1N Telecom: So wehren Sie sich gegen ungewollte Verträge

    Beschwerden gegen 1N Telecom:Was Sie gegen ungewollte Verträge tun können

    von Ralph Goldmann
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    Bei den Verbraucherzentralen häufen sich die Beschwerden über den Telekommunikationsanbieter 1N Telecom wegen ungewollter Vertragsabschlüsse. Wie Verbraucher sich wehren können.

    Verbraucherzentralen warnen vor "1N Telecom"
    Verbraucherzentralen warnen vor der Masche des Telekommunikationsanbieters 1N Telecom.17.09.2024 | 3:54 min
    Der Brief kam plötzlich und unerwartet: bei Manfred Prodehl aus Soest flatterte 2023 ein Vertragsangebot der Firma 1N Telecom, ein Telekommunikationsanbieter aus Düsseldorf, ins Haus. Das Unternehmen bot eine Telefon- und DSL-Internetflatrate mit 16 Mbit pro Sekunde für 34,99 Euro mit 24 Monaten Laufzeit an. Der 85-Jährige ignorierte das Schreiben, erhielt aber kurze Zeit später dennoch eine Vertragsbestätigung von 1N Telecom. "Er war ganz aufgeregt und hat gesagt: 'Ich habe nichts abgeschlossen'", sagte seine Schwiegertochter Susanne Kunzmann im Gespräch mit dem ZDF.

    Vertragsstrafen, mehrere Mahnungen und ein Inkassounternehmen

    Als 1N Telecom die Rufnummer von der Deutschen Telekom, Prodehls bisherigem Anbieter, übernehmen wollte und das nicht klappte, kam der nächste Schock: eine Vertragsstrafe in Höhe von 419 Euro. Manfred Prodehl reagierte trotz mehrfacher Mahnung nicht, bekam dann aber Post von einem Inkassounternehmen.
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    Sie erhalten Werbung und Briefe, die Sie nicht bekommen wollen? Es besteht die Möglichkeit, einer Werbenutzung zu widersprechen und persönliche Daten sperren zu lassen, wie die Verbraucherzentralen erklären. Dafür gibt es Musterbriefe.

    Außerdem besteht die Möglichkeit, Auskunft zu verlangen, woher die Daten stammen. Der Deutsche Dialogmarketing Verband führt darüber hinaus eine sogenannte "Robinson-Liste". "Unternehmen, die dem DDV angeschlossen sind, erhalten dann die Nachricht, dass Sie keine Werbung per Post wünschen", erklärt die Verbraucherzentrale.

    Der DDV ist via Postweg zu erreichen (DDV, "Robinson-Liste", Postfach 1454, 33244 Gütersloh, Telefon: 05244 / 903723). Außerdem können Sie sich auf der Internetseite in die DDV-Robinson-Liste eintragen lassen.

    Auch die 99-jährige Helga Scheunemann hat schlechte Erfahrungen mit 1N Telecom gemacht. Sie hat einen Zwei-Jahres-Vertrag mit 1N Telecom abgeschlossen, weil sie dachte, das Angebot kommt von ihrem bisherigen Anbieter, der Deutschen Telekom. Zwei Jahre später kündigte sie fristgerecht den Vertrag. Doch 1N Telecom zog weiterhin jeden Monat 34,99 Euro per Lastschrift ein, die Helga Scheunemann immer wieder zurückbuchen musste. Auch sie bekam dann Post von einem Inkassounternehmen.

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    Verbraucherzentralen prüfen Sammelklage gegen 1N Telecom

    Seit einigen Jahren macht der Telekommunikationsanbieter 1N Telecom Verbraucherschützern viel Arbeit. Denn so wie Manfred Prodehl und Helga Scheunemann geht es derzeit offenbar vielen. Bei dem Verbraucherzentale Bundesverband (vzbv) sind mehr als 11.000 Beschwerden über 1N Telecom eingegangen. "Das ist eine perfide Masche. Vor allem ältere Menschen beschweren sich bei uns über den Anbieter. Nach unserer Auffassung sind die Schadensersatzforderungen, die 1N Telecom stellt, unberechtigt", sagt Sebastian Reiling vom Verbraucherzentale Bundesverband (vzbv). Der Verband prüfe deshalb eine Sammelklage gegen 1N Telecom.
    Das Unternehmen weist die Vorwürfe auf ZDF-Anfrage zurück. Das Oberlandesgericht Düsseldorf und über 50 Amtsgerichte hätten bestätigt, "dass die Werbemaßnahmen von 1N in jeder Hinsicht unbedenklich sind", schreibt 1N Telecom. Die Datensätze stammten aus öffentlich einsehbaren Telefonbüchern, eine Selektion nach Alter sei nicht erfolgt. Und weiter: "Den Vorwurf einer 'perfiden Masche' weisen wir daher entschieden zurück." Die angekündigte Klage sei unbegründet.
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    Was Sie tun müssen, wenn Post von 1N Telecom kommt

    Sobald Sie Post oder gar eine Vertragsbestätigung von 1N Telecom erhalten, sei es wichtig bei 1N Telecom zu fragen, was die Grundlage für dieses Anschreiben ist. "Auch soll man um Nachweise bitten, dass es einen Vertragsschluss gab und auch den Vertrag widerrufen beziehungsweise anfechten", erläutert Verbraucherschützer Reiling. 1N Telecom müsse dann nachweisen, dass es einen Vertragsschluss gab. "Das wird ihnen schwerfallen", so der Verbraucherschützer.
    Darüber hinaus bieten die Verbraucherzentralen auf ihrer Internetseite Vorlagen für Antwortschreiben. Auch können sich dort Betroffene für eine mögliche Sammelklage eintragen.

    Es gibt immer wieder Fälle von ungewollten Vertragsabschlüssen. Die Verbraucherzentrale gibt für solche Fälle einige Tipps. Am wichtigsten:
    • Sofern möglich, sollten Sie innerhalb von 14 Tagen den Vertrag widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag nach Eingang des abgeschlossenen Vertrags beim Anbieter.
    • Der Widerruf sollte gut dokumentiert sein und sowohl auf dem Postweg per Einschreiben als auch als Scan per Mail verschickt werden.
    • Ist die Widerrufsfrist bereits verstrichen, geht es meist nur über die Möglichkeit der Anfechtung des Vertrags. Hierfür müssen Sie allerdings die Gründe für eine Anfechtung darlegen (zum Beispiel arglistige Täuschung). Weitere Informationen dazu bei den Verbraucherzentralen.

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    1N Telecom: ZDF-Recherche hilft Verbrauchern

    Manchmal scheint es auch hilfreich zu sein, die Fälle öffentlich zu machen. Auf ZDF-Anfrage erklärte 1N Telecom zur Rechnung an Manfred Prodehl zwar, dass der geltend gemachte Schadensersatz berechtigt sei, man habe sich aber "aus Kulanz und ohne die Anerkennung einer Rechtspflicht" dazu entschlossen, die Rechnung gutzuschreiben.
    Auch Helga Scheunemann wird nach Auskunft von 1N Telecom keine Mahnung mehr bekommen. Man bittet die 99-Jährige, "die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen".
    Ralph Goldmann ist Redakteur des ZDF-Landesstudios Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

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    Quelle: ZDF

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