Routerfreiheit beim Internetanschluss: Ende bei Glasfaser?
FAQ
TKG garantiert Routerfreiheit:Gefährdet Glasfaser die Endgerätefreiheit?
von Florence-Anne Kälble
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Seit 2016 gibt es die sogenannte Endgeräte- oder auch Routerfreiheit beim Zugang zum Internet. Die Glasfaser-Betreiber wollen diese kippen. Was sagt der Verbraucherschutz dazu?
Der Glasfaser-Ausbau soll das Internet in Deutschland schneller und energieeffizienter machen. Generell kann sich aber jeder seine Art des Internetanschlusses selbst aussuchen. (Symbolbild)
Quelle: dpa
Endgerätewahlfreiheit. Hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt sich ein einfaches Prinzip: Verbraucher können frei wählen, welche Endgeräte sie für den Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen nutzen möchten. Was das genau bedeutet und warum Glasfaser-Betreiber diese Wahlfreiheit kippen wollen: die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Seit wann gibt es die Endgerätefreiheit?
Die "Endgerätefreiheit" ist ein Grundsatz im deutschen Telekommunikationsgesetz (TKG). 2013 wurde die Endgerätefreiheit in den Koalitionsvertrag der damaligen Bundesregierung aufgenommen und am 1. August 2016 umgesetzt. "Seit 2016 können Verbraucher selbst entscheiden, wie sie ins Internet gehen wollen - über ein Modem, ein Kombigerät, also Router mit integriertem Modem, kabelgebunden oder doch über das Mobilfunknetz per LTE- oder 5G-Router", erklärt Michael Gundall, Fachberater Technik der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
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Weshalb ist die Routerfreiheit wichtig?
Sie stellt einen wichtigen Schutz für Verbraucher dar. Die Wahlfreiheit stellt sicher, dass Verbraucher nicht an die Endgeräte gebunden sind, die von den Telekommunikationsunternehmen vorgeschrieben werden.
Die gewählten Endgeräte müssen den technischen Anforderungen, die für den Anschluss an das jeweilige Netzwerk gelten, entsprechen. Laut einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mai dieses Jahres ist die Endgerätefreiheit unerlässlich und darf in Mobilfunk- wie Festnetzverträgen nicht ausgeschlossen werden (4.5.23, Az. III ZR 88/22).
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Wieso wollen die Glasfaserbetreiber die Endgerätefreiheit kippen?
Mit Einführung des flächendeckenden Glasfasernetzes versuchen die Betreiber, die Endgerätefreiheit einzuschränken. Die Kontroverse um Einschränkung der Wahlfreiheit entspann sich bereits 2013 vor Einführung der gesetzlich festgelegten Endgerätefreiheit. "Es wurden Störungen durch freie Kabelrouter prophezeit und auch Wartungsproblematiken heraufbeschworen, die so nie in Erscheinung getreten sind", weiß Verbraucherschützer Gundall.
Die Kabelnetzbetreiber argumentierten schon damals, dass die Endgerätefreiheit gewahrt bliebe, weil "nur" ein Netzabschlussgerät, das Kabelmodem, beim Kunden zwangsweise installiert wird und dahinter beliebige Endgeräte vom Kunden angebunden werden könnten.
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Wie kann die gesetzliche Regelung ausgesetzt werden?
Bei der Bundesnetzagentur wurde seitens der Glasfaserbetreiber ein Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zur Aussetzung dieser Freiheit gestellt. Die Anbieter berufen sich dabei auf eine Regelung, die 2021 auf ihr Betreiben ins Telekommunikationsgesetz aufgenommen wurde.
Dass die Glasfaser-Betreiber nicht nur die Hoheit über die Leitung haben, sondern auch über das Endgerät, möchte Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz nicht akzeptieren: "Die Anbieter wollen ein Fass aufmachen, das seit sieben Jahren bereits zu ist und das werden wir nicht zulassen."
Welche Folgen hätte das Aus der Routerfreiheit für Verbraucher?
Sollte dem Antrag stattgegeben werden, dürften die Verbraucher zumindest ihr Glasfasermodem (Optical Network Termination - kurz ONT) nicht mehr frei wählen und selbst kaufen. Sie wären auf die angebotenen Geräte der Betreiber angewiesen und müssten diese vom jeweiligen Glasfasernetz-Betreiber mieten.
Dadurch befürchten die Verbraucherzentralen sowohl eine Wettbewerbsverzerrung als auch Markthindernisse. "Wenn der Antrag durchgeht, gibt es nicht nur keine Wahlfreiheit mehr. Verbraucher dürften nur noch solche Geräte benutzen, die sie vom Anbieter mieten können", betont Verbraucherschützer Gundall. Baugleiche Geräte, die im Handel erworben werden können, dürften hingegen nicht direkt an die Glasfaserleitung angeschlossen werden.
Welche verschiedenen Netz-Architekturen gibt es?
VDSL und Kabel verfügen über unterschiedliche Netz-Architekturen.
Beim VDSL hat der Verbraucher die Leitung bis zum Schaltkasten am Straßenrand für sich und muss sie nicht mit anderen teilen.
Im Kabelnetz benutzen mehrere Nutzer dieselbe Leitung. "Wie viele, wissen aber nur die Betreiber. Wir schätzen, dass es etwas 200 bis 500 Anschlüsse sind", so Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Bei Kabel heißt das konkret, ein fehlerhaftes Gerät könnte theoretisch die anderen stören, und es kommt, bildlich gesprochen, zu Gerangel um die Leitung.
Im Glasfasernetz ist es laut dem Verbraucherschützer ähnlich: An einer Glasfaserleitung hängen 32 oder 64 Nutzer, aber insofern wesentlich weniger als im Kabelnetz.
Hängen mehrere Kunden am gleichen Kabel, egal ob Breitband oder Glasfaser, muss eine Technik beim Endkunden vorhanden sein, die das "Gerangel" unterbindet, indem sie festlegt, wer wann senden darf. Diese Funktion erfüllt im Glasfasernetz der ONT (Optical Network Termination - also das "Glasfasermodem"). Beim Breitbandkabel ist diese Funktion schon länger direkt im Router integriert. Auch im Glasfasernetz gibt es solche Kombigeräte.
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