Trend zu Alkoholfrei: Warum junge Menschen auf Alkohol verzichten
Trend zu Alkoholfrei:Warum junge Menschen auf Alkohol verzichten
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Der Alkoholrausch wird derzeit vom Wunsch nach mehr Kontrolle und der dafür notwendigen Nüchternheit abgelöst. Warum? Und wie nachhaltig ist der Trend?
Mehr Menschen leben alkoholfrei
Quelle: Imago
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums liegt bei neun Millionen Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren ein problematischer Alkoholkonsum vor. Gleichzeitig geht das regelmäßige Trinken unter jungen Menschen seit Jahrzehnten zurück. Aktuell scheint es sogar mehr denn je in Mode zu sein, an einem sogenannten Mocktail zu schlürfen, anstatt sich erst ein Bier und dann noch ein Bier zu bestellen. Und dann noch einen Absacker.
In München hat vor kurzem der erste alkoholfreie Biergarten der Stadt aufgemacht; in Berlin gibt es seit 2021 einen Späti, der nur Nullprozentiges verkauft. Und in den Sozialen Medien teilen diverse Nutzer unter den Hashtags "nüchtern", "alkoholfrei" oder "sober" ihre Erfahrungen mit Abstinenz.
Statt Alkohol lieber alkoholfrei - ein Kneipenwirt aus München hat das umgesetzt. In der Stadt mit den meisten Biergärten gibt es jetzt einen, in dem kein Alkohol serviert wird.26.07.2024 | 2:17 min
Jugendforscher: Im Alltag die Kontrolle behalten
"Der Anteil derer, die gar nicht mehr konsumieren, wächst", sagt der Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Grundsätzlich werde Alkohol zurückhaltender getrunken. "Vor 30 Jahren war es ganz normal, dass Handwerker einen Kasten Bier mit zur Baustelle gebracht haben", erinnert er.
Heute möchte man im normalen Alltag die Kontrolle behalten.
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Klaus Hurrelmann, Jugendforscher
Diesen Wunsch nach Kontrolle und "Konzentrationsfähigkeit" bringt der Sozialwissenschaftler wiederum in Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung. "Um die Übersicht zu behalten, brauche ich Konzentration."
Immer mehr trinken bewusst Bier ohne Alkohol. In den letzten Jahren hat sich der Absatz fast verdoppelt. In München gibt es jetzt den ersten alkoholfreien Biergarten. Auch bei Wein- und Sektsorten steigt die Nachfrage.27.07.2024 | 4:50 min
Für junge Menschen heute sei es aufgrund der vielen Ablenkungen - allein ein Smartphone bietet genügend - schwieriger, Leistung zu erbringen. "Sie stehen unter hoher Anspannung", erklärt Hurrelmann und verweist auf Jugendstudien, an denen er mitgearbeitet hat. "Vor allem seit Corona erleben junge Menschen einen deutlichen Anstieg von Belastungen." Es sei umso bemerkenswerter, dass diese Jugend dem nicht mit Betäubungsmitteln, sondern "nüchtern" entgegentrete.
Industrie reagiert: Mehr alkoholfreies Bier und Wein
Die Getränkeindustrie reagiert längst auf die steigende Nachfrage nach Alkoholfreiem. Die Brauer in Deutschland bringen etwa fast wöchentlich ein neues alkoholfreies Bier auf den Markt. Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes (DBB), schwärmt von einer "einzigartigen Erfolgsstory".
Diese alkoholfreien Cocktails sind perfekt für den Sommer. Mit "Virgin Summer Crush" und "Banoffe" zeigt Barkeeper Nic Shanker, wie man es sich richtig gut gehen lassen kann.22.07.2024 | 9:21 min
Der DBB schätzt, dass alkoholfreie Biere bald zehn Prozent des deutschen Biermarktes ausmachen werden - aktuell sind es acht Prozent. Allerdings würden damit auch ganz neue Konsumentenkreise erreicht, also Verbraucher, die zuvor kein oder kaum Bier im Kühlschrank hatten.
Auch einige Winzer haben inzwischen die Nische für sich entdeckt. Zwar liegt der Marktanteil der alkoholfreien Weine nach Branchenschätzungen nur bei rund einem Prozent - aber immer mehr Menschen greifen im Weinregal zur Alternative. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts ist der Absatz vergangenes Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent gewachsen.
Bisher gilt in Deutschland: „Begleitetes Trinken“, also Bier, Wein oder Sekt trinken, ist unter Aufsicht der Eltern ist ab 14 Jahren erlaubt. Ist das sinnvoll oder fahrlässig?02.08.2024 | 2:33 min
Alkoholkonsum bleibt problematisch
Laut Silke Biester vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin ist Alkohol trinken gesellschaftlich aber weiterhin "total akzeptiert, ja, es wird sogar unterstützt". Grundsätzlich sei der Trend zu einem alkoholfreien oder zu reduziertem Alkoholkonsum zu begrüßen. Aber:
Wir können in unseren Beratungen nicht feststellen, dass es unter jungen Menschen weniger massiven Alkoholkonsum gibt.
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Silke Biester, Fachreferentin für Suchthilfe und Psychiatrie
Zwar gebe es Trends wie den "dry january" oder "sober october" - Verzichtsmonate, deren Teilnehmer keinen Alkohol trinken. "Aber manche nutzen solche Wochen des Verzichts nur, um nachher sagen zu können: Siehst du, ich habe kein Problem mit meinem Alkoholkonsum. Das Ziel müsste aber sein, insgesamt wenig zu trinken", sagt Biester.
Quelle: dpa
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