fußknöchel dauerhaft mehr als 8 Zentimeter (eine Handbreit) auseinander stehen.
O-Beine oder X-Beine? Regelmäßige Fotoaufnahmen oder der Vergleich mit gleichaltrigen Kindern können bei der Einordnung helfen. (Symbolbild)
Quelle: dpa
Welche Ursachen kann eine Beinfehlstellung haben?
Beinfehlstellungen sind meist erblich bedingt. Sie können aber auch durch Stoffwechselstörungen wie Vitamin-D-Mangel, eine Gelenkentzündung oder Wachstumsstörungen ausgelöst werden. Jürgen Fischer rät auch nach Knochenbrüchen nahe des Kniegelenks aufmerksam zu sein: "Wird dabei die Wachstumsfuge verletzt, kann das Wachstum beschleunigt oder gebremst werden. Dann kommt es zu Abweichungen." Risikofaktoren sind zudem Übergewicht und mangelnde Bewegung.
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Wie wird eine Beinfehlstellung behandelt?
Ist eine Beinfehlstellung diagnostiziert, kann sie bei Kindern und Jugendlichen durch eine Epiphyseodese, eine sogenannte wachstumslenkende Operation korrigiert werden. Der Eingriff ist minimal-invasiv.
Abhängig von der Art der Fehlstellung wirken Mediziner dabei entweder auf die Innen- oder Außenseite der Wachstumsfuge nahe des Kniegelenks ein. Das Wachstum wird damit auf dieser Seite unterbunden, während die andere Seite normal weiterwächst. Die Beinachse begradigt sich.
Wann wird eine Beinfehlstellung behandelt?
Voraussetzung für eine wachstumslenkende Operation ist, dass sich das Kind kurz vor Ende der Wachstumsphase befindet. Als Richtwert gilt der Eintritt in die Pubertät. Eine Ausnahme bilden stärker ausgeprägte Fehlstellungen. Diese sollten früher behandelt werden.
Um genauer eingrenzen zu können, wie viel Restwachstum noch zu erwarten ist, ermitteln Ärzte das Skelettalter der Patienten. Da die Betroffenen im Kindes- und Jugendalter meist kaum Beschwerden haben, ist die OP vorsorglich.
Schielt ein Kind, sollte das korrigiert werden. Denn unbehandelt kann es unter anderem zu einer Schwachsichtigkeit führen. Für die Therapie gibt es verschiedene Möglichkeiten.
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Wird ein krankhaftes O- oder X-Bein nicht korrigiert, kann das im Laufe des Lebens zu Abnutzungserscheinungen, einer
Arthrose führen. Verpasst man den Zeitpunkt für eine wachstumslenkende Operation, wäre eine Korrektur nur mittels Osteotomie möglich: ein deutlich größerer und aufwändigerer Eingriff, der nur bei Beschwerden durchgeführt wird.
Gibt es Alternativen zur OP?
"Bei erblich bedingten Fehlstellungen ist die rechtzeitige OP das Mittel der Wahl", so Fischer. Ansonsten sollte man die Ursache der Fehlstellung ermitteln und diese zunächst behandeln.
Bei gering ausgeprägten O- oder X-Beinen können auch Einlagen helfen, Gelenkabnutzungen zu vermeiden. Die eigentliche Fehlstellung wird so aber nicht behoben. Der Orthopäde rät, Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt wahrzunehmen und Auffälligkeiten frühzeitig abklären zu lassen. Aber er beruhigt auch: "Die meisten Fehlstellungen, die wir sehen, und das sind sicher 90 Prozent, sind normale Entwicklungen."
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