Barfußschuhe: Sind sie gesund? Was Experten dazu sagen
Vor- und Nachteile:Wie gesund sind Barfußschuhe?
von Agnes Heitmann
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Barfuß zu gehen tut den meisten Menschen gut. Aber was, wenn es kalt ist, der Boden dreckig oder Verletzungen der Füße drohen? Sind Barfußschuhe eine gesunde Alternative?
Barfuß zu gehen stärkt die Fußmuskulatur und die Füße werden dadurch sensibler. Beim Umstieg auf Barfußschuhe sollten vor allem diejenigen, die selten barfuß unterwegs sind, vorsichtig sein.
Quelle: imago/Pond 5 Images
Viele Füße stecken täglich in engen und unflexiblen Schuhen. Das meiste Schuhwerk soll den Fuß stabilisieren und den Gang abfedern. Barfußschuhe dagegen zeichnen sich besonders durch die flexible, dünne Sohle und viel Freiraum für den Fuß aus. Eine Bewegungswissenschaftlerin und ein Orthopäde schätzen Vor- und Nachteile der Barfußschuhe ein.
Barfußschuhe trainieren Muskulatur
Keiner ist mit Schuhen an den Füßen geboren. Daher ist das Barfußgehen die natürlichste Art der Fortbewegung. "Unser Fuß hat ein Längs- und ein Quergewölbe, die eigentlich als natürliche Stoßdämpfer arbeiten und uns bei jedem Schritt abfedern", sagt Orthopäde Dr. Matthias Manke, der in seiner Praxis eine individuelle Fußsprechstunde anbietet und ein Freund von Barfußschuhen ist.
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Diesen Vorteil sieht auch Mathilda Meyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bewegungswissenschaft an der Universität Hamburg. Gerade arbeitet sie an einer Studie, die die Auswirkungen des Barfußgehens auf kognitive Fähigkeiten und die Gehirnaktivität bei älteren Menschen ermitteln soll. "Durch Barfußschuhe wird die Sensibilität geschult. Außerdem hat man ein freies Fußgefühl, während gleichzeitig die Fußsohle geschützt wird", sagt die Wissenschaftlerin.
"Für Personen mit bestimmten Einschränkungen kann das aber auch ein Nachteil sein, wenn zum Beispiel auf eine möglichst große Stabilisation des Fußes geachtet werden sollte. Darum kann man nicht pauschal sagen, dass Barfußschuhe für jeden geeignet sind", ergänzt Meyer.
Vorsicht beim Umstieg
Waren Barfußschuhe vor einigen Jahren noch ein Nischenprodukt, gibt es sie jetzt für jede Lebenslage, Altersklasse und in ansprechenden Designs. Doch wer viele Jahre wenig barfuß und viel in normalen Schuhen gegangen ist, der sollte beim Umstieg vorsichtig sein. "Wenn wir in einem normalen Schuh unterwegs sind, dann laufen wir meist im Fersengang und die Ferse ist dafür im Schuh extra abgepolstert. Macht man das mit dem Barfußschuh, dann entwickeln sich Schmerzen, weil das Polster dort fehlt", sagt Dr. Matthias Manke.
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Tipps für den Barfußschuh-Kauf
Inzwischen gibt es unzählige Anbieter von Barfußschuhen. Dabei variieren sowohl die Qualität als auch die Preise sehr stark. Die Begriffe Barfußschuh oder Minimalschuh sind nicht geschützt. Daher können Sohle, Material und Passformen ganz unterschiedlich sein. Eine Anprobe und Beratung in einem Fachgeschäft sind in jedem Fall sinnvoll. Für Dr. Manke sind die Flexibilität der Sohle und der großzügige Platz für die Zehen entscheidend. Ein guter Barfußschuh muss auf jeden Fall gut sitzen. Zudem solle der Barfußschuh aus atmungsaktiven Materialien bestehen und eine dünne Sohle haben, die trotzdem verhindert, dass sich etwas durchdrückt.
Gerade Kinder sollten oft und viel barfuß laufen. So kann ihr Körper im Wachstum besonders Sinne und Muskulatur schulen. Orthopäde Matthias Manke empfiehlt für Kinder, die gerade mit dem Laufen beginnen, das Barfußgehen oder das Gehen in Socken. "Keine Lauflernschuhe holen. Nichts mit einer dicken Sohle", so Manke. Kinderfüße in einen dunklen, klobigen Schuh einzusperren sei Gift - gerade in der Entwicklung. Genetisch sei der Bauplan des Kindes quasi schon vorgegeben, aber die Muskulatur könne alles beeinflussen. Das gelinge am besten durch das Barfußgehen. Wenn Kinder stabil laufen können und auch draußen bei Kälte oder auf verletzungsträchtigem Untergrund unterwegs sind, dann könne auch ein Barfußschuh die richtige Wahl sein, so der Experte.
Der Orthopäde empfiehlt für den Umstieg einen Barfußlehrgang, der inzwischen vielerorts angeboten wird. Experten vermitteln dort, wie man dynamisch und harmonisch ohne Schuhe oder mit Barfußschuhen gehen kann. "Man muss dabei mit dem mittleren Fußbereich auftreten. Dort liegt die natürliche Dämpfung des Fußes. Und dann sollte man sich mit den Zehen abstoßen," erklärt Manke.
Die Expertin der Bewegungswissenschaft Mathilda Meyer rät außerdem, nicht komplett auf Barfußschuhe umzusteigen. "Insgesamt sollte meiner Ansicht nach auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gut besohltem Schuhwerk und Formen des Barfußgehens geachtet werden. Es ist wie mit der gesunden Ernährung, wir essen ja auch nicht ausschließlich Obst und Gemüse und jeder Körper ist anders", sagt Mathilda Meyer.
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Auch in normalem Schuhwerk lohnt es sich, die Muskulatur zu trainieren. "Wer keine Barfußschuhe tragen möchte, kann beim Laufen in normalen Schuhen zum Abschluss des Schrittes immer einer Greifbewegung mit den Zehen machen. Dann hat man immerhin schon mal die erste Form vom aktiven Muskeltraining," rät Dr. Manke.
Öfter ohne Schuhe
Beim Gehen in Barfußschuhen oder ganz ohne Schuhe sehen die Experten zwei klare Vorteile: Zum einen wird die Fußmuskulatur gekräftigt, da sie nicht andauernd durch den Schuh gestützt, sondern aktiv angesprochen wird. Zum anderen wird ohne eine dicke Sohle die Sensibilität der Füße geschult. "Ein Barfußschuh führt dazu, dass wir viel mehr Informationen aufnehmen und dass unsere Fußmuskulatur als Fundament unseres Körpers stabil bleibt," sagt Orthopäde Manke.
In der Entstehung oder bei leichten Formen von Fußfehlstellungen könne man durch das Gehen im Barfußschuh dagegen angehen und die Muskulatur trainieren, meint der Experte. Soweit also keine schwerwiegenden Fußfehlstellungen oder andere Erkrankungen gegen das Gehen in Barfußschuhen sprechen, können diese - mit dem entsprechenden Gang - viel Gutes für den Körper tun.
Agnes Heitmann ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
Probleme mit den Füßen haben viele: von Dauerschmerzen bis Fehlstellungen. Was man dagegen tun kann, wie man vorbeugt und warum Barfußlaufen nicht immer sinnvoll ist.