CO2-Ausstoß und Klimaschutz: Was bedeutet klimaneutral?
Fragwürdige Werbeversprechen:Warum "klimaneutral" oft in die Irre führt
von Mark Hugo
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Wo "klimaneutral" draufsteht, ist nicht immer "klimaneutral" drin. Oft halten die Produkte nicht, was versprochen wird. Klimafreundlich einkaufen geht zwar, aber besser anders.
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Gutes tun für das Klima - das wollen viele und holen sich zielsicher Produkte aus dem Regal, auf denen "klimaneutral" oder sogar "klimapositiv" steht. Wenn so schließlich keine Treibhausgase entstehen oder sie sogar noch reduziert werden ("klimapositiv"), ist auch das Gewissen gut.
Ganz so einfach ist es aber leider nicht. Und das hat mit dem System zu tun, das hinter den vollmundigen Werbeversprechen steckt: "'Klimaneutral' bedeutet im Kern, dass für das infrage stehende Produkt eine CO2-Bilanz erstellt und zum Ausgleich Zertifikate aus weltweiten Klimaschutzprojekten gekauft wurden", erklärt Jonas Grauel von der Verbraucherzentrale NRW.
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CO2-Ausstoß wird kompensiert
Heißt: Der Hersteller kauft die Zertifikate bei speziellen Anbietern. Auf ihnen ist vermerkt, wie viel CO2 durch die finanzielle Unterstützung eines Klimaschutzprojektes nicht ausgestoßen oder aus der Atmosphäre entnommen wird. Die Summe wird mit dem tatsächlich durch Herstellung oder Transport entstehenden Ausstoß verrechnet. Dieser kann - im Fall von "klimaneutral" also ausgeglichen, bei "klimapositiv" sogar überkompensiert werden.
Das Gute: So werden im Idealfall tatsächlich Klimaschutzprojekte unterstützt, oft auch sehr sinnvolle. Allerdings:
Nur scheinbar klimaneutral: Gaskraftwerk als Klimaprojekt
Geld floss so schon an Betriebe in Südamerika, die Forst-Monokulturen anpflanzten, die Bäume aber später fällten und verkauften. Besonders dreist: In einem Fall wurde ein Gaskraftwerk mitfinanziert und die Differenz zu einem noch klimaschädlicheren Kohlekraftwerk zertifiziert. Vor allem dann, wenn die Hersteller unterstützte Projekte nicht transparent machen, ist zumindest Skepsis angebracht.
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Klimaforschende dürften ohnehin mit gemischten Gefühlen sehen, wie der Begriff "klimaneutral" in der Werbung verwendet, oft eben auch missbraucht wird. In der Treibhausgas-Bilanz von Ländern kann Klimaneutralität in Zukunft zwar auch nur erreicht werden, wenn CO2 aus der Atmosphäre entnommen wird. Das muss dann aber zusätzlich zu einer drastischen Reduktion des Ausstoßes passieren. Nichts zu ändern und nur auf Kompensationsmaßnahmen zu setzen, würde den Klimawandel nicht wirklich bremsen.
Scheinbar klimaneutral: System schafft "falsche Anreize"
Das gilt im Großen wie im Kleinen. Mit der Möglichkeit, nur über Zertifikate zu kompensieren, würden für die Hersteller falsche Anreize gesetzt, kritisiert Grauel. "Aus unserer Sicht ist es die Aufgabe der Unternehmen, für mehr Nachhaltigkeit in den eigenen Prozessen und entlang ihrer Lieferkette zu sorgen." Genau das würden Kundinnen und Kunden zunehmend auch erwarten.
Die Chance, dass Geld auch da ankommt, wo es beim Klimaschutz helfen kann, sei außerdem bei Firmen höher, die direkt Geld dafür spenden und nicht auch noch Mittlerorganisation bezahlen. Solche Firmen allerdings zu finden und richtig einzuschätzen, ist schwierig.
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Umwelt-Labels helfen nur begrenzt
Auf Labels zu achten funktioniere leider nämlich nur begrenzt, sagt Grauel. Staatliche Bio- und Öko-Label seien zwar "ein Anfang", sie sagen aber über Klimafreundlichkeit nicht unbedingt viel aus. Und von Herstellern selbst erfundene Label und Werbeversprechen sind oft fragwürdig. Immerhin haben sich die EU-Umweltministerinnen und -minister nun darauf geeinigt, dass diese künftig wissenschaftlich belegt sein müssen. Dennoch:
Heißt zum Beispiel, auf die Menge der Verpackung zu achten, bei Lebensmitteln möglichst saisonal und regional einzukaufen und weniger Fleisch- und Milchprodukte sowieso. Grauels Tipp außerdem: Bei Kleidung oder Elektrogeräten dürfe es gerne auch mal etwas Gebrauchtes sein. Das sei nachhaltig und Geld spare man damit außerdem.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.
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