Cheffing: Wie Führung von unten funktionieren kann

    Führen von unten:Cheffing: Wenn Mitarbeiter die Führung haben

    von Thilo Hopert
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    Cheffing bezeichnet das Führen von unten, also aus dem Team. Es kann dabei positiver Teil der Unternehmenskultur sein, aber auch Unzufriedenheiten von Mitarbeitern aufzeigen.

    Ein Team steht in einem Kreis und schlägt die Hände in der Mitte zusammen.
    Gemeinsam Entscheidungen treffen: Cheffing kann das Vertrauen am Arbeitsplatz fördern.
    Quelle: Colourbox.de

    Cheffing ist ein recht neuer Begriff in der Arbeitswelt - "managing the boss", so die Bezeichnung im englischsprachigen Raum. "Es gibt keine klare Definition", sagt Susanne Blüml von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung.
    Cheffing kann daher zwei Bedeutungen haben: Entweder Mitarbeitende übernehmen subtil von selbst Verantwortung und treffen eigene Entscheidungen. Oder die Verantwortung wird bewusst auf Mitarbeitende übertragen und ist Teil der Unternehmenskultur.

    • Feedback geben und Vorgesetzte für gute Entscheidungen loben.
    • Offen mit der Führungskraft sprechen und Herausforderungen oder Probleme benennen.
    • Dabei lösungsorientiert denken und direkt Vorschläge machen, statt nur die Probleme zu nennen.
    • Das Gespräch außerhalb von Arbeitsthemen suchen, um ein gutes persönliches Verhältnis aufzubauen.
    • Korrekt und zuverlässig sein, um sich ein gutes Standing zu erarbeiten.
    • Proaktiv mit eigenen Ideen auf Vorgesetzte zugehen und erklären, inwiefern das Unternehmen davon profitiert.

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    Gründe für Cheffing

    Wenn Mitarbeitende aus eigenem Antrieb heraus die Führung übernehmen wollen, kann das verschiedene Gründe haben. Etwa, wenn eine Führungskraft ihre Rolle nicht effektiv ausfüllt. "Mitarbeiter gehen dann in Überverantwortung, weil sie es nicht aushalten oder einfach Entscheidungen brauchen", sagt Blüml.
    Es könne aber auch sein, dass Mitarbeitende eine eigene Agenda verfolgen und selbst gerne in der Führungsposition wären, so die Expertin.

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    Wenn Mitarbeitende Einfluss auf Führungskräfte nehmen, müsse das aber nicht grundsätzlich negativ sein, sagt Susanne Blüml. "Das kann konstruktiv sein und ist eine Frage der Intensität." Oft gebe es sehr gute Ideen in den Teams, aber gleichzeitig fehlende Entscheidungsmacht, um diese auszuprobieren und umzusetzen. Wenn mit einem positiven Mindset Führungskräfte beeinflusst werden, können laut der Expertin sehr gute Lösungen entstehen, die sonst gar nicht zum Tragen gekommen wären.

    Wenn es manipulative Strategien gibt, läuft etwas falsch.

    Susanne Blüml, Deutsche Gesellschaft für Personalführung

    Dies könne laut Blüml bei den Mitarbeitenden begründet sein, weil sie es in der Vergangenheit so gelernt haben und keine andere Möglichkeit sehen. Es könne aber auch an der (Führungs-)Kultur des Unternehmens selbst liegen. "Wenn diese zulässt, dass Mitarbeitende, egal welcher Hierarchiestufe, mit Beeinflussungstaktiken zum Ziel kommen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich dieses Muster fortsetzt."
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    Je größer das Hierarchie-Gefälle in einem Unternehmen, umso eher kann das subtile Führen von unten auftreten. Bei flachen Hierarchien ist der Weg zu Absprachen mit dem oder der Vorgesetzten wesentlich kürzer und erwünschter.

    Die Begriffe klingen nur ähnlich, sind inhaltlich aber weit entfernt. Während Cheffing also die Führung von unten bedeutet, steckt hinter Bossing das Mobbing durch Führungskräfte. Wenn etwa über einen längeren Zeitraum andauernde Schikane und Benachteiligung von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitenden ausgehen. Bossing ist ein gezieltes Diffamieren von Mitarbeitenden, die meist als Bedrohung angesehen werden.

    Zutrauen fördert Verantwortung

    Wenn Cheffing eher als Ansatz von kooperativer Führung verstanden wird, Führungskräfte und Mitarbeitende also bewusst gemeinsam an Entscheidungsprozessen arbeiten sollen, brauchen Unternehmen eine gute und offene Kommunikation, um Verantwortung auf Mitarbeitende zu verteilen. "Ich muss die Dinge transparent machen und sagen, was ich von den Mitarbeitenden will. Es braucht eine sehr offene Informationskultur", sagt Susanne Blüml.
    Damit einhergehen müsse eine Unternehmenskultur mit einem positiven Menschenbild, eine Kultur des Zutrauens, so Blüml. Um mitzugestalten, müssen Mitarbeitende aber teilweise erst Selbstführung lernen. Das muss man als Unternehmen sicherstellen, um gemeinsam an Problemen und Zielen zu arbeiten.
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    Gutes Cheffing stärkt Unternehmen und Mitarbeitende

    Dabei würden Unternehmen von mehreren Vorteilen profitieren, so Blüml. Erstens: Unternehmen bekommen reifere Mitarbeitende, die bessere unternehmerische Entscheidungen treffen können. Zweitens erhöhe sich durch Mitbestimmung die Bindung zum Unternehmen und Mitarbeitende sehen mehr Sinn in der Arbeit. Drittens würden Führungskräfte entlastet. Und zu guter Letzt: Engagierte Mitarbeitende, die Führungsverantwortung übernehmen wollen, könnten diese auch übernehmen.
    Auf der anderen Seite bräuchte es aber auch eine Motivation, dass Mitarbeitende überhaupt mitgestalten wollen und dass diese bereit sind, mit Unwägbarkeiten umzugehen. "Es ist herausfordernd, wenn man im Kollegenkreis führt und unangenehme Entscheidungen trifft, die bei den Kolleginnen und Kollegen nicht so gut ankommen, aber die innere Reife steigt und damit wohl auch die des Unternehmens", sagt Blüml.

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    Quelle: dpa-Custom Content

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