Häufiger Zufallsbefund:Aneurysma im Kopf: Behandeln oder beobachten?
von Gunnar Fischer
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Die Diagnose Hirnaneurysma versetzt Betroffene in Angst und Schrecken. Sie fragen sich: Wie groß ist die Gefahr, dass es platzt und zu einer lebensbedrohlichen Gehirnblutung führt?
Wird bei einer Untersuchung zufällig ein Hirnaneurysma entdeckt, stellt sich die Frage: Was tun? In welchen Fällen ein Eingriff ratsam ist und wann eher nicht.16.10.2024 | 5:35 min
Es sind Schlagzeilen wie "Tickende Zeitbombe", "Mit dem Damoklesschwert im Kopf" oder "Aneurysma gleicht einem Pulverfass", die mit der Diagnose Hirnaneurysma angsteinflößende Assoziationen hervorrufen. Tatsächlich besteht Lebensgefahr, wenn ein Hirnaneurysma platzt.
Kommt es zu einer solchen Notfallsituation ist eine schnellstmögliche Versorgung in spezialisierten Zentren erforderlich. Denn der Riss eines Aneurysmas, auch Ruptur genannt, kann zu einer lebensbedrohlichen Hirnblutung führen. Es drohen schwerwiegende Beeinträchtigung oder der Tod.
Schätzungsweise zwei Millionen Menschen in Deutschland leben mit einem Hirnaneurysma - die meisten von ihnen, ohne es zu wissen. Häufig werden die Gefäßerweiterungen zufällig entdeckt. Allerdings sei das Risiko für eine derart fatale Hirnblutung vergleichsweise gering, erklärt Nima Etminan, Neurochirurg an der Universitätsmedizin Mannheim.
In der Regel wurde bei den Betroffenen aus anderen Gründen eine Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (CT, MRT) durchgeführt, etwa nach einem Trauma oder um bestimmte neurologische Erkrankungen auszuschließen.
Das Wort "Aneurysma" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Aufweitung". Es handelt sich dabei um Ausbuchtungen oder Aussackungen von Arterien, die an verschiedenen Stellen im Körper entstehen können, etwa an der Bauchschlagader oder in Blutgefäßen im Gehirn.
Normalerweise sind Arterien fest und elastisch. Ist die Gefäßwand geschwächt, kann es zu einem Aneurysma kommen. Oft bleiben die krankhaft erweiterten Gefäße unbemerkt, weil sie keine Symptome verursachen.
Zu den Risikofaktoren für die Entstehung eines Aneurysmas gehören Bluthochdruck, Arteriosklerose und Rauchen. Zudem werden erbliche Faktoren diskutiert.
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Hirnaneurysma: Behandeln oder Beobachten?
Auf die Diagnose folgt unweigerlich die Frage: Was tun mit der zufällig entdeckten Gefäßaussackung? Behandeln oder beobachten? Neurochirurg Etminan, der das Ruptur-Risiko von Aneurysmen im Gehirn seit Jahren wissenschaftlich untersucht, kann beruhigen.
Aneurysmen bei Patienten, die ein sehr niedriges Risiko für eine Gehirnblutung haben, können zunächst jährlich im MRT beobachtet werden. Erst wenn sich hier ein Wachstum des Aneurysmas zeigt, sollte behandelt werden.
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Risko für Ruptur bestimmen
Wie hoch das individuelle Risiko für eine Ruptur des Hirnaneurysmas ist, lässt sich anhand einer Reihe von Faktoren gut bestimmen. Demnach haben Raucher ein dreifach erhöhtes, Frauen ein 1,5-faches erhöhtes Risko. Relevant sind zudem Faktoren wie Bluthochdruck sowie eine familiäre Vorbelastung.
Vor allem aber spielen die Lokalisation, die Form und die Größe des Aneurysmas eine Rolle, erläutert Etminan. "Wenn das Aneurysma größer als sechs Millimeter ist, unregelmäßig und instabil aussieht, dann sollte man über eine prophylaktische Behandlung nachdenken", so der Neurochirurg.
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Hirnaneurysma: Wie behandelt werden kann
Das Ziel der Behandlung besteht darin, das Aneurysma vom Blutkreislauf abzutrennen, um eine Ruptur mit der Folge einer Hirnblutung zu verhindern. Hierfür stehen zwei verschiedene Behandlungsmethoden zur Verfügung: Das mikrochirurgische Clipping und das endovaskuläre Coiling. Während das Coiling als die sanftere Methode gilt, garantiert das Clipping einen dauerhaften Komplettverschluss.
Behandlungsmethoden von Hirnaneurysmen
Beim Coiling wird die Gefäßausweitung per Katheter über die Leiste mit kleinen Platinspiralen ausgefüllt und auf diese Weise verschlossen. Das Verfahren ist eine Methode, die in der interventionellen Neuroradiologie verwendet wird. Häufig kommen hierbei auch zusätzliche Hilfsmittel wie Stents oder sogenannte "Flow-Diverter" zum Einsatz. Diese Mini-Implantate leiten den Blutstrom am Aneurysma vorbei.
Beim Clipping handelt es sich um eine offene mikrochirurgische Operation. Bei dem neurochirurgischen Eingriff wird unter dem Operationsmikroskop das Aneurysma aufgesucht und mit einem oder mehreren Titanclips vom Blutfluss abgeklemmt. Sie können lebenslang im Körper verbleiben.
Beim Coiling kommt es gelegentlich zu Rückfällen. Aus diesem Grund wird das Clipping vorzugsweise jüngeren Menschen empfohlen. Welche Methode letztendlich zum Einsatz kommt, muss individuell entschieden werden. Auch die Lokalisation, die Form der Gefäßaussackung beziehungsweise die Zugangswege zum Aneurysma spielen dabei eine Rolle.
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Eingriff birgt Risiken
Aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge kommt es bei bis zu fünf Prozent der Behandelten zu therapiebedingten Komplikationen. Dazu gehören schwere Nachblutungen, eine dauerhafte Epilepsie oder eine Gefäßverletzung beziehungsweise ein Gefäßverschluss mit einem Schlaganfall, was zu bleibenden Schäden führen oder sogar tödlich verlaufen kann.
Bei der Frage, ob überhaupt behandelt werden soll, müssen auch das Lebensalter, Vorerkrankungen sowie das Risiko des Eingriffs für schwere Komplikationen für jeden einzelnen Fall bewertet werden.
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von Julia Zipfel
mit Video
Quelle: ZDF
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