Fair gehandelte Produkte:Wie vertrauenswürdig sind Fair-Trade-Siegel?
von Nele Antoni
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Ob Kaffee, Tee oder Kekse - Hersteller werben mit Produkten aus "fairem Handel". Doch wodurch wird Fairness sichergestellt, wenn "fair" gar nicht rechtlich geschützt ist?
Fair gehandelte Waren sind an Kennzeichnungen, Aufschriften und Siegeln zu erkennen. Aber wie aussagekräftig sind diese?
Quelle: imago/Newscast
Fairer Handel soll die Grundlage für gerechte Handelsstrukturen bilden und Arbeits- und Sozialstandards unterstützen. Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, überwiegend aus Afrika und dem Mittleren Osten, sollen dadurch die Möglichkeit zu einem angemessenen Einkommen haben, um ihren Lebensunterhalt zu decken und Zugang zu den Märkten der Industriestaaten zu erhalten.
Ohne rechtlich geschützte Begriffe ist es jedoch schwer abzugrenzen, welche Produkte wirklich fair gehandelt werden. Da "fair" nicht rechtlich geschützt ist, gibt es keine allgemeinen Vorgaben. Sie sind je nach Siegel und Organisation unterschiedlich.
Zu den vertrauenswürdigsten Nachhaltigkeitssiegeln für Lebensmittel zählen laut Stiftung Warentest "Fairtrade", "Naturland" und "Hand-in-Hand". Sie sollen es ermöglichen, fair gehandelte Lebensmittel zu erkennen.
Verlässliche Siegel
Bei diesem Siegel ist die Bio-Zertifizierung Pflicht. Außerdem besitzt es eine starke ökologische und soziale Ausrichtung, die zum Beispiel für das Verbot von Kinderarbeit oder Einhaltung der Menschenrechte steht.
Dieses Siegel besitzt Mindestpreise und vergibt Prämien für Gemeinschaftsprojekte. Die Organisation setzt sich für Umweltschutz, demokratische Organisationsstrukturen und sichere Arbeitsbedingungen ein. Zusätzlich verfügen sie über gute Kontrollmechanismen durch den globalen Fairtrade-Zertifizierer Flocert.
Hier wird Bio und fair vereint. Es wird großen Wert auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit gelegt. Mindestpreise und Prämien sind gewährleistet und lassen sich gut zurückverfolgen.
Wann es sich um faire Lebensmittel handelt
Die Dachorganisation Fairtrade International zum Beispiel, legt garantierte Mindestpreise für Rohstoffe fest. Gehen die Rohstoffpreise in die Höhe, sollen die Kleinbauern den höheren Weltmarktpreis erhalten. Caroline Brunnbauer von der Verbraucherzentrale merkt allerdings an: "Auch Mindestpreise sichern nicht immer die Existenz."
Da staatliche Kontrollen fehlen, erfolgt die Überwachung des fairen Handels durch individuelle Kontrollsysteme der jeweiligen Organisationen, die hinter den Labels stecken. Die unterschiedlichen Kriterien sind nicht immer nachvollziehbar und erschweren den Vergleich der verschiedenen Siegel.
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Nicht immer ist nur Fairness enthalten
Es ist nicht immer garantiert, dass alle Bestandteile eines Produkte gänzlich aus fairem Handel stammen. Es gibt viele Möglichkeiten, fair gehandelte Produkte mit konventionell hergestellten Rohstoffen zu verarbeiten.
Gemischt wird vor allem bei Kakao, Orangensaft, Zucker und Tee. Verbraucherschützerin Caroline Brunnbauer kritisiert die mangelnde Transparenz. Es könne sein, dass eine Fair-Trade-Schokolade nur konventionellen Kakao enthalte, während eine Schokolade ohne Siegel den fairen Kakao enthalte.
Zwar muss die Vermischung mit konventionellen Rohstoffen auf der Verpackung angegeben werden, allerdings geschehe das laut Verbraucherzentrale oft nur versteckt oder in kleiner Schrift. "Wir von der Verbraucherzentrale sehen den Mengenausgleich als kritisch an und sind der Meinung: Wenn fair draufsteht, muss auch fair drin sein", ergänzt Brunnbauer.
Die Begriffe "Bio" und "Öko" sind im Gegensatz zu "fair" gesetzlich geschützt. Ein Produkt aus fairem Handel erfüllt nicht zwangsläufig den Bio-Standard. Doch zwei Drittel der Fair-Trade-Produkte sind mittlerweile biologisch hergestellt und 75 Prozent der Produkte mit GEPA-Siegel entsprechen den Bio-Vorschriften.
Ob fair gehandelter Kaffee, Kakao, Blumen oder Kleidung - weniger Menschen haben im vergangenen Jahr Fairtrade-Produkte gekauft. Die Umsätze der Branche sind dennoch gestiegen.