Weltklimakonferenz COP29: Wohin steuert die Klimapolitik?
Weltklimakonferenz COP29 startet:Erneuerbaren-Boom oder Rückkehr der Fossilen?
von Andreas Stamm
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Einschläge rücken näher, Lösungen in die Ferne: Der Kampf gegen den Klimawandel und die Folgen ist, nicht zum ersten Mal, zum Krampf geworden. Doch der Welt läuft die Zeit davon.
Der Klimawandel wird eine zunehmende Gefahr für den Menschen. Das zeigen Ereignisse weltweit, zuletzt in Spanien. In Aserbaidschan wird nun über Gelder zur Bekämpfung beraten.10.11.2024 | 0:52 min
Ein neuer, alter US-Präsident und Klimawandelskeptiker, wenn nicht gar Leugner, eine fragwürdige COP-Präsidentschaft und das unbeliebte Oberthema, wer denn eigentlich die Zeche zahlt, was die Kosten für die Begrenzung der globalen Erwärmung angeht: Ein Mix, aus dem ein Scheitern angerührt werden könnte.
Und das zu einem Zeitpunkt, an dem der Klimawandel immer deutlicher spürbar wird. Rekordtemperaturen zu Wasser, zu Land, Hitzewellen, katastrophale Regenfälle, eine Liste von Extremwetterereignissen, die schier endlos scheinen. In einer Welt, die sich etwa um 1,3 Grad erwärmt hat, verglichen mit der vorindustriellen Zeit.
Die Folgen des Klimawandels sind schon heute für viele spürbar. Doch Studien belegen, dass Frauen und Mädchen mehr unter der Klimakrise leiden als Männer.10.11.2024 | 28:17 min
Schon heute können wir die Folgen des menschengemachten Klimawandels kaum meistern, erklärt der Klimaforscher Prof. Mojib Latif.
Klimaforscher: Keine Erwartungen an die COP29 in Baku
Als einer der renommiertesten und engagiertesten Klimaforscher legt Latif nach. "Es ist geradezu lächerlich, am 1,5-Grad-Ziel festzuhalten. Wir haben es de facto schon längst gerissen." Die Politik leide unter Realitätsverlust, und trotz 28 Klimakonferenzen würden die Treibhausgasemissionen jedes Jahr weiter steigen. "Ich erwarte mir auch von der 29. in Baku nichts."
Vom 11. bis 22. November 2024 treffen sich in Baku fast 200 Staaten, die einstimmig entscheiden müssen
Das Ziel dieser Konferenz: die Beschlüsse des Pariser Abkommens umsetzen und dafür sorgen, dass die globale Erwärmung nicht zwei Grad, noch besser nicht 1,5 Grad übersteigt
Die rotierende, von der Weltgemeinschaft zu bestimmende Präsidentschaft übernimmt in diesem Jahr Aserbaidschan - das Land ist damit auch Austragungsort
Ein hartes Urteil, doch der Pessimismus in der internationalen Klimadiplomatie vor dem zweiwöchigen Treffen in Aserbaidschan ist groß. Beim Gastgeber, der für einen Verhandlungserfolg durchaus eine wichtige Rolle spielt, fängt die Skepsis an. Zum dritten Mal eine COP in einem autoritären Staat, mit einer prekären Menschenrechtslage.
"Der Blick auf das erreichte gibt Hoffnung. Etwa der Siegeszug der erneuerbaren Energien weltweit" berichtete Andreas Stamm aus Baku.10.11.2024 | 1:25 min
Skepsis gegenüber Weltklimakonferenz-Ausrichter Aserbaidschan
Wo doch gerade die COPs, auch oft getrieben vom Druck aus der internationalen Zivilgesellschaft und NGO-Vertretern, sich zu weitreichenden Beschlüssen drängen ließen. Der Deutschland-Chef von Greenpeace, Martin Kaiser, erklärt:
Und wieder ein Land, das fast ausschließlich von seinen Öl- und Gasreserven lebt. Aserbaidschan nutze die COP eher, um das staatliche Geschäftsmodell zu sichern, heißt es in Hintergrundgesprächen oft. Also gegen das arbeitet, was die Staatengemeinschaft vor einem Jahr in Dubai, bei der COP28, beschlossen hatte - den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter, das Ende von Öl, Gas, Kohle.
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Kipppunkt durch Trumps Wiederwahl als US-Präsident?
Noch werden weltweit die Fossilen ausgebaut, entstehen neue Kohlekraftwerke, werden neue Ölfelder erschlossen, Pipelines gebaut. Doch zumindest der Anteil am immer größeren Welt-Energiehunger wurde kleiner - aufgrund des Siegeszuges der Erneuerbaren Energien. Wind, Solar und Co. sind in vielen Ländern zur günstigsten Energiequelle geworden.
Nun kommt Donald Trump wieder, sein Motto: "drill, baby, drill" - also nach Fossilen bohren, was das Zeug hält. Es könnte das Revival der Öl- und Gasindustrie einläuten, fürchten einige. Auch Trump könne den weltweiten Siegeszug der Erneuerbaren nicht aufhalten, erklären andere. Und hoffen, wie Niklas Höhne vom New Climate Institut, dass die Welt aus Schäden durch Wetterereignisse klug werde. "Sonst wird uns die Klimakatastrophe überrollen", so Höhne.
EU und Deutschland müssen "viel größere Verantwortung übernehmen"
Die USA dürften, wie schon bei Trumps erster Präsidentschaft, das Pariser Abkommen verlassen, diesmal wohl auch die ganze UN-Klimarahmenkonvention. Doch als die USA erstmals ausgestiegen seien, ging es weiter, weil alle anderen erkannt hätten, dass nichts gegen den Klimawandel zu tun, katastrophal sei, auch wirtschaftlich, erklärt Niklas Höhne.
Unser Wetter wird extremer. Die Ahrtalflut war die teuerste Naturkatastrophe der deutschen Geschichte. Welche Rolle spielt der Klimawandel und wie schützen wir uns vor Extremwetter?24.03.2024 | 28:41 min
"Andere Länder müssen natürlich in die Lücke rein", so Höhne, "also die EU und Deutschland müssen jetzt eine viel größere Verantwortung übernehmen, eben diese USA-Lücke zu schließen". Doch Berlin und Brüssel sind mit sich selbst beschäftigt, der einstige Klimavorreiter Deutschland laboriert an Regierungslosigkeit, der Bundeskanzler hat seine geplanten Reisen nach Baku abgesagt.
Nicht dabei wie auch Frankreichs Präsident Macron oder EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. China wird sich dazu kaum bewegen ohne die USA, und dann geht es in Baku in der Hauptsache ums Geld, dem nicht nur in internationalen Verhandlungen wohl schwierigsten Thema schlechthin.
Schwieriges Thema: Wer finanziert den Klimaschutz?
Das vielleicht wichtigste Verhandlungskapitel auf dieser COP ist die Suche nach einem neuen Klimafinanzierungsziel - bislang sollten die Industrieländer, historisch verantwortlich als größte Treibhausgasemittenten, jedes Jahr rund 100 Milliarden Dollar für die ärmeren Länder bereitstellen. Damit die sich an die Folgen des Klimawandels anpassen und ihre Wirtschaft selbst zur Klimaneutralität entwickeln können.
Hitzewellen, Dürren, Starkregen: Der Klimawandel verändert den Planeten. Die Sommer der Zukunft werden heißer. Was macht das mit unserer Gesundheit und wie können wir uns schützen?20.11.2023 | 28:39 min
Schon damit taten sich die reichen Länder schwer, doch der tatsächliche Bedarf liegt mittlerweile je nach Berechnung bei einer Billion Dollar, mindestens. Schon vor dem Trump-Sieg war es schwer zu sehen, wie ein Kompromiss hätte aussehen können. Es drohen mindestens vier Jahre Schock-Starre in der internationalen Klimapolitik.
Und das erste Opfer könnte die COP29 in Baku werden, auf der vielleicht schon das Verhindern von Rückschritten im Kampf gegen die globale Erwärmung ein Erfolg sein könnte. Doch, erklärt COP-Beobachter und Verhandler-Veteran Christoph Bals von der Klima-NGO Germanwatch:
Ständig Extremwetter, aber die Menschen verdrängen den Klimawandel trotzdem? Neurowissenschaftlerin Maren Urner erklärt, was das mit unserem Gehirn zu tun hat.