Wie gefährlich sind Fungizide und Pestizide auf Früchten?
Pflanzenschutzmittel auf Orangen:Zitrusfrüchte sorgenfrei genießen - so geht's
von Karen Grass
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Im Sommer-Drink dürfen Zitrusfrüchte nicht fehlen. Doch viele sind mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Diese Tipps ermöglichen Ihnen einen sicheren Fruchtgenuss.
Zitrusfrüchte sind gesund, erfrischend und vielfältig. Doch was steckt alles in der Schale? Sind sie wirklich sorgenfrei verzehrbar?
Quelle: AFP
Ob Fruchtfleisch oder nur die Schale, als gesunder Snack, Saft oder Aromageber in Drinks und Gerichten: Zitrusfrüchte sind vielfältig einsetzbar. Doch laut Untersuchungen finden sich auf den allermeisten Früchten Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.
In Deutschland sind circa 1.000 Pflanzenschutzmittel zugelassen - wie Insektizide oder Fungizide. Ein Pflanzenschutzmittel besteht aus einem giftigen Wirkstoff und einem oft auch giftigen Beistoff, der das Mittel zum Beispiel wasserlöslich macht.12.07.2021 | 0:29 min
Das besonders häufig verwendete Fungizid Imazalil, das Schimmelbildung auf der Schale vorbeugen soll, gilt als Kanzerogen der Kategorie 2, "kann vermutlich Krebs erzeugen". In Tierversuchen wurden gewisse Anhaltspunkte für eine tumortriggernde Wirkung gefunden. Produkte wie Pflanzenschutzmittel werden in der EU auf ihre Gefährlichkeit überprüft und entsprechend in Kategorien eingestuft.
Die drei Kategorien der Krebsgefahr
Nachgewiesenermaßen krebserzeugend beim Menschen:
Epidemiologische Studien ergeben eindeutige Hinweise auf eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen.
Erwiesen krebserzeugend bei Tieren:
Die krebserzeugende Wirkung konnte bislang nur in Tierversuchen eindeutig nachgewiesen werden, ist jedoch auch beim Menschen aufgrund hinreichender Anhaltspunkte wahrscheinlich.
Kann vermutlich Krebs erzeugen:
Geeignete Tierversuche geben wegen einer möglicherweise krebserzeugenden Wirkung beim Menschen Anlass zur Besorgnis, jedoch reichen die Anhaltspunkte hierfür nicht für eine Einstufung in die Kategorien 1A oder 1B aus.
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So wird das Risiko eingeschätzt
Imazalil gilt laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als nicht erbgutschädigend. Welches Risiko von dem Stoff ausgeht, sei dosisabhängig, so das BfR. Dabei spielen laut dem Institut zwei Referenzwerte eine wichtige Rolle: Einer für die akute Aufnahme eines Stoffes (ARfD-Wert), einer für die lebenslange, chronische Exposition gegenüber dem Stoff (ADI-Wert).
Wenn die Höchstwerte eingehalten würden, seien nach aktuellem Kenntnisstand Gesundheitsgefahren durch Produkte wie Imazalil unwahrscheinlich, so das BfR. "Diese Höchstmengen müssen beim Verkauf von Zitrusfrüchten in der EU eingehalten werden, sonst sind sie hier nicht verkehrsfähig", sagt Caroline Brunnbauer von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Chronische und akute Gefahr
Der "Acceptable Daily Intake-Wert" gibt die Menge eines Stoffes an, die täglich ein Leben lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann. Dieser Wert wird also zur Bewertung des chronischen Risikos verwendet.
Die "Akute Referenzdosis" ist die Menge, die Menschen im Verlauf eines Tages bei einer oder mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen können.
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Früchte oft mit etlichen Mitteln behandelt
Die Einhaltung der Höchstmengen wird stichprobenartig überprüft. Unabhängige Untersuchungen zeigten: Überschreitungen sind eher selten. Also alles halb so wild? VZ-Expertin Brunnbauer sieht es differenzierter.
Tatsächlich zeigen Untersuchungen etwa des Landesamtes für Verbraucherschutz Niedersachsen immer wieder, dass sich auf Früchten häufig Rückstände mehrerer Substanzen finden. "Dazu, welche Wechselwirkungen es da gibt, oder wie Stoffe sich auch verstärken könnten, ist die Studienlage noch eher dünn", sagt Brunnbauer.
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Tipps zur sicheren Verwendung
Caroline Brunnbauer rät beim Umgang mit Zitrusfrüchten Folgendes zu beachten:
Behandelte Zitrusfrüchte vor dem Verarbeiten gut abwaschen und trocken reiben. Danach auch die Hände mit Seife abwaschen. Erst dann die Frucht pressen oder schneiden.
Ganz sicher fahren Sie mit unbehandelten Früchten: Die finden Sie auch im Biosortiment, dort darf keine Behandlung mit synthetischen Pestiziden oder Fungiziden stattfinden.
Sind konventionelle Früchte behandelt, muss das am Verkaufspunkt ausgewiesen sein, auf der Packung oder dem Schild in der Auslage. Vorsicht bei Formulierungen wie "Schale nach der Ernte unbehandelt". Es kann sein, dass eine Frucht vor der Ernte mit Pestiziden und Fungiziden behandelt wurde und häufig finden sich dann dennoch Rückstände der Stoffe auf den Früchten.
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Beschäftigte durch unbehandelte Früchte schützen
Deutlich problematischer als für Verbraucher*innen in Deutschland sind behandelte Zitrusfrüchte für Beschäftigte auf Farmen in außereuropäischen Anbauländern. Denn alle Annahmen der EU zu Stoffen wie Imazalil beziehen sich auf eine sachgemäße Verwendung. Dazu zählt eine gewisse Schutzausrüstung.
"Aus einigen südamerikanischen Ländern wie Brasilien gibt es aber immer wieder Berichte über Probleme mit Schutzkleidung, Atemmasken und Kontrollen", sagt Brunnbauer. "Denjenigen, die die Früchte für uns anbauen, tun wir also in jedem Fall einen Gefallen, wenn wir auf unbehandelte Früchte oder gleich Bio-Früchte setzen", so Brunnbauer. Allerdings: Bio-Früchte besser schnell verzehren - unbehandelt können sie tatsächlich schneller schimmeln.
Karen Grass ist Redakteurin des ZDF-Magazins "WISO".